Von Alexander Michel. Fotos Arne Landwehr.
Es gibt Orte, die einen eigenen Kosmos darstellen, und wo Zeit und Raum anders ticken. Dabei muss man gar nicht durch das All reisen, um derartiges zu finden. Es reicht, sich ein wenig in Wiesbaden umzuschauen, die ein oder andere Adresse zu kennen und die richtige Tür geöffnet zu bekommen. Einer dieser Orte ist das Kunsthaus Weinstock.
Anders als die traditionellen Wiesbadener Galerien befindet sich jene von Daniela Weinstock und Thorsten Frerk direkt in deren am Dürerplatz gelegener Privatwohnung. Einmal eingetreten, fühlt man sich wie in einer anderen Welt: Da finden sich Unmengen an Bildern an den Wänden, und Skulpturen werten die Ecken eines jeden Raums des 114-Quadratmeter-Domizils auf. Selbst profan wirkende Möbelstücke fügen sich in das Gesamtbild ein und verwandeln sich in kleine Kunstwerke. Oder zumindest kommt es Laien so vor. Typischer Anfängerfehler eben.
Zwischen Luxustrash und Edelpunk
Vielleicht liegt es auch am eigenen Stil der beiden Kunstsammler, dass sich Besucher innerhalb ihres Kunsthauses auf derartige Weise verlieren, an Form und Farbe hängen bleiben und eine gewisse Ausgefallenheit bemerken. „Wenn wir eines Tages selbst zu unserer gesammelten Kunst werden würden, wäre das wohl eine wilde Mischung aus Luxustrash und Edelpunk”, sagen Daniela und Thorsten von sich selbst.
Sie ist 42 und promovierte Kunsthistorikerin, er ist 51 Jahre alt und arbeitet hauptberuflich in der IT. Beide kennen sich seit Kindesbeinen von den Pfadfindern, leben seit elf Jahren zusammen; beide verbindet seit Jahrzehnten die Liebe zur Kunst. 2019 öffneten sie ihre private Wohnung am Dürerplatz für Kunstliebhaber und deklarierten ihr Zuhause kurzerhand zur Artzone.
Pop Art hat es ihnen angetan
Besonders die Pop Art hat es beiden angetan. Wieso? „Weil es clean und unkompliziert ist, weil es Spaß und gute Laune macht“, sagt Daniela. Angefangen habe ihre Sammelleidenschaft, als sie in einem Online-Auktionshaus zwei Frauenporträts eines wenig bekannten Malers für relativ kleines Geld entdeckte. „Mitten im Studium war das schon schwierig, aber ich musste sie einfach haben”, erzählt sie. Die erste Arbeit, die die beiden zusammen aussuchten, stammt von Mel Ramos, über Jahre sind noch weitere hinzugekommen. Der 2018 in Kalifornien verstorbene Mel Ramos galt, wie auch Andy Warhol, als bedeutender Vertreter der Pop Art.
Warhols „Marilyn“ zur Begrüßung
Warhols Werke hängen nebenbei auch im Eingangsbereich des Kunsthauses, darunter die Original Limited Edition “Marilyn – Diamond Dust Marilyn” oder “Beethoven” aus der Sunday B. Morning Edition. „Diese Blätter konnten wir auf einer Auktion in den USA ersteigern”, erklärt Thorsten.
Daneben sind es zeitgenössische und lokale Künstler, die es den beiden angetan haben und deren Werke sie in ihrer Galerie ausstellen, kuratieren und natürlich auch zum Verkauf oder zum Leasen anbieten. Darunter befinden sich der Wiesbadener Künstler J. Edward “JES” Seitz und der Wiesbadener Fotograf Marco Stirn, deren Bilder vom Kunsthaus Weinstock ausgestellt werden. JES entwickelt – inspiriert durch die großen Pop-Artisten – eigene Collagen aus alten Plakaten, Schriftzügen und internationaler Presse und entfaltet dadurch seine eigene, fetzige Bildsprache.
Jeden Morgen ein analoges Bild
Marco Stirns Bildwelten wiederum bestechen durch ästhetische Qualität und Einmaligkeit; sein Blick für Licht- und Schattenspiele blüht durch unzählige Reisen durch Brasilien und Frankreich auf. Stirns aktuelles Projekt trägt den Titel „Good Morning Olivia“ und ist über den Zeitraum von einem Jahr entstanden – jeden Morgen genau ein Bild mit einer analogen Kamera. Immer der gleiche Ort. Immer das gleiche Modell.
Das Kunsthaus Weinstock ist noch nicht lange Teil der Wiesbadener Galeristen-Szene. Corona machte dem Sammler-Pärchen einen Strich durch die Rechnung. 2019 habe man schon angefangen, Werbung zu machen, Termine für Events und Messen zu buchen und einen Internet- und Geschäftsauftritt zu konzipieren. Nach fast zwei Jahren Durststrecke waren die beiden durchaus erfolgreich mit einem Stand auf der letzten ARTe-Messe im RMCC vertreten.
Pop-up-Party zur Kurzen Nacht
Das nächste Event kommt dann schon im April: Am 9. April ist das Kunsthaus Weinstock auf der 20. Kurzen Nacht der Galerien und Museen vertreten. „Unter dem Motto ‘Sound Meets ART’ wollen wir zusammen richtig feiern und der Kunst eine Party widmen“, erklärt Thorsten. Dies dann allerdings nicht in den eigenen vier Wänden: Veranstaltet wird das PopUp-Event im „Marleen“ im Lili am Hauptbahnhof. Von 19 Uhr bis Mitternacht erwarten Besucher Kunstwerke von Stirn, JES und Warhol, musikalisch untermalt von Musikern wie Mona Lisa, Verbis und Rami Hattab. „Kunst für die Augen und für die Ohren eben.”
Weitere Infos unter www.kunsthaus-weinstock.de oder auf Instagram und Facebook.
Chapeau zu dieser Idee, noch dazu diese Kunstwere öffentlich zugänglich zu machen. Einfach klasse.
Liebe Grüsse fast von Haus zu Haus, bei mir allerdings nicht so kreativ ausgestattet.