Von Hendrik Jung. Foto Kai Pelka.
Der Blick in die Zukunft ist ebenso begehrt wie schwierig. Manche bedienen sich dazu der Tarot-Karten, andere machen eine Wissenschaft daraus. Zum Beispiel international gefragte Zukunftsmanager aus Eltville.
„Wovon werden wir morgen leben?“ Das ist die Frage, um die es sich für die 22 Mitarbeiter der FutureManagementGroup täglich dreht. Wobei sich das „Wir“ in der Regel nicht auf das Unternehmen selbst bezieht, sondern auf dessen Klienten – regionale Banken genauso wie mittelständische Unternehmen oder internationale Konzerne. Auch das Bundeskriminalamt hat schon mehrfach auf die Dienste der Zukunftsmanager zurück gegriffen. Dann dreht es sich eher um Fragen des Genres „Wie sieht die Internet-Kriminalität der Zukunft aus?“. Die Herangehensweise an die unterschiedlichen Aufträge ist jedoch ähnlich.
Für den Umgang mit der Zukunft hat Firmengründer Pero Mićić das Eltviller Modell geschaffen. „Fünf Blickwinkel auf die Zukunft“ helfen, Handlungsrahmen für die Zukunft zu entwickeln. Zunächst werden die Annahmen aufgespürt, von denen die Unternehmensmitarbeiter ausgehen.
Gehirn sucht Bestätigung
„Diese werden sonst nur selten ausgesprochen. Unser Gehirn sucht nicht nach Widersprüchen sondern nach Bestätigung“, erläutert der 46-jährige. Besonders kritisch zu prüfen sei deshalb vor allem das, womit man nicht rechne. Als nächstes gilt es zu überlegen, welche überraschenden Entwicklungen eintreten könnten, etwa neue Technologien, die auftauchen. Dann geht es auf die Suche nach den Gestaltungsmöglichkeiten für die Zukunft. Als Beispiel nennt Pero Mićić den Porzellanhersteller Villeroy & Boch. Die Traditionsmarke muss sich damit auseinander setzen, dass die klassische Tischkultur mehr und mehr verschwindet. Nahrung aufnehmen wird der Mensch jedoch, solange es ihn gibt. Also hat man erkannt, dass eine Ausrichtung von der Tisch- zur Esskultur lohnend sein könnte. Das deutet jedenfalls Niclas-Luc Villeroy, einer der Eigner, in einem Bericht der Wirtschaftswoche an. Der vierte Schritt ist die Entwicklung einer Vision, die nach Möglichkeit Sinn stiftend für das tägliche Ziel der Arbeit sein sollte. Am Ende helfen die Zukunftsmanager ihren Kunden bei der Entwicklung einer Strategie zur Umsetzung des Erarbeiteten. Eine Herangehensweise, die man sich auch im Privatleben zu Nutze machen kann.
Der Blick des Zukunft-Ichs
„Setzen Sie sich einmal hin und schreiben Sie auf, wovon Sie glauben, dass es sich in ihrem Umfeld verändert und wofür Sie ein Jahresgehalt verwetten würden, dass es so bleibt. Selbst zwischen Ehepartnern wird man da verschiedene Ergebnisse erhalten“, verdeutlicht Pero Mićić , der sich seit 23 Jahren mit dem Zukunftsmanagement auseinander setzt. Wenn man sich anschließend damit beschäftige, was einen überraschend treffen könnte, was man noch aus seinem Leben machen könnte, was man darin noch vorkommen lassen möchte und was man dafür tun will, sei der persönliche Management-Plan für die Zukunft bereits verfasst: „Man sollte stets so handeln, dass ein Zukunfts-Ich zufrieden auf das derzeitige Ich zurück blicken wird.“ Ende des Monats wird hierzu sein neuestes Buch unter dem Titel „Warum wir uns täglich die Zukunft versauen“ erscheinen. Damit das seinen Kunden nicht passiert, verfolgt er mit seinen Mitarbeitern bei etwa 50 jährlichen Projekten die Ergebnisse der renommierten Forschungsgesellschaften sowie die Prognosen klassischer Trend- und Zukunftsforscher. Außerdem behalten die Profis die Entwicklung neuer Technologien in der Privatwirtschaft ständig im Auge behalten, externe Kompetenzpartner steuern in ihren Fachgebieten Expertisen bei. „Vor allem die Wissens-Systeme werden uns in den kommenden Jahren noch überraschen“, prognostiziert Pero Mićić. Bislang denke man vor allem an die Robotik und die physische Arbeit. In Zukunft seien jedoch auch viele Arbeitsplätze in Verwaltung und Beratung durch Systeme mit künstlicher Intelligenz in Gefahr. Überall dort, wo bislang noch Medienbrüche existieren oder Organisationen noch nicht vernetzt seien. Kreativität, Weisheit und menschliche Wärme seien jedoch auch in Zukunft weiterhin exklusiv dem Menschen vorbehalten.