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Fest/ival in den Startlöchern – Folklore015 erfindet sich erneut neu

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Von Dirk Fellinghauer. Fotos Frank Meißner (Titelbild) / Veranstalter.

Die Macher des Folklore-Festivals muten ihrem Publikum einiges zu. „Das dritte Konzept in drei Jahren“ kündigt Carsten „Strubbel“ Schack vom Schlachthof-Team an für das, was am kommenden Wochenende – Freitag, 28. August bis Sonntag, 30. August – wieder Tausende in den Kulturpark und den Schlachthof locken soll: Folklore015, die nunmehr 39. Ausgabe einer Kulturveranstaltung, die – wenn auch mit immer wieder neuem Gesicht – ohne Zweifel eines der Aushängeschilder unserer Stadt ist. Immer irgendwie am seidenen Faden, und dabei doch stets stark (und selbstbewusst) wie ein dickes Tau – dieses Kunststück gelingt dem Team, mit kräftiger auch finanzieller Unterstützung der Stadt, auf wundersame Weise immer wieder. In diesem Jahr also: das, je nach Sichtweise, doppelte oder zweigeteilte Folklore: ein „Fest“ und ein „Festival“ wird es geben, mit deutlichen Unterschieden im Programm und im Preis, den das Publikum zu zahlen hat. Insgesamt werden 156 Künstler aus sieben Ländern für ein kurzweiliges Wochenende sorgen.

Den wiederum komplett neuen Weg schlagen die Folklore-Veranstalter nicht aus Spaß an der Freud´ ein, sondern aus Zwängen heraus, die Carsten Schack bei der Pressekonferenz kurz vorm Festivalstart so schilderte: „Eine neue Einnahmesituation herstellen, aber das Wesen von Folklore nicht verändern.“

Große Acts beim Festival

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Die neue Einnahmesituation soll durch im Vergleich zu den fast geschenkten Vorjahren deutlich erhöhte Ticketpreise für das Festival hergestellt werden. 25 Euro kostet die Festival-Tageskarte, 46,50 Euro die Festivaldauerkarte, beides inklusive RMV. Dafür gibt es richtig dicke Acts auf dem großen Gelände hinter der alten Schlachthof-Halle wie Fünf Sterne Deluxe (Foto), Prinz Pi, Siriusmodeselektor oder Element of Crime, die interessanterweise noch nie in Wiesbaden gespielt haben, sowie jede Menge „Local Heroes“ wie Ason, Rami Hattab oder KAJ, das neueste Projekt von Katja Aujesky.

Das gute alte Feeling beim Fest

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Das Fest im vorderen Bereich des Kulturpark rund um 60/40 und neue Halle kostet 8 Euro am Tag inklusive RMV und bietet gerade jenen, denen die Musik gar nicht mehr so wichtig ist, das gute, alte Folklore-Feeling mit diversen Ständen, gemütlichem Schlendern, Leute treffen, Essen und Trinken, einer kleinen Auswahl von Livemusik (zum Beispiel Trip Adlib am Freitag, Mono Girl / Foto/ am Samstag), Straßentheater, Where the Wild Words Are-Poetry Slam und den Partys (zum Beispiel Soul Shake Club, Bastard Rocksw, Kommdisko) in der großen Halle und im Kesselhaus. Gegen einen Extra-Eintritt von 3 Euro kann Freitag und Samstagnacht auch bei den Nachbarn der Kreativfabrik gefeiert werden, die leider nicht mehr die gemeinsame Bühne mit dem Kulturpalast zu Folklore beisteuern können (oder dürfen), die auch immer ein besonderer und besonders beliebter Schauplatz und Treffpunkt des Festivals war.

Günstiger Familien-Sonntag bleibt

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Der Folklore-Sonntag, der tradtionelle Familiensonntag, bringt alle/s zusammen beim Eintrittspreis von nur 6 Euro für die volle Packung – also Zugang zum kompletten Gelände mit allem, was sich so abspielt. Auftritte von Whiskydenker, Die Mukketierbande und dem Top Act Annenmaykantereit (Foto), dem großen erstmals durchgeführten Weiberkram-Mädelsflohmarkt und – lokalpolitisch topaktuell – der Diskussion „Ouo vadis, Stadtmuseum?“ im Kesselhaus. Straßentheater wird sich an allen Tagen in allen Bereichen abspielen: „Das Straßentheater wird unter der Neuentwicklung nicht leiden, es ist im Gegenteil sogar noch besser aufgehoben“, freute sich der für diesen Part verantwortliche Organisator Dietmar Krah.

Ein Konzept mit Perspektive

Dass das neue Konzept nicht ganz leicht zu erklären ist, gestand Carsten Schack ebenso ein wie die Tatsache, dass der Kartenvorverkauf bisher „moderat“ verläuft und man in diesem Jahr erstmal mit deutlich weniger Besuchern als den zuletzt beim alten Konzept gezählten 20.000 rechne. „Das Konzept ist für die Zukunft geplant“, betonte er im gleichen Atemzug, dass keiner damit gerechnet habe, dass die Besucher Folklore auf Anhieb die „Bude“ einrennen und dass Puffer eingeplant seien für die Perspektive, Folklore auf lange Sicht auf die Erfolgsspur zu bringen. Nichtsdestrotz habe man für das diesjährige Programm „ordentlich Geld in die Hand genommen“. Ein wenig hofft man auch noch auf Spontan-Upgrader: Wer ein günstiges Fest-Ticket gekauft hat und dann doch rübermachen will zum großen Festival, kann das entsprechende Ticket vor Ort für den Differenzbetrag nachlösen.

