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Persönliche Geschichten erzählen politische Geschichte – Recha Jungmann-Retrospektive im Caligari

Am Montag und Dienstag, 8./9. April, sind in der Caligari Filmbühne, Marktplatz 9, Wiesbaden, drei Filme der Regisseurin und Autorin Recha Jungmann zu sehen. An beiden Tagen ist sie zu Gast im Caligari. Die Filmgespräche im Anschluss an die Vorführungen moderiert Gaby Babić von der Kinothek Asta Nielsen e. V.

Aus Fragmenten persönlicher Geschichte, mit Blick auf Generationsverhältnisse und familiäre Bindungen erzählen Recha Jungmanns Filme politische Geschichte und reflektieren die deutsche Vergangenheit des 20. Jahrhunderts. Recha Jungmann, 1940 in Bad Kreuznach geboren, studierte zunächst Musik und Theater an der Hochschule in Hannover, arbeitete als Schauspielerin am Schauspiel Frankfurt und am Theater 44 München. Ihr zweites Studium absolvierte sie in der Filmabteilung der Hochschule für Gestaltung Ulm. Sie war als Autorin und Regisseurin über viele Jahre beim ZDF tätig.

Zu den Filmen:

  • Montag, 8. April, 17.30 Uhr: „Etwas tut weh“ (Foto oben), BRD 1980 – Recha Jungmann begibt sich auf die Spuren der eigenen Vergangenheit. In drei Altersstufen – als kleines Mädchen, als Jugendliche und als erwachsene Frau – geht sie durch den Ort an der Rhön und lässt Erinnerungen lebendig werden. Im Zentrum steht das verfallende, aber noch mit Alltagsgegenständen gefüllte Haus der Familie, das zum Sinnbild für das Verstreichen der Zeit und den Verlust steht. Gleichzeitig „entdeckt“ die Filmemacherin die Geschichte ihres verstorbenen Großvaters, der sich als einziger im Dorf gegen die Nationalsozialisten gestellt hatte und dafür zum Außenseiter gestempelt wurde.
  • Montag, 8. April, 20 Uhr: „Zwischen Mond und Sonne“, BRD 1981, – In diesem Film setzt sie sich mit ihrem 14-jährigen Sohn auseinander, sucht nach Momenten der Vertrautheit und der Distanz, beobachtet den Jungen in Gesellschaft von Freunden und konstatiert den oftmals breiten Graben zwischen den Welten der Jugendlichen und Erwachsenen. Die Regisseurin zeigt sich selbst „als Frau, die ihr eigenes Leben lebt, und als Mutter, deren Handlungsspielraum einerseits vom Kind bestimmt wird, die andererseits dieses Kind auch an den Rand drückt. Recha Jungmann ist mit ihrem Mutter-Sohn-Thema so weit gegangen, wie sie konnte“, schrieb 1981 Gesine Strempel in der Courage.
  • Dienstag, 9. April, 20 Uhr: „Unsere Mütter, unsere Väter“, BRD 1981,  –  Zum Abschluss der Retrospektive bringt Recha Jungmann in ihrem Film Szenen aus verschiedensten Biografien in Zusammenhang; als offene Montage. Aus dem Off gelesene Texte aus dem nationalsozialistischen Deutschland und aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, Archivfilmszenen, historische Radioausschnitte, Privatfotografien und dazu von Recha Jungmann gedrehte Spielfilmszenen sowie dokumentarische Aufnahmen. „Unsere Mütter, unsere Väter“ – das sind begeisterte Mitläuferinnen und Mitläufer und Täterinnen und Täter, aber auch Widerständlerinnen und Widerständler. Die Stimmen erzählen von Ehen, vom Alltag im Krieg, von Begeisterung für den Nationalsozialismus. An einigen Stellen ersetzt Jungmann die Stimmen durch Stille, dazu Bilder von Massen, die ihrem Führer huldigen, über Bilder von Soldaten, die euphorisch in den Krieg ziehen.

Eintrittskarten gibt es online unter wiesbaden.de/caligari, täglich ab 17 Uhr im Caligari, Marktplatz 9, sowie in der Touristinformation, Marktplatz 1. Es handelt sich um eine Veranstaltung von Deutsches Filminstituts & Filmmuseum und der Kinothek Asta Nielsen e. V.. (dif/Foto Veranstalter)