Da sage nochmal einer, Wiesbaden Nachtleben und Livemusikszene habe nichts zu bieten und für gutes Abendprogramm müsse man die Reise in die Stadt jenseits des Rheins antreten oder gleich nach Frankfurt abwandern. Nicht nur, aber ganz speziell für den 5. September müssen wir da vehement widersprechen! Denn an diesem Mittwoch-Abend tummeln sich in unserer schönen Landeshauptstadt gleich zwei Acts, die das sensor-Prädikat besonders empfehlenswert erhalten: Stella Roin (Foto), verstärkt von In Hope, und Omar Rodriguez Lopez. Ihr müsst schon selbst entscheiden, wo Ihr Eure Ohren verwöhnen lassen wollt. Vielleicht hilft unser Appetizer ja beim Entscheiden …
Die Räucherkammer im Schlachthof ist Ort des Geschehens für alle, die sich Progessive-Rock von OMAR RODRIGUEZ LOPEZ nicht entgehen lassen wollen. Was wir gut verstehen können, denn der 36-jährige gebürtige Puerto-Ricaner war bereits an sage und schreibe mehr als 60 Alben direkt beteiligt. Sei es als Songwriter und Gitarrist für The Mars Volta oder bei seinen Soloprojekten — dem Mann mit dem unendlichen Schaffensdrang geht die Kreativität nicht aus, und so sind wir sicher, dass er die Konzertbesucher in der Räucherkammer mit seinem neuen Album „Octopus Cool Aid“, einer elektronischen Platte mit einem reichen Repertoire an Sequencern, Loops und Programmed Drums, schwer begeistern wird. Fast überflüssig, zu erwähnen, dass sich Rodriguez nicht mit Musik allein zufrieden gibt, sondern auch als Regisseur, Schauspieler, Schriftsteller und Produzent arbeitet. Wen die Muse so oft küsst, den muss man einfach live erleben und zwar am 5. September ab 20 Uhr. Wenn, ja wenn da nicht der Konzerttermin im Kulturpalast wäre …
Ach, könnte man sich zweiteilen, weit hätte man es ja nicht: Im Kulturpalast geben STELLA ROIN ab 20 Uhr ihr Heimspiel in Wiesbaden und verdrehen den Zuhörern mit ihrem unverwechselbaren Pop-Sound reihenweise den Kopf. Dabei könnten die Wurzeln der Musiker aus Wiesbaden (Stella und Max), die mittlerweile in Köln Zuhause sind, verschiedener nicht sein : Max schwang die Drumsticks in früheren Zeiten in Punk- und Rockbands imd tut dies auch heute noch mit The Blind Circus. Martins Liebe zum Kontrabass entsprang dem Jazz, und Stella lieh dem Soul jahrelang ihre Stimme. Was bei dieser Mischung herauskommt, kann nur begeistern: Hier kann man hören, wie sich Pop, Jazz und Soul lässig zu einer ganz neuen Klangverbindung verschwistern, als hätten sie nie etwas anderes getan. Stellas warme Stimme trägt ihre selbstkomponierten Stücke, in denen sie persönliche Erinnerungen verarbeitet, intensiv und sensibel über den Gehörgang direkt ins Herz ihrer Zuhörer. So viel satter Hörgenuss macht klar, dass dieses Trio nicht nur auf der Bühne bestens harmoniert, auch privat scheinen diese lebensliebenden Musiker bestens eingegroovt.
Ein weiteres Argument für den Besuch des Kulturpalastes bietet am Mittwoch die Supportband: IN HOPE. Das aus Piotr Potega und Nicolas Max bestehende Folk-Duo bringt nicht nur sein sowieso schon fantastische Musik mit, sondern auch seine superfrische wunderschöne EP „Cabaret & Carnival“. Die ist nicht nur sowieso super, sondern auch noch schick in 3D. Und: sie soll beim Konzert verschenkt werden! Falls sie noch nicht vergriffen ist. Warum 3D? „Das Cover ist in einem fantastischen 3D-Look gehalten, der schon in den 1960ern out war. Aber jetzt kommen ja alle Filme in 3D heraus, warum also auch nicht dreidimensionale Musik!?“, fragt Sänger Piotr, der die heiße Ware auch auf dem diesjährigen Folklore 012-Festival dabei hatte. Titel Nummer 3 „Old Drinking Game“ ist übrigens ein Lied über Wiesbaden – und Piotrs Abschied von seiner Heimatstadt. Zweck Popakademie-Studium zieht er die Tage nach Mannheim.
Falls Du jetzt mit Entscheidungsschwierigkeiten kämpfst … Sag nicht, wir hätten Dich nicht gewarnt. Wir haben schließlich nie behauptet, in Wiesbaden sei abends nichts los. Wer weiß, vielleicht schaffen Zeitmanagementakrobaten ja sogar, beide Termine unter einen Hut zu kriegen. Hier und/oder da: Viel Spaß!
(Kea von Garnier / Dirk Fellinghauer)
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