Interview: Dirk Fellinghauer. Foto: Arne Landwehr
BERUF
Warum braucht Wiesbaden eine Weinkönigin?
Wiesbaden hat, auch wenn das vielen gar nicht so bewusst ist, sehr viel Weinbau, gerade auch in den Stadtteilen. Das muss eine Person vertreten – und den Wein, aber auch die ganze Stadt, repräsentieren, im Rheingau oder auch anderswo. Das ist wichtig, um Touristen oder Weinkenner anzulocken. Vor allem werde ich zu den verschiedenen Weinfesten, insbesondere im Rheingau, gehen und Wiesbaden dort vertreten, aber genauso auch bei verschiedensten Terminen in der Stadt präsent sein. Ich werde auch auf Tourismusmessen dabei sein. Und ich werde für das Produkt Wein werben, gerade auch bei den jüngeren Leuten, wo Wein nicht so wirklich das Trendgetränk ist – um zu zeigen, dass der Wein doch was kann.
Deine Generation kann mit Wein eigentlich nichts anfangen?
Wein ist schon angesagt. Aber es gibt ja auch viele Alternativen, gerade in meinem Alter. Wein wird bei meiner Generation oft nicht wertgeschätzt für das, was es ist. Das ist auch das Schöne: Wenn ich mich mit Freunden treffe, erzähle ich gerne was über den Wein, und das findet dann schon guten Anklang. Da kommt dann Interesse, man merkt – oh, was ich hier trinke, da steckt total viel Arbeit von den Winzern dahinter. Da kauft man dann auch eher mal was vom Winzer als den Billigwein im Tetrapak aus dem Supermarkt.
Wie genießt Michelle I., wie du nach deiner Krönung bei der Wiesbadener Weinmesse am 2. November im Rathaus heißen wirst, am liebsten Wein?
Nicht unbedingt alleine. Entweder mit der Familie oder mit Freunden, am Weinstand oder in den Weinbergen. Ich finde es am schönsten, wenn man den Wein da genießt, wo das alles herkommt. Durch meinen Heimatort Kostheim führt auch der Weinerlebnisweg Oberer Rheingau. Ich finde es immer schön in netter Gesellschaft, da entstehen auch schöne Gespräche. Wenn man bei uns im Ort am Weinprobierstand zusammenkommt, da sind die verschiedensten Generationen, aber trotzdem kennt man sich untereinander. Da erzählen die älteren Leute über Sachen aus dem Ort, die man gar nicht kannte und wusste – Geschichten, Traditionen und so.
Es gibt viele Weinprobierstände in den Vororten und den Rhein entlang im Rheingau. Wäre das nicht auch für die Innenstadt eine gute Idee?
Das finde ich gar nicht so schlecht. In den Vororten wird ja schon daran gearbeitet, dass es in fast jedem Ort einen Weinstand gibt. Klar ist es da nett, diese Heimat zu haben. Aber mitten in der Stadt ist es auch total schön. Das sieht man samstags beim Marktfrühstück am Weinstand. Das ist mal ein Fleck abseits des ganzen Verkehrs und der Lautstärke, die eine Großstadt natürlich mit sich bringt. Da hat man einfach einen Punkt, wo man sich treffen kann mit Freunden und neue Leute kennenlernen kann – und einfach zur Ruhe kommen und sich entspannen. Das gehört auch in eine Großstadt mit rein.
Könntest du dein Amt nutzen, um eine solche Initiative zu ergreifen?
Ja natürlich, auf jeden Fall. Mein Amt ist ja auch dafür da, um Wiesbaden ein Stück weiterzubringen. Ich weiß nicht, wie viel ich da ausrichten kann. Aber versuchen würde ich es schon. Man könnte das ja da machen, wo auch der Wochenmarkt ist – freitagsabends oder sonntags – dass Winzer aus Wiesbaden, die das gerne möchten, dort ausschenken können und man sich einfach trifft und nette Gespräche entstehen. Dafür würde ich mich schon einsetzen, weil ich sehr dafür stehe, dass sich verschiedene Generationen zusammen treffen.
