Von Falk Sinß. Fotos Kai Pelka
Von der Trommel zur Traube, von Wiesbaden über Berlin in den Rheingau. Uzi Mayer startete als Musiker durch und gründete dann ein Wein-Start-up.
Dass Weinberge einmal ein so wichtiger Teil in Uzi Mayers Leben werden würden, hätte er sich nie vorstellen können. Nicht Ende der 90er Jahre, als er in der Citypassage Jeans verkaufte, nicht als er Trommelgott bei The Ten Buck Fuck und I Saw Elvis war, auch nicht, als er mit 200 Sachen 2006 beim Bundesvision Songcontest „Sekt zum Frühstück“ trank und erst recht nicht, als er im Jahr darauf der Liebe nach Berlin folgte, wo man Weinberge nur von den Erzählungen der Zugezogenen kennt.
Trommeln für Indie-Winzer
Und doch dreht sich im Leben des 47-Jährigen gebürtigen Wiesbadeners mittlerweile vieles um Weinberge, oder besser gesagt, um dessen Produkt: Wein. Und das nicht nur, weil das Westendkind seit 2017 in Rauenthal lebt. Seit zwei Jahren greift er mit seinem Start-up „Weingau“ unabhängigen Winzer:innen, viele davon aus dem Rheingau, bei Vermarktung und Verkauf ihrer Weine unter die Arme.
Der Auslöser war, ohne dass der Lockenkopf mit der positiven Ausstrahlung das damals wissen konnte, mal wieder der Sprung ins kalte Wasser. „Ich hatte zwar keinerlei Erfahrung, aber mir wurde ein Job in einer Marketing-Agentur angeboten. Den nahm ich an“, erzählt Mayer. Der Versuch war von Erfolg gekrönt, und er blieb dabei. Mayer hatte sein zweites großes Talent entdeckt. Das erste, das Schlagzeug spielen, zeigte sich deutlich früher. Er beherrschte es von Anfang an.
Drummer in Gedanken – und dann wirklich
„Ich habe so lange in Gedanken alle möglichen Platten nachgespielt, bevor ich überhaupt jemals Drumsticks in den Händen gehalten habe, dass ich sofort verschiedene Beats spielen konnte“, erinnert sich Mayer. Als er dann doch irgendwann einen Schlagzeuglehrer aufsuchte, riet der ihm nur, in so vielen Bands wie möglich zu spielen, was Uzi dann auch tat. Die erste Band, die über die Stadtgrenzen Wiesbadens bekannter wurde, waren The Ten Buck Fuck, die von 1996 bis 2001 existierten. „Da habe ich das erste Mal gedacht, dass ich vom Schlagzeugspielen leben könnte“, sagt der Musiker. Schon währenddessen gründete er I Saw Elvis. Doch der große Wurf blieb aus. Der gelang dann mit 200 Sachen.
Plattenvertrag und Prime-Time-TV
Das erste Demo führte direkt zu einem Plattenvertrag und zu Stefan Raab auf die große Fernsehbühne zur Primetime. Doch interne Probleme beendeten dieses Kapitel frühzeitig. „Da war mir klar, ich muss Geld verdienen und Musik machen trennen“, erinnert sich Mayer. In Berlin schlug er ein neues Kapitel auf. Mit Jule, seiner damaligen Lebensgefährtin und Mutter eines gemeinsamen Sohnes, gründete er Youloosie, ein Herzensprojekt, bei dem „es nicht um Geld ging, sondern nur um den reinen Spaß.“
Wein zu verdientem Stellenwert verhelfen
In der Marketingagentur kam er erstmals mit dem Weingeschäft in Berührung. Zu seinen Kunden gehörten auch Weindiscounter, die es kleinen Weingüter schwer- bis unmöglich machen, ihren Wein überregional gewinnbringend zu vermarkten. Die Idee für „Weingau“ war geboren: „Es muss doch möglich sein, für Independent-Winzer:innen das gleiche Marketing zu machen wie für die Discounter.“ Aus eigener Erfahrung im Wingert wusste er, wie viel Arbeit in einer Flasche Wein steckt, und dass Supermarktpreise viel zu günstig sind. „Fünf Euro für einen Espresso im Café werden ohne Murren bezahlt, doch eine Flasche Wein für 10 Euro ist teuer. Das kann es nicht sein!“, ist Mayer überzeugt. Also entwickelte er sein Konzept für Weingau, „um Wein den Stellenwert zu geben, den er verdient.“
Geschäfte nur mit coolen Winzern
Der Umzug nach Rauenthal und der Ausbruch der Pandemie waren dann schließlich der endgültige Startschuss für sein Projekt: „Die meisten Weingüter haben kaum eine Webseite und wenn, kaum Reichweite.“ Mayer war klar, dass nur mit einer gemeinsamen Plattform der Kampf gegen die Goliaths der Branche aufgenommen werden kann. „Weingau“ ist Mayers Steinschleuder. Mit seinem Team besucht er die Winzer:innen in ihren Weingütern oder im Wingert und produziert kurze Videobeiträge, die auf der Onlineplattform veröffentlicht werden. „Wir möchten den Leuten zeigen, wie viel Arbeit in einem guten Wein steckt und was für tolle Menschen diesen produzieren.“ Die bei Weingau vertretenen Weingüter sind handverlesen. „Nur wenn die Winzer:innen cool sind und ihr Wein schmeckt, kommen wir ins Geschäft“, betont der Macher.
Seit Dezember gibt es in Rauenthal sogar eine Vinothek dazu, da kann man den Schoppe in so cooler wie besonderer Atmosphäre nicht nur probieren und erstehen – Kernöffnungszeiten Mittwoch bis Samstag, 12 bis 18 Uhr, manchmal steht aber auch sonst ein einladendes „Durst? Wir haben geöffnet“-Schild auf der Straße -, sondern bald vielleicht auch kleinere Konzerte oder Lesungen erleben – womit sich der Kreis zur ersten Karriere gewissermaßen schließen würde.