Direkt zum Inhalt wechseln
|

Innovativ im Geiste des Genies: 60 Jahre Mozart-Gesellschaft – Mission Verjüngung läuft

Auch die Junge Streicherakademie Mainz konzertiert regelmäßig bei der Mozart-Gesellschaft, hier gut aufgestellt im Herzog-Friedrich-August-Saal der Casino-Gesellschaft, wo die Mozart-Gesellschaft ihre Orchesterkonzerte veranstaltet. Foto: Volkmar Kurth

Von Hendrik Jung. Fotos Volkmar Wirth, Arne Landwehr, Veranstalter.

Auch im Jubiläumsjahr beschreitet die Mozart-Gesellschaft mal wieder einen neuen Weg. Ende April beteiligt sich der Verein mit zwei Konzerten am neuen Festival-Format „Mainly Mozart“. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Werner Joerg interpretiert den Begriff dabei nicht nur nach der Übersetzung aus dem Englischen, dass dabei hauptsächlich das Werk Wolfgang Amadeus Mozarts im Fokus stehen soll. Da im Titel auch der Main gelesen werden kann, hat Joerg es sich zur Aufgabe gemacht, die Programme um Werke regionaler Künstler zu ergänzen.

Raum für Entdeckungen

Einmal handelt es sich um Kompositionen von Mozarts Zeitgenossen Joseph Martin Kraus, der auch als „Odenwälder Mozart“ bekannt ist. Im zweiten Konzert steht dann ein Werk von Heinrich von Herzogenberg auf dem Programm, der seinen letzten Lebensabschnitt in Wiesbaden verbracht hat.

Auch beim Festkonzert zum 60-jährigen Bestehen am 6. Mai legt man Wert auf spannende Entdeckungen: Vierhändigen Klaviersonaten Mozarts werden zeitgenössischen Auftragskompositionen gegenübergestellt.

Von Anfang an neue Wege

Neue Wege zu beschreiten, war in der Geschichte des Vereins – 1963 gegründet (rechts der Gründungsvorstand) mit Zielen wie der Pflege des Werks Mozarts, dem Heranführen der Jugend an diese Musik, aber auch der Völkerverständigung – immer wieder notwendig, vor allem in der jüngsten Dekade.

Hatte man zu Beginn der 1980-er Jahre mehr als 500 Mitglieder, so waren es 2015 nur noch rund 190. Bereits im Jahr 2012 waren die finanziellen Mittel der Gesellschaft so weit verbraucht, dass man die damalige Geschäftsstelle aufgegeben hat. Statt einer Geschäftsführung übernehmen seitdem Ehrenamtliche die Belange des Vereins, auch wenn der Vorstandsvorsitzende eine Aufwandsentschädigung erhält.

Fruchtbare Kooperationen

Seit Karl-Werner Joerg (Foto: Arne Landwehr), der den Laden mit seinem Stellvertreter im Vorstand Nizar Kassem und der Schatzmeisterin Beate Zedler schmeißt, das Amt im Jahr 2015 unter schwierigen Vorzeichen übernommen hat, sind zahlreiche Kooperationen entstanden. Etwa mit dem Museum Wiesbaden, dessen einzigartiger Vortragssaal zum Spielort geworden ist.

Konzert-Museum-Kombi

Die Gäste der Kammerkonzerte, die dort sonntags um 11 Uhr stattfinden, können mit ihrer Eintrittskarte auch die Ausstellung besuchen. Die Zusammenarbeit mit den Bad Homburger Schlosskonzerten wiederum ermöglicht es, Ensembles einzuladen, die nicht nur bereits bestehende Programme präsentieren, sondern auch solche, für die zusätzliche Probenarbeit anfällt.

Plattform für Nachwuchs

„Wir nehmen uns kein Publikum weg und können so an einem Wochenende zwei Veranstaltungen machen“, erläutert Joerg, der an Mozart „den überwältigenden Einfallsreichtum“ schätzt. Aus finanziellen Gründen konzentriert er sich zudem auf begabte junge Künstler:innen. So besteht etwa eine Partnerschaft mit dem Deutschen Musikwettbewerb. Mitte Mai sind beim Orchesterkonzert in der Casino-Gesellschaft Preisträgerin Anne Luisa Kramb auf der Violine und Stipendiat Marko Trivunovic auf dem Akkordeon zu erleben. Mit dem Ensemble Young Mozart Players bietet der Verein auch dem musikalischen Nachwuchs aus der Region eine Plattform.

Immer wieder gehören zudem Konzerte für Kinder zum Programm der Mozart-Gesellschaft. Nachwuchsförderung wird auch betrieben mit dem Projekt Mozart@School: Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren können die Konzerte des Vereins dadurch kostenlos besuchen. Ältere zahlen bis zum Abitur lediglich fünf Euro für ihre Karte. „Wir haben uns schon ein Stück weit verjüngt. Das Durchschnittsalter ist von 74 auf 71,8 Jahre gesunken“, berichtet Joerg. Die Richtung stimmt.

Klassik entstauben

Den Trend möchte man gerne fortsetzen. Angesichts von aktuell gut 220 Mitgliedern fehlten derzeit noch zehn Personen zum Stand vor Ausbruch der Pandemie. Ziel ist auch die Entwicklung innovativer Konzertformate, um klassische Musik von einem angestaubten Image zu befreien.

„Die Musik ist es nämlich gar nicht. Es ist nur das, was wir draus machen“, betont Joerg, Jahrgang 1964, der eine eigene Agentur für Kulturkommunikation betreibt und die Branche in- und auswendig kennt. Bei einer Veranstaltung der Mozart-Gesellschaft im Schlachthof wurde 2017 Gustav Holsts Komposition „Die Planeten“ mit Filmmusik aus Star Wars zu einem Konzertabend verbunden. Derzeit arbeitet Joerg an einem Format, bei dem Musik mit anderen Künsten in Verbindung gebracht wird. Schließlich sei es zu Mozarts Zeit üblich gewesen, dass ein Schauspiel musikalische Intermezzi aufgewiesen hat.

Die nächsten Konzerte der Mozart-Gesellschaft: 23.4., 17 Uhr, Herzog-Friedrich-August-Saal: Orchesterkonzert 4 – Südwestdeutsches Kammerorchester, Gaudemard (Harfe), Molletones (Querflöte) – 30.4., 17 Uhr, Herzog-Friedrich-August-Saal: Kammerkonzert 4: Pisareva (Klavier) und Mitglieder des arirang-Quintetts – Samstag, 6.5., 18 Uhr, Kulturforum: Festkonzert 60 Jahre Mozart-Gesellschaft Wiesbaden – Klavierduo Kim/Hanßen – 14.5., 17 Uhr, Herzog-Friedrich-August-Saal: Orchesterkonzert 5 – Bayerisches Kammerorchester, Kramb (Violine), Trivunovic (Akkordeon). Infos und Tickets: www.mozartwiesbaden.com