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Geschäft des Monats: Zeit & Klang, Weißenburgstraße 1

Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.

Bei Norbert Guske liegt ein leises Ticken in der Luft. Und wenn die Stunde voll ist, dann schlagen, klingeln, bimmeln unzählige Uhren. „Ich hör´ das gar nicht mehr“, versichert der Uhrmacher glaubhaft. „Aber es gibt zwei Arten von Kunden: Die einen finden das toll, die anderen macht es nervös.“

Wer eine Stand- oder Wanduhr aus vergangenen Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten hat, muss sich auf das Geräusch schon einstellen. Natürlich kann es einen ständig daran erinnern, wie die Zeit vergeht und damit das Leben. Aber es kann auch beruhigend wirken. Und wer ganz andere Klänge hören möchte, kann bei Norbert Guske auch eine Spieldose in Gang bringen. Der Uhrmacher hat selbst kleine Dosen mit Wiesbadener Motiven angefertigt, die man aufziehen muss.

Standfestes und Tragbares

In der Hauptsache verkauft und repariert er aber in seinem Laden namens „Zeit & Klang“ im hübschen Ecklädchen am Sedanplatz Uhren. Riesige Standuhren, die schon den Status eines Möbelstücks einnehmen, aber auch Armbanduhren. Er hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt. Den Laden hat er seit 2001. Im Verkaufsraum gibt es Stuck an der Decke, ein opulenter Kronleuchter hängt dort, und die Glasscheiben sind bunt verziert.

Handwerker mit Seltenheitswert

Ein Treppchen führt in die Werkstatt, in der Guske vormittags sitzt und die winzigen Schräubchen und anderen Bauteile verarbeitet. Er ist einer der wenigen in Wiesbaden und Umgebung, die sich mit Reparaturen auskennen. Viele schicken ihre Kunden zu ihm: Bei den meisten Läden, die Uhren verkaufen, ist gar kein Uhrmacher mehr am Werk. Oder man schickt die Uhr gleich zum Hersteller ein. Das macht auch Norbert Guske ab und zu. Das meiste aber kann er vor Ort reparieren.

Sein Service ist sehr begehrt. Doch die Kundschaft wird älter. „Viele wollen, dass ich die größeren Uhren bei ihnen abhole. Das kann ich aber nicht leisten“, sagt der Uhrmacher. Manchmal kommen sogar Anfragen von weiter her – ein Indiz dafür, wie selten solche handwerklichen Dienstleistungen mittlerweile geworden sind. Dann probiere er, das mit einer privaten Fahrt zu verbinden.

Als Westend-Urgestein verwurzelt

Ein paar Jahre will Guske, selbst kurz vor dem Rentenalter, noch weitermachen. „Es macht mir ja auch Spaß.“ Wenn er dann seinen Laden „Zeit und Klang“ eines Tages aufgibt, wird man nach diesem Service suchen müssen. Guske ist auch ein Westend-Urgestein, war mit anderen Gewerbetreibenden im Verein „Wir im Westend“, der sich mittlerweile aufgelöst hat. „Aber wir treffen uns hier immer noch und kennen uns unter den Ladeninhabern und Gastronomen gut.“

Er schätzt auch den Kiezgarten auf dem Sedanplatz sehr. Und er organisiert jedes Jahr trotz aufwendiger Bürokratie einen kleinen Mini-Weihnachtsmarkt vor seinem Laden. Dieses Jahr gibt es am 3. Dezember Glühwein und handgefertigte Kleinigkeiten von anderen Westendlern  – „herzliche Einladung“, betont er.

Norbert Guske schätzt die Atmosphäre rund um seinen Laden, obwohl er immer wieder Vandalismus zu beklagen hat. Sein Stühlchen vor dem Laden, auf dem er Pflanzen aufgestellt hat, wurde schon einige Male geklaut, nun hole er es nachts rein. Auch die Fassade werde immer wieder mal beschmiert. Vom Parken ganz zu schweigen: „Ich habe aber einen Kundenparkplatz in einem der benachbarten Hinterhöfe. Den muss man halt nur benutzen“, sagt er. Gerne ist er mit seinem Geschäft auch gerade wieder Ausleihstation für das kostenlose Lastenrad „Lilja“.

Norbert Guske ist Uhrmachermeister, hat auch einige Jahre in einer Firma für Flugzeugarmaturen gearbeitet, bis er seinen eigenen Laden eröffnete. Auszubildende hatte er nicht. „Es gibt ja nicht mal eine Berufsschule hier. Die müsste ich nach Würzburg schicken.“ Es gebe auch andere Uhrmacher-Ausbildungsstätten, die aber nicht an Betriebe angeschlossen sind, sondern Vollzeit-Schule mit Internatsunterbringung vorsehen.

Scharfes Auge, ruhige Hand

Auch wenn Reparieren als solches ist in einer Wegwerfgesellschaft nicht mehr so gefragt ist wie früher: Guske hat, eben weil er selbst diese raren Fähigkeiten beherrscht, ziemlich gut zu tun. Neue Uhren von Marken wie Zeppelin oder Junkers verkauft er auch, baut gerne mal selbst kreative Wanduhren oder kleine Spieldosen. Langweilig wird es dem passionierten Tüftler jedenfalls nicht, sein scharfes Auge und die ruhige Hand hat er nach all den Jahren auch  noch immer.