MENSCH
Kannst du dich noch an dein allererstes Glas Wein erinnern?
(überlegt, schmunzelt) Das war auf jeden Fall schon, bevor ich 16 war. Meine ältere Schwester war damals auch Weinkönigin. Ihr Krönungswein war ein pappsüßer Wein, das weiß ich noch. Das war wohl das erste Mal, als ich bewusst Wein getrunken habe. Da war ich so 12. Aber da habe ich mich natürlich nicht abgeschossen (lacht). Mein Interesse für das Thema Wein war aber geweckt.
Nun musst du von Amts wegen viel Wein trinken. Hast du da Tipps und Tricks auf Lager, auch wenn es mal zu viel wird?
„Müssen“ kann man nicht sagen zum Wein trinken. Es ist ja eigentlich eine schöne Sache und einfach interessant, sich da durchzuprobieren und auch Neues zu entdecken und seine Komfortzone etwas zu erweitern. Außerdem trinken wir nicht die ganze Zeit Wein. Gerade im Hochsommer gibt es auch etwas, das nennt sich Traubensaft. Man wird aber schon trinkfester mit der Zeit. Dann gilt: Auf jedes Glas Wein zwei Gläser Wasser! Das habe ich von meiner Mama gelernt. Auf dem Weinfest kann es schon eine Herausforderung werden, wenn jeder mit einem anstoßen will. Da hilft es, auch ordentlich was zu essen – Brezel mit Spundekäs, Fleischwurst … So richtig zu viel wurde es vom Wein bei mir noch nicht. Aber eine gute Kopfschmerztablette kann schon viel lösen. Und heiße Milch mit Honig – die entspannt!
Interessierst du dich auch für „echte“ Königshäuser?
Schon. Gerade gab es ja zwei royale Hochzeiten. Da sitze ich schon schön vorm Fernseher und verfolge das alles mit, meistens zusammen mit meiner Mutter. Da rollt auch schon mal ein Tränchen über die Wange (lacht). Welches Mädchen träumt nicht von einem Schloss und einem Prinzen?
Im nächsten Jahr machst du dein Abitur. Was planst du danach?
Es gibt da zwei Richtungen, in die ich gerne gehen würde – die eine ist eher ein Traum: Kriminalpsychologie zu studieren und dann in Richtung Profiling zu gehen, zum Beispiel beim BKA. Das ist aber mit dem NC, der jetzt schon bei 1,2, oder 1,3 liegt, eher schwierig. Und die Körpergröße ist ein Thema. Die zweite Option, die realistischer ist, geht in Richtung Tourismusmanagement oder Reiseverkehrsmanagement. Da würde ich am liebsten ein Dualstudium machen, weil man da Praxis und Theorie gleichzeitig macht. Für Tourismus habe ich das Interesse übrigens erst durch mein Amt als Kostheimer Weinkönigin entwickelt.
Du lebst in „AKK“, in Kostheim und damit in einem der drei Vororte neben Amöneburg und Kastel, die Mainz im Namen führen, aber zu Wiesbaden gehören. Fühlst du dich als Wiesbadenerin oder doch eher als Mainzerin?
Als AKK-ler hat man schon beide Städte als seine Heimatstadt, das würde ich für mich auch so sehen. Ich fühle mich aber schon als Wiesbadenerin. Ich bin hier geboren, gehe in Mainz zur Schule – das liegt einfach näher, und G9 war für mich auch ein Aspekt – und bin dort tagtäglich. Ich kenne mich in beiden Städten gut aus. Das finde ich gerade schön, dass man so nah an der Grenze von der einen Landeshauptstadt zur anderen ist und beides nutzen kann. Als ich 12, 13, 14 war, habe ich mich in Mainz etwas wohler gefühlt. Seit ich etwas älter bin (schmunzelt), fühle ich mich auch in Wiesbaden total wohl – auch weil es die etwas „noblere“ Stadt ist. Vor allem aber durch die Termine und die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, habe ich Wiesbaden mehr und mehr kennen und lieben gelernt.