Der frühere OB Dr. Helmut Müller hat wieder eine führende Position im Wiesbadener Rathaus inne, wenn auch eine ehrenamtliche. Der Kulturbeirat wählte am Dienstagabend in öffentlicher Sitzung den früheren Rathauschef, der seit dem Start 2018 Mitglied des Gremiums ist, zu seinem neuen Vorsitzenden. Der 72-Jährige tritt die Nachfolge von Ernst Szebedits, der in der letzten Sitzung nach sechsjähriger Amtszeit verabschiedet worden war.
Helmut Müller trat als einziger Kandidat zur Wahl an. Vierzehn der anwesenden Mitglieder votierten für ihn, es gab eine Nein-Stimme und zwei Enthaltungen. Der neue Kulturbeiratsvorsitzende war 2007 bis 2013 CDU-Oberbürgermeister von Wiesbaden, von 2013 bis 2019 war er Geschäftsführer des Kulturfonds Frankfurt RheinMain. Im Kulturbeirat wirkte Müller zunächst als von der CDU-Rathaus-Fraktion entsandtes Mitglied, in der aktuellen Wahlzeit ist er gewähltes spartenunabhängiges Mitglied. Die aktuelle Wahlzeit des Kulturbeirats läuft bis September 2026.
Appell zum Kulturetat – „Existenzbedrohung lokaler Kulturträger abwenden!“
Dringlichstes inhaltliches Thema der letzten Kulturbeiratssitzung waren die anstehenden Haushaltsberatungen der Rathaus-Fraktionen unter klammen Vorzeichen. Eine erneute Stagnation der institutionellen Zuschüsse bedeute für die freie Kulturszene eine existenzgefährdende Situation, hieß es. Die frei-gemeinnützigen Kultureinrichtungen der Stadt sähen sich mit einer nicht aus eigener Kraft zu bewältigender Kostensteigerung konfrontiert: „Eine Nicht-Erhöhung der Zuschüsse bedeutet faktisch eine Kürzung der Förderung mit der Gefahr der Existenzbedrohung lokaler Kulturträger.“
Mit einer erneuten Kürzung von Projektmitteln wiederum werde vor allem den Kulturträgern und freien Künstler:innen, die keinen institutionellem Zuschuss erhalten, die kommunale Finanzierungsbasis entzogen: „Künstlerische Innovationen oder Experimente sind mit diesem Planansatz nicht mehr realisierbar.“
Einen Appell an die Stadtverordneten konzentrierte der Beirat auf die beiden Forderungen, die institutionellen Zuschüsse entsprechend den Empfehlungen der vom Magistrat eingesetzten Fachkommissionsempfehlung um 608.950 € für 2025 zu erhöhen sowie die freien Projektmittel des Kulturamts um den Fehlbetrag zum eigentlich vorgesehenen Ansatz aus dem Doppelhaushalt 2022/2023, d. h. um 380.000 €, für 2025 zu erhöhen.
Neues Partnernetzwerk
Dass nicht nur die Kulturschaffenden selbst sich und ihre Arbeit und Angebote als wichtig für ihre Stadt erachten, zeigte sich am Anfang der Sitzung bei der Vorstellung des neuen „Partnernetzwerk Wiesbaden“. Dieses wurde Anfang des Jahres als neues Marketing-Netzwerk für den Tourismusstandort Wiesbaden gegründet, unter Regie von Wiesbaden Congress und Marketing WICM. Deren Chef Martin Michel stellte das Netzwerk gemeinsam mit Urs von Kellenbach, Direktor des Wiesbadener Motel One und Sprecher des Partnernetzwerkes, vor.
Und dieser sagte den klaren Satz: „Handel und Hotellerie in der Stadt waren sich schnell einig: Das Hauptthema ist Kultur!“. Entsprechend sei auch die Kultur in Wiesbaden das Thema der ersten gemeinsamen Kampagne geworden. Ausdrücklich luden die Gäste weitere Wiesbadener Kultureinrichtungen ein sich dem Partnernetzwerk anzuschließen. Getragen wird das Partnernetzwerk von IHK Wiesbaden, der Werbegemeinschaft Wiesbaden Wunderbar, dem Kulturamt und dem Referat für Wirtschaft und Beschäftigung sowie der WICM. Bisher besteht das Netzwerk aus 18 Mitgliedern aus Hotellerie, Veranstaltungshäuser wie Schlachthof oder dem Theater im Pariser Hof sowie dem Museum Wiesbaden und Wiesbadener Unternehmen.
Ein Ziel dieses Netzwerkes sei es auch, so von Kellenbach augenzwinkernd, „den Wiesbadenern beizubringen, ihre Stadt mehr zu mögen“. Martin Michel kündigte für 2025 eine Botschafterkampagne und die Zusammenarbeit mit Hochschulen an.
(Text und Fotos: Dirk Fellinghauer – Transparenzhinweis: Der Verfasser ist gewähltes spartenunabhängiges Mitglied des Kulturbeirats)