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Geschäft des Monats: Pischinger Berufsbekleidung, Platter Straße 38

Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.

Er geht „auf die Walz“: Fabian, 23 Jahre alt, frisch gebackener Maurergeselle, hat sich entschlossen, einer ganz alten Tradition zu folgen und genau drei Jahre und einen Tag lang in der ganzen Welt unterwegs zu sein, um zu lernen: Alte Klostermauern in Frankreich, Backsteinmauern im Ruhrpott zum Beispiel, diese Techniken möchte Fabian kennen lernen. In dieser Zeit darf er  seinem Heimatort nicht näher als auf 50 Kilometer kommen. Bald soll es losgehen – er muss frei, ohne Vorstrafen und Schulden sein. Tatsächlich ist dieser alte Brauch noch so geregelt wie vor Jahrhunderten, obwohl ihm mittlerweile nicht mehr viele Handwerker folgen. Hauptsächlich im Baugewerbe – Dachdecker, Maurer, Zimmerleute, Steinmetze – kommt es noch vor. Fabian deckt sich vorher „zünftig“ bei der Firma Pischinger ein: Hut, Hose und Weste, ein Tuch, das an den Wanderstock geknotet wird und die wenigen Habseligkeiten trägt. Und vor allem gute Wanderschuhe.

Alles hat symbolische Bedeutung. „An der Weste sind acht Knöpfe für acht Stunden tägliche Arbeit, an der Jacke sind sechs für sechs Tage in der Woche, an den Ärmeln drei für drei Jahre Wanderschaft“, erklärt Fabian, der sich genau mit den Handwerker-Gebräuchen auseinandergesetzt hat und darauf brennt, loszuziehen – ohne Handy, auch das eine Seltenheit für einen jungen Mann unserer Zeit. Es wäre spannend, ihn nach Ablauf der drei Jahre wiederzutreffen – aber eigentlich wollen wir den Laden vorstellen, in dem sich der junge Maurer einkleidet. Hans Pischinger führt in der zweiten Generation das Geschäft für Berufskleidung, das sein Vater vor mehr als 50 Jahren in Dotzheim gründete. Er kam aus Wien und heiratete eine Wiesbadenerin. Gerade ist der Sohn in einen ehemaligen Schlecker-Markt in der Platter Straße 38 umgezogen, nach vielen Jahren in der Wellritzstraße.

Sortiment vom Bauhelm bis zum Dirigentenfrack

„Wir haben uns flächenmäßig mehr als verdoppelt“, sagt Hans Pischinger erfreut. So kann er sein mehrere hunderttausend Artikel umfassendes Sortiment auch angemessen präsentieren – vieles natürlich immer noch im Katalog, aber in den großzügigen Räumen hängt wirklich viel zum Anprobieren, vom Bauhelm bis zum Dirigentenfrack. „Berufskleidung“ ist nämlich viel mehr als nur der klassische Blaumann oder die Warnweste. Es kann eben auch das schicke Outfit für den Portier, die Messehostess oder den Musiker sein. Oder der längst nicht immer nur weiße Kittel für die Ärztin. Das Team vom Bau wird hier selbstverständlich komplett ausgestattet, vom Sicherheitsschuh bis zur warmen Jacke. Und Pischinger muss auch alle Vorschriften kennen. Zum Beispiel, dass Arbeiter, die ein Flugzeug warten, keine Metallteile an den Schuhen haben dürfen. „Sonst schlägt’s Funken, und das Ding geht in die Luft“, sagt der Inhaber, dem sein Beruf nach eigenem Bekunden „richtig viel Spaß“ macht.

Noch immer ist es ein Familienbetrieb, Frau und Neffe arbeiten mit, dazu noch einige Angestellte, die auf den ersten Blick ein gutes Team bilden. Das Geschäft teilt sich in die Business-Abteilung, die „weiße“ Abteilung für Pflegeberufe und die Baustellen- beziehungsweise Handwerkerabteilung auf. Und auch Menschen, die nicht Klempner, Koch oder Bauarbeiter sind, finden hier Hosen, Jacken und T-Shirts, die sich prima für die Freizeit eignen, ob zur Gartenarbeit, zum Renovieren oder zum Wandern. „Berufskleidung ist in den letzten Jahren auch schicker geworden“, weiß Pischinger: „Die kann man im Alltag gut tragen.“ Nicht umsonst steht inzwischen „Business Fashion Berufsbekleidung“ im Firmenlogo. Natürlich kann er auch Firmenembleme auf die Kleidung sticken lassen, erklärt der Chef und zeigt, welche bekannten Firmen Mitarbeiter-Outfits bei ihm beziehen: Käfer’s oder das Casino, aber auch große Unternehmen, Arztpraxen und Hotels oder das Amt für Soziale Arbeit, das seine Ferienbetreuer mit einheitlichen Westen ausstattet, kaufen hier ein. Richterroben und Kälteschutzwesten, Gummistiefel und OP-Kittel, Metzgerschürzen und bunte Basecaps bilden ein überraschend vielseitiges Sortiment. „Und jetzt haben wir auch endlich Parkplätze vor dem Laden, das war in der Wellritzstraße etwas schwierig“, berichtet Pischinger. Über so „spezielle“ Kunden wie Fabian, den Maurer auf der Walz, freut er sich immer besonders. Und jeden anderen berät er natürlich ebenso fachkundig.