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Kunst unter freiem Himmel – von Wald-Mikado bis Fern-Seher – „Mensch-Natur-Kultur“ im Stadtwald

Christiane Steitz in ihrem „Wald-Mikado“.

Zum zweiten Teil der Freiluft-Kunstreihe „Mensch-Natur-Kultur“ haben sich sieben Künstler:innen in den Wiesbadener Stadtwald begeben und in den vergangenen zwei Wochen vor Ort Kunstwerke aus vorgefundenem Material hergestellt. Dabei habe sich so manche interessante Unterhaltung ergeben, berichten die beteiligten Künstler. Die Werke stehen noch bis zu 24. Juli am Rand des Waldweges, der von der „Hubertushütte“ aufwärts führt. Heute um 16 Uhr gibt es eine Führung.

 

Die Idee hatte Ute Kilian, bis zum vergangenen Jahr Leiterin des Tier- und Pflanzenparks Fasanerie, gemeinsam mit dem Künstler Andreas Koridass. Grünflächen- und Kulturamt der Landeshauptstadt zeigten sich interessiert und unterstützten die Reihe gerne. Bereits im vergangenen Herbst hatte es eine Kunstaktion in der Nähe des Rambacher Waldsportpfades gegeben, damals mit 23 Beteiligten. Dieses Mal waren es „nur“ sieben, der kurzen Vorbereitungsphase geschuldet.

Es lohnt sich, ihre Werke zu entdecken: Christiane Steitz‘ „Waldmikado“ zum Beispiel, mit dem auch „gespielt“ werden darf. Bei näherem Hinsehen sind das aber mehr als nur  bunt geringelte Hölzer. Die Ringe stehen für Zahlenmaterial zu unterschiedlichen Umweltfragen wie dem Anstieg des Meeresspiegels, der Zunahme der Autos in Wiesbaden oder der Todesursache von Vögeln: Die größte Gefahr sind nämlich nicht die Windräder, wie von manchen behauptet, sondern die Hauskatzen. Da muss man aber schon genauer hinschauen, genau wie bei den Bilderrahmen von Uta Weil, die mit den Rechtecken aus unterschiedlichen Materialien den Blick aufs „Naheliegende“ richten möchte.

Im Gegensatz dazu steht Klaus Seibolds „Fern-Seher“, ein Rahmen auf Stelzen im Bildschirmformat, der einen Ausschnitt einer Lichtung ins Bild rückt. Usch Quednaus leuchtend blaue „Waldkönigin“ schaut als gekrönte Vogelfigur aus einem geborstenen Baum hervor und soll, so ihre Schöpferin, den Wald beschützen und Hoffnung symbolisieren. Doris Bardong stellt Figuren aus Ästen geformt auf Stelen und regt die Phantasie des Betrachters an: Sind es Buchstaben oder Tierfiguren?

Tine Kaiser nimmt die Politik mit in den Wald und legt aus bemalten Baumwurzeln kyrillische Buchstaben: „MIR“ – Frieden, steht dort zu lesen. Schließlich gibt es noch eine besondere Geschichte zu dem größten Kunstwerk, dem Reh von Renate Schwarz-Kraft. Sie hatte einen Rehkopf aus Ästen und Draht an einem dort schon lange liegenden Holzstapel befestigt. Doch ausgerechnet am Tag nach der Fertigstellung wurden die Stämme vom Sägewerk abgeholt und das Kunstwerk damit zerstört. Das habe sie am Anfang geärgert, sagt die Künstlerin. „Aber dann habe ich gemerkt: Das gehört zum Prozess. Man muss in den Gedanken variabel bleiben. Und die „Fettecke“ von Joseph Beuys wurde schließlich auch unbeabsichtigt zerstört.“ Sie hat die übrig gebliebenen Teile anders arrangiert und ein „Trauerfoto“ an den nächsten Baum gehängt.

„Solche Prozesse sind das Spannende an den Land-Art-Kunstaktionen“, finden Ute Kilian und Andreas Koridass, ebenso wie Vertreter;innen aus Politik und Verwaltung, die die Reihe untersützen: Jörg-Uwe Funk vom Kulturamt, Stadträtin Tilli Reinhardt und Sabine Rippelbeck vom Forstamt. Den Blick für die Interaktion zwischen Mensch und Natur in Gestalt der vielen unterschiedlichen Grünflächen Wiesbadens durch Kunst zu schärfen, Wertschätzung entstehen zu lassen und Menschen durch Begegnungen zu vernetzen, dafür soll mit dieser spannenden Reihe der Nährboden bereitet werden.

Weitere Infos mnk-wiesbaden.com

(sun/Fotos: Anja Baumgart-Pietsch, Usch Quednau, Christiane Steitz)