Wie gestern berichtet, ist die Landeshauptstadt Wiesbaden an diesem Wochenende vom Land Hessen überraschend beauftragt worden, kurzfristig eine Außenstelle für die Erstaufnahme von bis zu 1000 Flüchtlingen einzurichten. Ohne Genaueres zu wissen, rechnet die Stadt weiterhin damit, dass die Menschen – wenn überhaupt – frühestens heute Mittag in Wiesbaden ankommen. Bisher sind noch keine Menschen in Wiesbaden angekommen, und es liegen noch keine Informationen vor. Die Vorbereitungen laufen derweil auf Hochtouren, Turnhallen zur Unterbringung der erwarteten Flüchtlinge wurden am Sonntag bis in die Nacht hinein hergerichtet. Auch die „vorsorgliche“ Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist groß, wie sich zum Beispiel auf der eilig eingerichteten Seite www.willkommen-nordenstadt.de zeigt, aber auch auf diversen anderen Wegen.
Die erwarte Ankunft der Flüchtlinge wird Hand in Hand von der Wiesbadener Feuerwehr, den Hilfsorganisationen, der Polizei und der Stadt vorbereitet. Unterstützt werden sie von den Betreuungszügen des Rheingau-Taunus-Kreises und Kräften der Bundeswehr. Auch die Mitarbeiter des städtischen Sozialdienst Asyl arbeiten auf Hochtouren.
Als erste Maßnahme wurden Unterkünfte mit Übernachtungsmöglichkeiten, Registrierungsstellen und Sanitätsstellen für die allgemeine medizinische Versorgung eingerichtet und die Versorgung vorbereitet. Seit Sonntagnacht, 13. September, 24 Uhr, sind drei Sporthallen mit insgesamt knapp 800 Betten bezugsfertig: Nordenstadt (Foto Taunushalle (c) www.willkommen-nordenstadt.de), Breckenheim und Naurod (in dieser Reihenfolge). Sobald die Landeshauptstadt Wiesbaden vom Land über die Ankunft der Menschen informiert ist (wann, wo, wie viele), können die Sporthallen also in Betrieb genommen werden. Die Sporthalle in Auringen wird hergerichtet, sollte der Platz in den erstgenannten Hallen nicht ausreichen. Dabei werden vor allem auch Soldaten der Bundeswehr tatkräftig helfen.
OB lädt am Montag zu Bürgerversammlung, Stadt richtet Bürgertelefon ein
Oberbürgermeister Sven Gerich lädt alle interessierten Bürgerinnen und Bürger für den heutigen Montagabend, 14. September, 20 Uhr, zu einer Bürgerversammlung wegen der Erstaufnahme von Flüchtlingen in das Gemeindezentrum in Nordenstadt, Hessenring 46, ein. Der OB will die Bewohner der Stadtteile über die Erstaufnahme und alle bislang getroffenen Maßnahmen informieren. Für Bürgerinnen und Bürger, die sich informieren möchten, ist ab Montagmittag ab spätestens 13 Uhr ein Bürgertelefon eingerichtet unter der Nummer 0611/ 318080 und soll bis auf weiteres tagsüber zwischen 10 und 20 Uhr erreichbar sein: „Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern liegen die aktuellen Informationen vor und sie werden ihr Bestes geben, dem Informationsbedürfnis der Menschen nachzukommen.“
Entscheidung für Sporthallen nach sorgfältiger Abwägung
Die Wahl für die Unterkünfte fiel laut Mitteilung der Stadt auf Sporthallen, da diese die nötige Infrastruktur bieten: Sanitäranlagen, Heizung, Witterungsbeständigkeit sind gegeben, das ist natürlich gerade im Hinblick auf sinkende Temperaturen, schlechtes Wetter und Hygiene besonders wichtig. Die genannten Sporthallen, die aufgrund der aktuellen Situation für den Schul- und Vereinssport nicht nutzbar sind, sind demnach für die Unterbringung ausgewählt worden, weil dort am wenigsten andere Angebote betroffen sind: „Bei anderen Großsporthallen hätten viel mehr Schulsport- und Vereinssportstunden abgesagt werden müssen, und das sollte so gut wie möglich verhindert werden.