Direkt zum Inhalt wechseln
|

Die Vergessenen – Wiesbadenerin engagiert sich für Geflüchtete in Grande Synthe: „Es fehlt einfach an allem“

Nicht tatenlos zusehen, welchem Schicksal die „Illegalen“ in den Ruinen von Grande Synthe ausgesetzt sind will Susanne Seulberger (rechts). Sie reist Mitte März wieder auf den Weg nach Nordfrankreich, um – ebenfalls „illegal“ – zu helfen. In Wiesbaden unterstützt Ulla Herbst das Engagement. Foto: Dirk Fellinghauer

Von Alia Bouhaha. Fotos: Dirk Fellinghauer/ Susanne Seulberger.

„Es fehlt einfach an allem“, sagt Susanne Seulberger. Die Bierstädterin fährt Mitte März zu den Ruinen von Grande Synthe im Norden Frankreichs, zwischen Calais und Dünkirchen. Wo früher Fabrikhallen waren, werden heute Menschen ihrem Schicksal überlassen. Mit einem Transporter, ihren Hunden, und voll bepackt mit Sachspenden, macht sich die engagierte Wiesbadenerin erneut auf die Reise, um den Menschen vor Ort zu helfen – und um den Ruinenbewohner*innen zu zeigen, dass einige Wenige sie nicht vergessen haben.

Habseligkeiten vor den Augen der Kinder verbrannt

Gebraucht werden essenzielle Dinge wie Decken und Zelte, um sich vor dem Wetter zu schützen, hygienische Produkte wie Windeln, oder einfach nur Essen. Hilfe vom französischen Staat bekommen die Geflüchteten nicht – im Gegenteil. Die Menschen werden nach Aussage von Seulberger von der Polizei schikaniert. Denn eigentlich darf dort niemand leben. Sogar das Helfen ist illegal, so dass Seulberger das Mitgebrachte oft nachts verteilen muss. Nur in Extremsituationen, wie neulich beim Sturm Ciara (in Deutschland hieß er Sabine), wurde den Ruinenbewohner*innen eine Turnhalle als Unterkunft geboten. Ausharren durften sie dort allerdings nur drei Tage lang. Ihre wenigen Habseligkeiten wurden derweil verbrannt – vor den Augen der Kinder. Als Entschädigung wurden Schlafsäcke verteilt. Danach ging das Elend wieder von vorne los.

Leben in ständiger Gefahr, katastrophale Bedingungen

In den Ruinen von Grande Synthe leben ungefähr fünfhundert illegale Einwanderer*innen, unter ihnen circa hundert Kinder, die auf ihre Chance warten, den Ärmelkanal überqueren zu können und England zu erreichen. Dafür werden lebensgefährliche Unternehmungen in Kauf genommen – trotzdem schaffen es nur vereinzelt Menschen zum Ziel. So dienen die gefährlichen Gebäudereste den Geflüchteten teilweise mehrere Monate lang als Zuhause.

Susanne Seulberger möchte nicht tatenlos zusehen. „Den Menschen hier geht es schlecht, viele sind krank“, erzählt sie beim Besuch der sensor-Redaktion. Das liegt vor allem an der Schutzlosigkeit und den katastrophalen hygienischen Bedingungen. So gibt es etwa keine Toiletten oder fließendes Wasser. Das führe dazu, dass die meisten Kinder unter Krätze und Rattenbissen litten, so Seulberger. „Es ist unfassbar, was diese Menschen in der Lage sind, zu ertragen“, findet sie, „und trotz der großen Not ist die Solidarität zwischen den Menschen hier riesig. Da muss ich manchmal echt schlucken.“

Netzwerk für mehr Solidarität

Auch Wiesbadener*innen können durch Spenden Solidarität zeigen. Susannes gute Freundin Ulla Herbst setzt sich mit ihrem Netzwerk dafür ein, dass das Projekt an Aufmerksamkeit gewinnt. Die beiden Frauen haben sich über ihr unermüdliches Engagement kennengelernt und unterstützen sich nun gegenseitig. Laut Herbst sind momentan Geldspenden am sinnvollsten. „Die Spender haben den großen Vorteil, dass sie genau wissen, wer das Geld verwaltet und wohin es kommt. Susanne kauft mit den Spenden persönlich vor Ort ein und verteilt gezielt Benötigtes direkt an die Menschen“, erklärt Herbst.

Spendenkonto
Frankenkonvoi e.V
Stichwort „Grande Synthe“
IBAN

DE 36762500000040846289

BIC BYLADEM1SFU