Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).
Manchmal genügt ein Wort, um jemanden zum Explodieren zu bringen. Ein Wort wie „Kulturschätzchen“ zum Beispiel. Als solches haben die Herren Gert-Uwe Mende (Oberbürgermeister), Axel Imholz (Kulturdezernent) und Rainer Emmel (WVV-Geschäftsführer) das Walhalla bezeichnet, als sie stolz per Pressemitteilung verkündeten, dass sie nun eine gemeinsame „Absichtserklärung“ zum Walhalla unterzeichnet haben. Eine Absichtserklärung, um sich – wohlgemerkt im Jahr 4 des kompletten Leerstands und der Sperrung des Gebäudes für jegliche Nutzung – „Schritt für Schritt in Richtung Kultur“ zu begeben. Es ist: zum Ausrasten!
Man könnte glatt zum Gernot Hassknecht werden. Und einen hochroten Kopf bekommen und losbrüllen: Das Walhalla Wiesbaden IST KEIN KULTURSCHÄTZCHEN, Herr Oberbürgermeister, Herr Kulturdezernent, Herr Geschäftsführer. Wann kapieren Sie das endlich in Ihrem Rathäuschen, Ihrem Dezernätchen, Ihrem Holdingchen! (Naaa, wie klingen diese niedlichen Bezeichnungen für Ihre Arbeitsplätze und Wirkungsstätten? Fühlt man sich und das, was man so tut, da nicht gleich eine gehörige Schippe unbedeutender?)
Das Walhalla ist mindestens ein Kulturschatz, ein Kulturpfund, ein Kulturkaliber! Ein Pfund, mit dem die Stadt wuchern könnte, wenn sie denn nur wollte. Und zwar nicht nur – auch wenn das zum zentralen Inhalt des riesigen Gebäudes werden soll und nach Beschlusslage werden muss – mit der Kultur, die darin eines fernen Tages („Wenn (!) alles reibungslos läuft, dann könnten (!!) Ende 2025 (!!!) die Tore wieder öffnen“) stattfinden soll. Wenn man schon mit Kultur in dieser Stadt nur schwerlich irgendeinen Blumentopf gewinnen kann, dann sehen Sie doch bitte endlich mal ein: Walhalla in und für Wiesbaden, da geht es auch um die Innenstadt, die Fußgängerzone, den Mauritiusplatz, um Leben in der Stadt, um Sicherheit, um Attraktivität und Anziehungskraft und Zusammenhalt – um all das, über das so fieberhaft diskutiert wird, wozu Arbeitskreise und Task Forces zusammengetrommelt und Sonntagsreden geschwungen werden, wo Waffenverbotszonen anstatt Belebungsgebotszonen eingerichtet werden. Das Walhalla ist nicht nur „eine zentrale Liegenschaft“ im Herzen der Innenstadt, sondern von ZEN-TRA-LER BE-DEU-TUNG für die Innenstadt und damit für die ganze Stadt!
„Alle Beteiligten sind sich einige darüber, dass es jetzt möglichst zu keiner weiteren Verzögerung kommen soll. Trotzdem fordert der Zeitplan von allen, die lieber heute als morgen das Walhalla wieder belebt sehen wollen, weiterhin Geduld“, zeigen Sie sich in Ihrer gemeinsamen Pressemitteilung weiter auf Einlullungskurs. Nein, das fordert er nicht, die Herren. Geduld war gestern. Wenn hier etwas gefordert ist, dann ist es UNGEDULD!
Die Bezeichnung als „Kulturschätzchen“ mag nur ein Wort, oder besser ein Wörtchen, sein. Es ist ein heißer Anwärter auf das Wiesbaden-Unwort des Jahres. Es zeugt vom Umgang der Stadt mit diesem Thema und davon, was hier alles viel zu lange nicht oder allerhöchstens halbherzig passiert. Oder viel zu spät – wie das Interessenbekundungsverfahren, zu dem es nun – so eigentlich erfreulich wie überfällig – endlich kommen soll – „mit Unterstützung einer eigens beauftragten Rechtsanwaltskanzlei“, um es „den Gremien im zweiten Quartal zur Beschlussfassung vorzulegen“. Walhalla und Wiesbaden, darüber ließe und lässt sich immer wieder und immer weiter noch viel mehr schreiben, zum Beispiel über die Komplettverweigerung, mögliche Pop-Up-Nutzungen in kleinen Teilbereichen des gigantischen Komplexes wenigstens mal ernsthaft zu prüfen. Für heute nur so viel: Das Walhalla ist KEIN KULTURSCHÄTZCHEN. Handeln Sie und behandeln Sie es doch bitte endlich auch entsprechend. Das Walhalla ist ein Schatz, der vor sich hingammelt. Ein Pfund mit dem Zeug zum Leuchtturm – für die Stadt, in die Stadt hinein und weit über die Stadt hinaus. So etwas verniedlicht man nicht. So etwas vertrödelt man nicht. So etwas packt man an.