„Stets bemüht“ um Beibehaltung der Zuschüsse

Stadträtin Gaby Wolf gab sich total optimistisch und sprach den Machern Mut zu: „Veränderung ist Folklore immer gut bekommen.“ Sie betonte, dass Folklore Identität stifte und ein Wir-Gefühl stärke, auch speziell für Wiesbadener Jugendliche: „Das ist etwas, was man für seine Heimat vorzeigen kann.“ Auf Nachfrage, ob der städtische Zuschuss von 121.900 Euro für Folklore – der übrigens aus dem Sozialetat und nicht etwas aus dem Kulturetat kommt – für die Zukunft gesichert sei, sagte sie mit Blick auf die noch bevorstehenden Haushaltsberatungen: „Wir sind stets bemüht.“ Schlachthof-Vorstand Gerhard Schulz beeilte sich, darauf hinzuweisen, dass mit Blick auf die Bedeutung von Folklore der Zuschuss nicht zur Disposition stehen dürfe: „Wir gehen vertrauensvoll davon aus, dass es dabei bleibt.“

Rückenwind spüren die Folklore-Macher auch bei der leidigen Lärmdiskussion. Zwar macht den Veranstaltern immer noch ein Nachbar das Leben schwer. Dieser hat es aber seinerseits immer schwerer, mit seinen Klagen gegen die Genehmigung der Veranstaltung durchzukommen. Erst kürzlich wurde die Freizeitlärmrichtlinie der Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, die die maßgeblichen Spielregeln für derartige Veranstaltungen setzt, geändert, um bei besonderen Open Air-Veranstaltungen zu einem angemessenen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zu kommen. Und sie wurde so geändert, dass sie – wie Gerhard Schulz erläuterte – „die rechtliche Grundlage für das liefert, was wir bisher getan haben.“

Konzerte bis Mitternacht, Stände bis 2 Uhr morgens

Das heißt: Open Air-Konzerte bis Mitternacht, Öffnung der Stände auf dem Außengelände bis 2 Uhr morgens. Folklore wurde bei der Veröffentlichung der neuen Richtlinie, als bundesweit eine von drei beispielhaften Veranstaltungen ins Feld geführt – neben der Kieler Woche und dem Karneval der Kulturen in Berlin. Sogar die zuständige Ministerin in Hessen freute sich ganz offiziell per Pressemitteilung: „Die Freizeitlärmrichtlinie ist der maßgebliche ‚Lautstärkeregler‘, wenn es um Open Air-Veranstaltungen in Deutschland geht“, erläutert Hessens Umweltministerin Priska Hinz. „Nicht alle Veranstaltungen werden von den neuen Regeln profitieren, umso mehr freue ich mich, dass das Wiesbadener Folklore Festival (…) ausdrücklich in der Richtlinie genannt (wird).“ Trotz somit recht klarer Verhältnisse sind die Folklore-Macher weiter bemüht, die Nachbarn nicht mehr als nötig zu stören.

Kofferradio reicht nicht, Nachbarn sind eingeladen

Zwar stellte Gerhard Schulz klar: „Wenn man eine Veranstaltung für 10.000 Leute macht, dann reicht es nicht, ein Kofferradio aufzustellen.“ Aber alle Anlieger wurden per Flyer im Briefkasten eingeladen, kostenlos zum Folklore-Sonntag zu kommen und mitzufeiern. Dort könnten sie, wie alle anderen Folklore-Fans, überprüfen, wie gut den Machern, das gelingt, was sie bei der Pressekonferenz versprachen: auch mit dem neuen Konzept, auch mit den höheren Eintrittspreisen den bekannten, beliebten und bewährten Charakter von Folklore zu erhalten. Damit dies so bleibt, wollen sich die Veranstalter auch weiter davor hüten, sich bei großen Sponsoren anzubiedern. Man setzt auf lokale Kooperationen und freut sich über die Treue der Naspa. Rainer Pribbernow, Leiter der Unternehmenskommunikation des Wiesbadener Geldinstituts mit 175-jähriger Geschichte, wies darauf hin, dass sein Haus Folklore seit den Achtziger Jahren unterstützt: „Das ist das längste Sponsoring der Naspa. Wir haben die Zusammenarbeit immer als sehr gut empfunden.“ Immer wieder anders, dieses Folklore, und doch ändert sich vieles nie. Der Kult-Apfelweinstand Matsch & Brei ist auch wieder dabei – als einziger Stand, der von Anfang an bei Folklore war. Bestens sind auch die Wetteraussichten, einem großartigen Folklore-Fest/ival steht also wenig im Wege.

Das volle Programm und alle Infos hier: www.folklore-wiesbaden.de Der Vorverkauf wird empfohlen und gewährleistet einen schnelleren Einlass (und die kostenlose Bus- und Bahnfahrt schon bei der Anreise.)

sensor präsentiert Folklore015 als Medienpartner und verlost 3×2 Festival-Dauerkarten: Mail bis Donnerstag, 11 Uhr, an losi@sensor-wiesbaden.de