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Seele auf 12 Inch: Kenneth Minor bringen ihr lange erwartetes zweites Album raus – und sind endlich angekommen

KennethMinor_3spVon André Werner. Foto Oliver Tamagnini.

Wenn am 31. Juli im Schlachthof-Kesselhaus die Lichter ausgehen, wird man auf der Wiese davor Menschen sehen, die sich in den Armen liegen und deren Gesichter vor Freude strahlen. In der Hand werden dann viele von ihnen auch den Grund dafür tragen. Er ist 31,5 x 31,5 cm groß und trägt den Namen „Phantom Pain Reliever“: Indie-Folk ohne Kitsch. Singer/Songwriter ohne Getue. Das zweite Album der Wiesbadener Band Kenneth Minor wird standesgemäß in der Musikinstitution der Landeshauptstadt releast. Bis dieses Stück Vinyl endlich fertig war, mussten ein langer Weg zurückgelegt und einige Enttäuschungen hingenommen werden. Aber am Ende hat es sich ausgezahlt, denn die Band um Frontmann Bird Christiani ist nun „musikalisch endlich da angekommen, wo sie immer hinwollte“. 

Erster Auftritt als Zehnjähriger
Schon früh begann die musikalische Bildung von Bird durch den älteren Bruder. Während Altersgenossen TKKG rauf und runter hörten, bekam er Bands wie Black Sabbath und die Rolling Stones ans Herz gelegt. Das klang gut, das wollte er auch! Der erste Auftritt vor Publikum, im Alter von 10 Jahren, kam dann aber doch anders. „Wir spielten als Vorband einer Blaskapelle in meinem Heimatort Hallgarten“ erzählt der aus dem Rheingau stammende Wiesbadener schmunzelnd: „Die Instrumente waren aus Pappe, und die Musik war Playback. Ich hatte ein Mark Knopfler ‚Best of‘ aufgenommen und war total verwundert, als ich nach zwanzig Minuten von der Bühne gebeten wurde, weil ich natürlich das ganze Band spielen wollte“.

Aus Pappinstrumenten wurden bald echte Gitarren, nächtelang wurde an der Technik gefeilt, die Folk-Blues-Musik der 1930er Jahre wurde intensiv studiert und die ersten eigenen Songs geschrieben. Im Jahre 1996 dann der erste Release, „High Time“ mit der Band The Blackbirds, aufgenommen beim legendären Label Hazelwood. Das Album klingt so wie gute „Rock-Alben“ in den 90ern klangen, treibend und pulsierend. Was fehlte, war das, was den Songschreiber Christiani heute ausmacht: die echten Geschichten. Nach diversen Veröffentlichungen mit verschiedenen Bands, deutschlandweiten Auftritten unter anderem mit Mando Diao, dem Gewinn eines nationalen Bandwettwerbs, dessen 1. Preis aus Sorge um die Aufgabe der künstlerischen Selbstbestimmung konsequent abgelehnt wurde, begann die Geschichte von Kenneth Minor 2007 mit der guten Nachricht des Hazelwood Labelchefs Gordon Friedrich: „Wir haben den Papst für dich!“.

Ein Kind des „Papstes“
Der „Papst“, das war, ist und bleibt der US-Amerikaner Steve Gaeta:  „Der mit Abstand beste Bassist, den ich jemals getroffen habe, eine absolute Legende“, sagt Christiani. Die beiden begannen sofort mit der künstlerischen Arbeit, und Kenneth Minor war geboren. Ergänzt wurde das Duo kurze Zeit später noch um den Wiesbadener Gitarristen Thomas Berg, welcher eigentlich gerade nach Berlin umgezogen war, nun aber jede Woche pendelte, um bei diesem Projekt dabei zu sein.

2010 dann die erste Platte, „In that they can`t help it“. Feinfühlige Songs über besondere Momente im Leben, aber auch über Dinge, die einen aufregen und den Sinn hinter alldem auf diesem Planeten. Die nationale Presse feierte die Platte genauso wie das Publikum bei den nun folgenden 70 Konzerten in Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande und UK. Es ging voran, die Songs für die zweite Platte waren auch schon startbereit, doch dann folgte ein Hindernis dem nächsten. Steve Gaeta verließ die Band, allerdings ohne böses Blutvergießen. Hazelwood kämpfte ums Überleben und löste sich unter teilweise dramatischen Umständen auf. Mit dem neuen Drummer Robert Herz (Okta Logue) wurden 2012 die Songs dann doch noch eingespielt.

Element of Crime-Gitarrist lobt geniales Songwriting und Gitarrenspiel

Ein paar Auftritte folgten und es gab immer wieder Momente der Bestätigung. Etwa, als der Gitarrist von Element von Crime bei einem Konzert in Berlin anwesend war und Christianis „geniales Songwriting und Gitarrenspiel“ lobte. Aber irgendwie sollte die zweite Platte einfach nicht in Pressung gehen. „Als Künstler etwas nicht zum Abschluss bringen zu können, hindert einen einfach, etwas Neues zu entwickeln“, erklärt Christiani das Dilemma.  Mittlerweile war Robert Herz mit seiner Band Okta Logue schwer beschäftigt und auch im Privatleben des Wahlberliners Thomas Berg hatte sich Bahnbrechendes ereignet. Doch wenn man denkt, es kommt nichts mehr, kommt plötzlich doch wieder etwas. In diesem Falle Athena Isabella, zur Zeit der Einspielung Praktikantin bei Hazelwood. Da wo die Liebe keimt, da wächst auch die Kreativität wieder. Neue Ideen, Songtexte und Arrangements sprudelten plötzlich aus Bird heraus – handelt es sich bei den beiden ja nicht bloß um ein Liebespaar, sondern auch in musikalischer Hinsicht um Partner. Und so wurde aus Kenneth Minor wieder ein Duo, aber eben wieder ein ganz anderes als zu Anfang. Die alten Weggefährten sind aber trotzdem geblieben und so ist Kenneth Minor heute viel mehr als damals und so lebendig wie nie zuvor.

Das Releasekonzert steigt mit „großer Besetzung“, Songs vom ersten, zweiten und dritten (noch unveröffentlichten) Album, einigen Überraschungen, Support von Fooks Nihil und „The Cosmic Floatin Octopus Club“-Aftershowparty – die Okta Logue-Gebrüder Benno und Robert Herz schmeißen gemeinsam mit ihrem Homie Malwin heiße 60ies/70ies/Soul/Psychedelic/Garage-Scheiben auf die Teller –  am 31. Juli im Kesselhaus. sensor präsentiert und verlost 3×2 Freikarten: losi@sensor-wiesbaden.de