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Nicht nur zu „Wiesbaden tanzt“: Viva Flamenco!

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Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Arne Landwehr.

Flamenco, da kommt den meisten in den Sinn: Gitarre, Klatschen und Stampfen. Dazu Frauen mit wehenden Röcken, Folklore, Touristen. Flamenco kann aber auch etwas anderes bedeuten, etwas, das einen ganz von innen heraus ergreift. Genau so betreibt Gaby Herzog ihre Flamenco-Schule. Seit zwanzig Jahren. Am Wochenende ist sie dabei, wenn es in ganz Wiesbaden heißt: „Wiesbaden tanzt!“.

„Flamenco hat mein Leben verändert“, sagt die 49-Jährige. Nicht von ungefähr hat sich die temperamentvolle Wiesbadenerin diese Art des Tanzens ausgesucht: Geboren ist sie in Südamerika, verbrachte die ersten 21 Jahre ihres Lebens in Chile und Peru. Ihre Liebe zur lateinamerikanischen Musik rührt daher. Doch zuerst schlug Gaby Herzog einen ganz anderen Berufsweg ein, übersetzte Texte für eine Chemiefirma. „Flamenco und Kastagnetten blieben lange ein Hobby, ich übte abends im Firmenkeller auf einer Pressspanplatte“, erinnert sich Gaby Herzog. Unterricht nahm sie bei Vera Stifter-Bornheim und spanischen Dozenten – vieles aber erarbeitete sie sich autodidaktisch. 1993 beschloss sie, sich ganz dem Tanz zu widmen und eröffnete „Jaleo“ – in Taunusstein- Wehen, wo es aber bald den Nachbarn zu laut wurde.

Tanzen macht glücklich und süchtig

In Wiesbaden eröffnete sie 1995 ihr stimmungsvolles Studio in der Blücherstraße. Nun feiert sie ihr zwanzigjähriges Jubiläum und ist auch begeistert bei „Wiesbaden tanzt“ dabei – das Stadt-Tanzfest feiert in diesem Jahr sein Zehnjähriges. Wie Flamenco bei ihr wirklich lebensverändernd gewirkt hat, schildert Gaby Herzog: „Als ich 15 war, kam bei einer Berufsberatung heraus, dass ich unterrichten und mit vielen Menschen arbeiten sollte. Damals fand ich das unmöglich. Ich war schüchtern und habe noch nicht einmal auf Partys getanzt. Heute habe ich großen Spaß am Tanzen, aber noch mehr am Unterrichten“.
Sie begleitet ihre mittlerweile 150 Schüler und Schülerinnen – darunter viele Kinder – auf dem Weg zu geübten Tänzern und sieht täglich, dass das Tanzen nach harten Arbeits- oder Schultagen entspannt und glücklich macht. „Ich denke, Flamenco macht süchtig, weil man sich anstrengt, schwitzt, sich dermaßen konzentrieren muss, dass man alles andere vergessen muss, und dabei eine Musik hört, die das Herz berührt. Flamenco gibt einem mehr als Schokolade“, ist sie überzeugt.

Kastagnettenmekka Blücherstraße

Aber es ist nicht der Tanz allein, der zur wahren Sucht wurde. Auch die typischen Instrumente, die Kastagnetten, haben sie in ihren Bann gezogen. „In Barcelona lebt Emma Maleras, heute 94 Jahre alt. Sie hat die weltweit anerkannte Notierung für die Kastagnetten erfunden und eine sehr ausführliche Lehrmethode mit Prüfungen kreiert“, sagt Gaby Herzog. „Ich habe die offizielle Vertretung der `Kulturvereinigung Emma Maleras´ in Deutschland. Wiesbaden ist der einzige Ort außer Barcelona, an dem die Prüfungen abgelegt werden können“.
So kommen Kursteilnehmer aus ganz Europa in die Blücherstraße, um das Kastagnettenspiel zu lernen und die Prüfungen auf zehn Niveaus zu absolvieren. „Jaleo“ bedeutet nicht nur Tanz- und Musikunterricht, sondern auch Auftritte. Gaby Herzog lässt sich beim Tanzen vom Gitarristen John Opheim, dem Sänger Albert Peter und der Cajonspielerin Ulrike Schäfer, genannt „La Pepa“, begleiten. „Wir veranstalten regelmäßig Flamencoabende mit Tapas in der Flamencoschule“, sagt Gaby Herzog. „Dafür verwandeln wir den Tanzraum in ein kleines Theater mit Bühne, Licht und Stühlen“. Auch an andere Orte bringt „Jaleo“ gern ein Stück Spanien. Gastdozenten für Tanz, Instrumentalworkshops oder auch spanischen Gesang sind regelmäßig in der Blücherstraße zu Gast.

In den zwanzig Jahren hat sich eine richtige Fangemeinde gebildet, die auch mal gemeinsam nach Sevilla reist, um authentische Flamenco-Luft zu schnuppern. Die Lebensfreude steckt an, sagt Gaby Herzog: „Früher habe ich am liebsten die fröhlichen Lieder getanzt, es fiel mir immer schwer ernst zu bleiben. Auch jetzt finde ich das nicht einfach, zum Beispiel bei einem ernsten Tanz, wenn ich mich freue, dass die Füße gerade besonders gut gehen, oder der Gesang gerade so schön ist. Mit der Zeit habe ich auch gelernt, die ernsten Tänze zu mögen, aber die fröhlichen sind immer noch meine Favoriten.“

Wiesbadener Tanzschulen und Tanzstudios, Tanzvereinen, Institutionen und freie Tanzgruppen präsentieren bei „Wiesbaden tanzt!“ am 13. und 14. September ein vielfältiges Programm mit Tanzperformances, Tanzpartys und umfangreichem Workshopangebot für alle Altersklassen. In der Innenstadt werden „Tanzstellen“ eingerichtet, dort wird das Publikum zum Mittanzen animiert. Am Sonntag, 15. September, um 11 Uhr gibt es im Großen Haus des Staatstheaters eine Jubiläums-Matinée „10 Jahre Wiesbaden tanzt!“.

www.wiesbaden-tanzt.comhttp://www.flamenco-jaleo.de/