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Editorial Juni-sensor: Sehen Sie auch überall die Gangs?

Sehen Sie auch überall die Gangs,

liebe sensor-Leser:innen? Neulich durfte ich in interessanter und anregender Runde in einem ziemlich schicken und sehr sehr guten Wiesbadener Restaurant zu Mittag essen. Als wir beim Espresso angelangt waren und die Gastgeberin sich an den Tisch gesellte, kam das Gespräch auch auf das Walhalla. „Wissen Sie, was das Problem am Walhalla ist?“, fragte sie mich und lieferte die Antwort gleich hinterher: „Dass es in der Fußgängerzone liegt!“. Auf mein erstauntes Nachfragen – dachte ich doch bisher, dieser Umstand sei nicht das Problem, sondern genau das Potenzial dieses Ortes – klärte sie mich auf: „Die Gangs!“.

„Die Gangs“ seien überall in der Fußgängerzone, sie betrete diese nicht mehr, auch ihre Söhne hätten Angst und würden nur mit dem Taxi ins Café fahren. Und sie selbst würde niemals einen Fuß ins Walhalla setzen, auch wenn dort eines Tages noch so Tolles geboten werde. Wegen der Gangs!

Ich will keineswegs existierende Ängste ins Lächerliche ziehen, um Gottes willen. Es ist ja auch nicht so, dass nie etwas passiert in der Fußgängerzone. Ich will nur dafür plädieren, Ängste zu hinterfragen und mit der Wirklichkeit abzugleichen. Auf den Mauritiusplatz bezogen etwa, teilte uns die Pressesprecherin der Wiesbadener Polizei auf Anfrage mit: „Aus Sicht des ersten Polizeireviers ist hier kein erhöhtes Straftatenaufkommen feststellbar.“ Da sich der Platz in der Fußgängerzone befinde, sei dort natürlich ein erhöhtes Personenaufkommen vorhanden, und: „In den Abend und Nachtstunden kommt es vereinzelt auch zu Straftaten, diese sind aber nicht auffällig hoch und es kann nicht von einem Kriminalitätsschwerpunkt gesprochen werden.“

Ich selbst bewege mich ungefähr tagtäglich, tagsüber sowieso, aber auch häufig zu später Stunde, durch unsere Fußgängerzone, und ich kann Ihnen berichten: Gangs habe ich dort noch nie wahrgenommen. Gruppen und Grüppchen junger Menschen sehr wohl, die auch übermütig, vielleicht auch mal aggressiv und auf manche einschüchternd wirken. Aber Angst hat mir – toi toi toi – bisher niemand und auch keine Situation gemacht. Oft sehe ich auch, wenn es im Büro mal wieder etwas später wurde, auf meinem Heimweg ganz und gar niemanden in der Fußgängerzone und nehme nichts wahr außer ausgeprägte tote Hose.

Diesbezüglich kann ich nur – Hallo „Masterplan Innenstadt“ – die Forderung auffrischen, zu der mich einst – im Mai 2018, um genau zu sein – die Einführung der Waffenverbotszone verleitet hatte – die Forderung nach einer Belebungsgebotszone nämlich. Wo Leben ist, verschwindet die Angst wie von selbst. Das bestätigt in unserer aktuellen Juni-Ausgabe auch Sebastian Schulz, der mit seinem Unternehmen im vermeintlich so gefährlichen Inneren Westend zuhause ist und sich dort „super super safe“ fühlt. Weil dort so viel Leben ist und sich dieses vorzugsweise draußen abspielt.

Dass wie gesagt mein persönliches Sicherheitsgefühl keineswegs bedeutet, dass man in unserer Stadt – wie überall – komplett vor Kriminalität und Gewalt gefeit sei, das lesen Sie in der Titelstory dieser Ausgabe. Dass es buchstäblich schlagkräftige Argumente gibt, auch und vor allem in Prävention zu investieren, vermittelt Ihnen im Juni-sensor unsere Reportage über einen besonderen Wiesbadener Boxclub. Ein tolles sportliches Zeichen gegen Gewalt war übrigens das „Fair-Play-Turnier Wiesbaden“, das am 25. Juni auf dem VfR Wiesbaden-Sportplatz stattfand.

Ein weiteres großes Thema der Ausgabe ist, mal wieder, das Fahrradfahren in Wiesbaden. Anstatt zu meckern, was alles nicht läuft, zeigen wir diesmal, was und wo es gut läuft. Beispiel dafür gibt es, auch wenn noch genügend Anlass zu meckern bleibt, endlich immer mehr in unserer Stadt. Dazu passt auch das neue Fahrradfestival „Wiesbaden Bike Experience Days“, das – präsentiert voon sensor als Medienpartner – vom 1 bis 3. Juli auf dem Schlossplatz Premiere feiert. Noch mehr gute Nachrichten: Es gibt wieder jede Menge Feste und Festivals, die wir weitgehend „wie früher“ feiern können. Machen Sie das! Genießen Sie das! Dieser Sommer hat es verdient. Und Sie erst recht.

Dirk Fellinghauer, sensor-Security