Zur Sache, Schätzchen:
Leider sind in Wiesbaden Esel am Werk.
Sehr schön, das Sie, Herr Fellinghauer, das Thema mit treffenden Worten endlich mal auf den Punkt gebracht haben. Hier könnte sich das „Oberbürgermeisterchen“ schon mal seine ersten und sichtbaren Meriten verdienen, die auch nachhaltig von Bestand wären. Endlich mehr Kultur und damit mehr Belebung und Sicherheit, in einem grandiosen und geschichtsträchtigen Bau, in die Innenstadt zu bringen.
Danke für diese klaren Worte!
Vielen Dank für diese klaren Worte.
sehr gut geschrieben.. mit viel Druck, anders gehts nicht!!!
warum setzt sich das „Wutbürgerchen“ eigentlich immer nur für das WALHALLA ein … Herr Felinghauer, vielleicht sollten Sie sich auch für die anderen vielen Inititiven einsetzen (Kulturpalas, Künstlerhaus) um nur einige zu nennen die kurz vor dem aus stehen.
Hallo Sabrina.
Das klingt nach einer recht selektiven Wahrnehmung unserer Berichterstattung.
Nur ein paar Beispiele:
– in unserer aktuellen Print-Ausgabe berichten wir unter der Überschrift „Schwere Zeiten“ (für die Subkultur) über die besiegelte Schließung des Sabot und die bisher erfolglose Suche nach einem neuen Domizil sowie über die bevorstehende Kulturpalast-Schließung
oder zb.
– https://sensor-wiesbaden.de/sabot-droht-das-aus-ueberraschende-kuendigung-bedeutender-ort-der-subkultur-sucht-neue-bleibe/
– https://sensor-wiesbaden.de/hiobsbotschaften-im-tagestakt-gestuet-renz-schliesst-endgueltig-chopan-walhalla-infoladen-in-existenz-bedroht/
– https://sensor-wiesbaden.de/happy-end-in-der-spiegelgasse-theater-im-pariser-hof-erhaelt-zuschlag-fuer-pariser-hof/
– https://sensor-wiesbaden.de/theater-im-pariser-hof-macht-weiter-und-vieles-neu-neues-programm-neues-konzept-neue-mitmacher/
– https://sensor-wiesbaden.de/folklore-festland-fehlanzeige-vierergruppe-wirft-das-handtuch-wiesbaden-begraebt-sommerfestival-plaene/
– https://sensor-wiesbaden.de/frische-ideen-in-wunderbare-stadt-jagen-heimathafen-donnerstalk-in-eigener-sache-zum-alten-gericht/
oder oder oder –
wovon wir wissen oder erfahren (von einem „kurz vor dem Aus“ für das kuenstlerhaus 43 haben wir zb. noch nichts gehört), darüber berichten wir und dafür setzen wir uns sein. Am erst seit wenigen Tagen vage an die Öffentlichkeit gedrungenen Thema Kulturpalast sind wir dran und werden auch intensiv berichten.
Dass wir über das Thema Walhalla sicher häufiger und umfangreicher berichten, liegt allein daran, dass es nicht nur ein besonderes, denkmalgeschütztes Gebäude ist, sondern dass es von buchstäblich zentraler Bedeutung für die Stadt ist, dass in seinen Dimensionen das wohl größte (kulturrelevante) Projekt der Stadt ist mit einem riesigen Potenzial (möglicherweise sogar für manch andere Kulturschaffende, kleinere Bühnen etc. der Stadt) und dass hier augenscheinlich einfach besonders viel schief oder mies oder gar nicht läuft. So verwundert es nicht, dass dies auch eines der immer wiederkehrenden Themen im Kulturbeirat ist.
Und – inzwischen „verbinden“ sich die Themen auch: Das aktuell diskutierte und geforderte Thema „temporäre / Pop-Up-Nutzung wenigstens für Teilbereiche des Walhalla-Gebäudes prüfen“ hat bzw. bekommt nun auch den Hintergrund, dass hier im besten Fall zumindest teilweise oder punktuelle Ausweichstätten für z.B. Sabot oder Kulturpalast geschaffen werden könnten – wenn man denn wollte.
Soweit für heute, Danke für die Nachfrage und liebes Grüßchen!
Das sind klare Worte. Es muss endlich etwas passieren. Mit jedem Tag verfällt das Gebäude mehr, schade