“ Darüber hinaus seien in den genannten Hallen weniger Schüler von den Maßnahmen betroffen als in anderen Hallen, und sie seien gut mit Bussen etc. für die Versorgungskette erreichbar. Während es in den sozialen Medien vereinzelt Meckereien über den Ausfall von Schul- und Vereinssport gab, kamen auch tolle Signale: „Vielen Dank an die Volleyballdamenmanschaft der TUS Nordenstadt! Ihre Reaktion auf das ausgefallene Training morgen: dann kommen wir trotzdem zur Halle und versuchen zu helfen! Großartig!“, meldete die Facebook-Seite „Flüchtlinge Willkommen in Nordenstadt“. Und soeben wurde ergänzt: „Klasse! Auch die Handballdamenmannschaft wird heute Abend „zum Training kommen“ und schauen, ob es was zu tun gibt. Vielen Dank für das Verständnis und die Solidarität!“
Flüchtlinge bleiben nur vorübergehend in Wiesbaden
Die Stadt weist darauf hin, dass es sich bei der Außenstelle um eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessens handelt. Das heißt, die Menschen sollen nicht dauerhaft in Wiesbaden bleiben, sondern von hier aus vom Land Hessen auf weitere Kommunen und Gemeinden in Hessen verteilt werden. Das Land hat der Stadt Wiesbaden mitgeteilt, dass die Außenstelle in Wiesbaden für eine Woche bestehen soll. Das heißt, dass die Sporthallen nach jetzigem Kenntnisstand in einer Woche wieder für den normalen Betrieb zur Verfügung stehen. „Sollten wir anderes erfahren, werden wir die Öffentlichkeit selbstverständlich informieren“, so Oberbürgermeister Sven Gerich, der sich am Sonntag auch gemeinsam mit Bürgermeister Arno Goßmann vor Ort informierte.
Zurzeit laufen noch die Vorbereitungen zur Gebäudereinigung, wenn die Menschen dann vor Ort sind, die Beauftragung eines Sicherheitsdienstes, sowie die Sicherstellung der Versorgung mit Lebensmitteln über die ersten 48 Stunden hinaus. Darüber hinaus steht die städtische Verkehrsgesellschaft ESWE Verkehr bereit, damit die Flüchtlinge von ihrem Ankunftsort, der noch nicht bekannt ist, zu den Sporthallen gebracht werden können. Es kann je nach Anzahl der Ankommenden deshalb zu Linienausfällen im regulären Verkehr kommen. Auch wenn mit allen Kräften versucht wird, Ausfälle so gut als möglich zu verhindern, werden die Bürgerinnen und Bürger im Fall von Ausfällen im Voraus um Verständnis gebeten.
Sachspenden-Sammelstelle
Wer mit Sachspenden helfen möchte, kann sich ab heute, 12 Uhr, mit Sachspenden und Hilfsangeboten an die Feuerwehrgerätehäuser in Nordenstadt, Breckenheim und Naurod wenden. Die Stadt hat dort kurzfristig Annahme- und Koordinierungsstelle eingerichtet. Sollte es zu Verzögerungen bei der Annahme kommen, wird um Verständnis gebeten. „Wir freuen uns über alle, die helfen möchten, können dieses Thema aber erst organisiert angehen, wenn wir wissen, wann und wie viele Menschen genau kommen. Für den Moment haben wir mit den Helferinnen und Helfern vor Ort die Lage im Griff“, sagt Feuerwehrchef Harald Müller. OB Sven Gerich äußert sich auf seiner Facebook-Seite wiederholt begeistert über die Hilfsbereitschaft „seiner“ Wiesbadener, weist aber auch darauf hin, dass derzeit vor allem Geldspenden benötigt werden. (dif)
UPDATE 14.09. via www.willkommen-nordenstadt.de:
*** Update 13:01 Uhr: ab sofort können sich Freiwillige bei der Einsatzleitung der Die Johanniter Wiesbaden – Ehrenamt an der Taunushalle registrieren lassen. Sobald dann in den nächsten Tagen klar ist, welche Unterstützng vor Ort benötigt wird, werden die HelferInnen informiert. Heute ist die Einsatzleitung bis spät Abends ca. 16 Uhr vor Ort, ab morgen dann rund um die Uhr. ***
*** Update 13:12 Uhr: die Einsatzleitung der Die Johanniter Wiesbaden – Ehrenamt hat gerade angerufen mit zwei wichtigen Informationen:
1. Derzeit ist noch keine Ankunftszeit bekannt. Sie werden fünf Stunden vor der Ankunft informiert und werden dann auch uns informieren. Und wir natürlich auch Euch.
