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Geschäft des Monats: Chichino, Nerostraße 36

Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Samira Schulz.

Chichino klingt irgendwie exotisch. Ist es aber gar nicht: Chichi-No! Also kein „Chichi“ Das hat sich Angelika Platte bei der Namensgebung ihres Modelabels gedacht. Chichi – laut Wikipedia „unnötiges Zubehör, siehe Firlefanz, Kokolores, Tand“ – gibt es nämlich wirklich nicht im Programm dieses cleanen, straighten Labels aus Wiesbaden. Angelika Platte hat es 2008 gegründet, seit 2010 residiert sie in der Nerostraße – „mein Kiez“, sagt sie. In der Tat fühlt sie sich hier gut vernetzt und arbeitet gerne mit anderen Kreativen zusammen: Fotografen, Galeristen, Tänzern. So ließ sie schon mal eine Kollektion von Tänzern des Staatsballetts tragen, die darin natürlich auch tanzten – im Pariser Hoftheater oder in der Galerie Rother Winter.

Alltagstauglich, aber nicht alltäglich

Daraus entstand ein Film. Nicht alltäglich, das Ganze, und das ist auch die Intention von Angelika Platte, obwohl die Mode, die sie entwirft, durchaus alltagstauglich ist. „Chichino ist pur, komfortabel und in ganz bestimmter Weise luxuriös“, sagt sie. Nach der „üblichen Karriere“ als Kommunikationsdesignerin in Agenturen im In- und Ausland wurde die aus dem Ruhrgebiet stammende und in Wiesbaden ausgebildete Angelika Platte Mutter. „Das ging nicht mehr mit der 60-Stunden-Woche, die man in Agenturen hat“, erinnert sie sich. Kinderbetreuung hat sie gleichwohl  professionell  organisiert und mit einigen anderen Eltern eine private Kinderkrippe ins Leben gerufen: Die „Sonnenzwerge“ – die es noch heute gibt.

Mode made mitten im Kiez

Dennoch zog es Platte in die Selbstständigkeit. Entworfen habe sie immer schon gerne Dinge zum Anfassen, nicht nur abstrakte  Corporate Identities: Möbel – und eben auch Kleider. Mit Hilfe vom Profi lernte sie Schnitt-Techniken, „bis ich es selber richtig konnte.“ Und dann legte Angelika Platte mit „Chichino“ los. Zweimal im Jahr entsteht hier eine Damen- und Herrenkollektion – alles nicht etwa in Osteuropa oder Fernost hergestellt, sondern genau hier im „Kiez“, in ihrem Atelier in der Nerostraße. Drei Mitarbeiterinnen und die Chefin selbst fertigen die Hosen, Röcke, Kostüme und Mäntel an. „Alles geht durch unsere Hände.“ Es ist kein Maßatelier, „dann wären die Preise um ein Vielfaches höher.“ Dennoch werden hier alle Kleidungsstücke auf die Kundinnen – und auch männliche Kunden – angepasst. Wer will, erhält eine diskrete „Nahtzugabe“, damit das Kleid auch in üppigeren Zeiten passt.

„Hier gehen die Leute erst raus, wenn sie total zufrieden sind, wenn alles richtig sitzt.“ Dann erst ist auch die Designerin selbst zufrieden. Die meisten Stoffe kauft sie in Italien. „Da gibt es einfach die schönsten.“ Seide und Wolle, aber auch gute Kunstfasern sind im Angebot. Letzteres zum Beispiel in einer pfiffigen „Reisekollektion“: „Damit sind Sie tagsüber wie abends und bei jedem Wetter gut angezogen, die Sachen knittern nicht und sind sowohl praktisch als auch sehr schick“, sagt Angelika Platte und zeigt einen außergewöhnlich geschnittenen Mantel, der sich mittels Reißverschluss zur kurzen Jacke umfunktionieren lässt. Dazu gibt es eine Hose und einen Rock, alles in Schwarz und wirklich todschick. Mit entsprechenden Accessoires tatsächlich etwas für jeden Anlass. Aber bei Chichino gibt es natürlich auch Outfits für ganz besondere Anlässe wie zum Beispiel die Hochzeit. Auch da ist natürlich nicht die „Prinzessin“ die Kundin, die Angelika Platte im Kopf hat, wenn sie ihre Brautkleider entwirft.

„Meine Kundinnen sind entweder designorientiert oder handwerksorientiert oder meist sogar beides zusammen“, sagt sie. Klare Schnitte ohne Rüschen und Tamtam – wohl aber mit besonderen Stoffqualitäten, zum Beispiel zarte handgefilzte Oberteile – machen das Kleid zu einem echten Hingucker. Das Ganze ist natürlich nicht zum Discounttarif zu haben, aber auch weit entfernt von Haute-Couture-Preisen. Dafür hat man das gute Gefühl von „Made in Wiesbaden“ – und eine umfassende persönliche Beratung dazu. Manche Kundinnen vereinbaren einen Termin, um sich bei Angelika Platte einzukleiden. „Die meisten sind sowieso Stammkundinnen“, sagt Platte, deren Laden nicht in klassischer Lauflage liegt. Sondern eben im Kiez.