2. Ab sofort können sich Freiwillige bei der Einsatzleitung an der Taunushalle registrieren lassen. Sobald dann in den nächsten Tagen klar ist, welche Unterstützng vor Ort benötigt wird, werden die HelferInnen informiert. Heute ist die Einsatzleitung bis ca. 16 Uhr vor Ort, dann wieder sobald die Ankunftzeit bekannt ist. ***
UPDATE Pressemitteilung der Landeshauptstadt Wiesbaden, 14.09., 14:22 Uhr:
SACHSPENDEN-STOPP!
„Die Hilfsbereitschaft, die uns vonseiten der Wiesbadenerinnen und Wiesbadener entgegengebracht wird, ist gigantisch, dafür bedanken wir uns von ganzem Herzen“, sagt Wiesbadens Oberbürgermeister Sven Gerich. „Es haben allerdings mittlerweile schon so viele Menschen Hilfsgüter in die Gerätehäuser der Vororte gebracht, dass wir gar nicht mehr wissen, wohin damit. Wir danken allen für ihre großartige Mithilfe. Da aber zurzeit noch keine Flüchtlinge für die Erstaufnahmestelle in Wiesbaden angekommen sind und da wir auch noch nicht wissen, ob und wie viele kommen, bitten wir alle hilfsbereiten Bürgerinnen und Bürger, keine Sachspenden mehr an die Gerätehäuser zu bringen.“
„Wir bitten darüber hinaus ganz dringend darum, keine Lebensmittel – also Essen oder Trinken – abzugeben. Zum einen dürfen wir diese rein rechtlich gar nicht annehmen, zum anderen macht die Annahme von Lebensmitteln aber schon allein deshalb keinen Sinn, weil diese eventuell verderben, bis die Menschen hier in Wiesbaden sind“, ergänzt Feuerwehrchef Harald Müller.
Menschen, die helfen möchten, können ihre Hilfsangebote über www.wiesbaden.de/fluechtlinge an die Stadt und die Hilfsorganisationen übermitteln. Aufgrund der überwältigenden Anzahl von Anfragen, Spenden und Angeboten bittet das Amt für Grundsicherung und Flüchtlinge um Verständnis, dass es derzeit zu Verzögerungen in der Beantwortung von Anliegen kommen kann. Sollte in den nächsten Tagen darüber hinaus Bedarf entstehen, geht die Stadt aktiv auf die Bevölkerung zu.“
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UPDATE Pressemitteilung der Landeshauptstadt Wiesbaden, 14.09., 15:09 Uhr
Erstaufnahme in Wiesbaden: Zeit gewonnen
Das Land Hessen hat die Landeshauptstadt Wiesbaden davon unterrichtet, dass die Stadt rechtzeitig vorher informiert wird, bevor die Menschen ankommen, die in die Außenstelle der Erstaufnahmestelle in Wiesbaden gebracht werden sollen.
„Wir können nach den neuesten Informationen des Landes nun davon ausgehen, dass wir mehrere Stunden im Vorfeld Bescheid wissen werden, wann wir mit den Flüchtlingen in Wiesbaden rechnen können“, so Oberbürgermeister Sven Gerich und Harald Müller, Leiter der Berufsfeuerwehr Wiesbaden. „Das entspannt die Lage für uns enorm. Wir haben alles für die Ankunft der Menschen vorbereitet und können direkt loslegen, sobald wir wissen, wann wie viele wohin kommen. Bis dahin können wir unsere Kräfte schonen und haben eine Rufbereitschaft für alle Helferinnen und Helfer eingerichtet.“
Der Oberbürgermeister bedankt sich von Herzen bei allen ehren- und hauptamtlichen Helferinnen, Helfern sowie Bürgerinnen und Bürgern für ihre großartige Unterstützung. „Es ist einfach toll, was die Stadt Wiesbaden in so kurzer Zeit geleistet und auf die Beine gestellt hat, ich bin überwältigt von der Hilfsbereitschaft.“