Die Anzahl rechtsextremer Konzerte und Festivals in Deutschland steigt stetig – vor allem in Mitteldeutschland, ein Schwerpunkt liegt in Thüringen. Allein im Jahr 2018 gab es rund 320 Musikveranstaltungen der rechten Szene. Die von einer Wiesbadener Produktionsfirma realisierte Dokumentation „Rechtsrock in Deutschland – Das Netzwerk der Neo-Nazis“ gibt Einblicke in die Szene – erstmals zu sehen heute um 20.15 Uhr in ZDFinfo.
Neonazis nutzen Rechtsrock-Veranstaltungen nicht nur zur massenhaften und unverhohlen expliziten Verbreitung ihrer Ideologie, sondern auch als lukrative Einnahmequelle, auch dank einem riesigen Angebot an Merchandise-Artikeln. T-Shirts mit dem Aufdruck „Wer A sagt, muss auch Dolph sagen“ oder mit unmissverständlichen Botschaften wie „HH“, „HKNKRZ“ oder „I love NS“ werden angeboten und fleißig gekauft.
Rechtsrock als Begleitmusik zu Mord und Totschlag
Die Dokumentation analysiert die Netzwerke und nimmt die Labels und Produzenten in den Blick. Die Filmemacher sind tief in das Neonazi-Geschehen eingetaucht und zeigen Aufnahmen, die fassungslos machen. Außerdem haben sie mit Kennern der Szene gesprochen. Der Fotograf Andre Adam, der seit langem professionell auf Szeneveranstaltungen fotografiert, bezeichnet Rechtsrock als „die Begleitmusik zu Mord und Totschlag“. Er berichtet, wie Neonazis ihm im direkten Gespräch erzählt hätten, dass sie gerade einen Bombenanschlag planten – „auf meine Wohnung“.
2017 hatte das bisher größte Rechtsrock-Festival im thüringischen Themar für bundesweite Schlagzeilen gesorgt: 6000 Neo-Nazis feierten damals ungestört beim „Rock gegen Überfremdung“. Im vergangenen Jahr besuchten mehr als 35.000 Menschen große Rechtsrock-Veranstaltungen in Deutschland.
Rechtsextremistische Szene professionalisiert sich
Stephan Kramer, seit Ende 2015 Präsident des Amtes für Verfassungsschutz in Thüringen, sagt in der ZDFinfo-Dokumentation: „Tatsache ist, dass wir es mit einer bundesweit agierenden, auch international vernetzen rechtsextremistischen Szene zu tun haben. Insbesondere sehen wir das an der Entwicklung der Rechtsrock-Konzerte.“ Deren Organisation und Durchführung hat sich nach Kramers Beobachtung „sehr stark professionalisiert“.
Wurde bei den großen Festivals der Szene, dem „Schild und Schwert“-Festival im sächsischen Ostritz, dem „Eichsfeld-Tag“ im thüringischen Leinefelde und den „Tagen der nationalen Bewegung“ in Themar, zu lange weggesehen und weggehört, wenn verfassungsfeindliche Propaganda verbreitet wurde? Muss der Rechtsstaat solche Veranstaltungen aushalten oder wurden die Instrumente des Rechtsstaates nicht ausreichend genutzt? Auch diesen Fragen geht die Dokumentation nach. (dif/Foto Detlef Müller/ZDFinfo)
ZDFinfo sendet „Rechtsrock in Deutschland – Das Netzwerk der Neo-Nazis“ erneut am Donnerstag, 7. November, 15.45 Uhr, und am Donnerstag, 5. Dezember, 18.00 Uhr. Die Erstausstrahlung am Samstag, 2. November 2019, erfolgt im Rahmen eines ZDFinfo-Schwerpunkts mit zehn Dokumentationen, die von 17.15 Uhr bis nach Mitternacht über verschiedene Aspekte des Rechtsextremismus in Deutschland informieren:
Die zehn Dokumentationen in der Übersicht: 17.15 Uhr: Die gezielte Manipulation - Fake-News-Macher im Netz 17.45 Uhr: Staatsfeinde in Uniform 18.15 Uhr: Völkische Siedler - Schattenwelten auf dem Land 19.00 Uhr: Störfall AfD - Das Netzwerk der Rechten 19.45 Uhr: Chemnitz - Eine Stadt zwischen Trauer und Hass 20.15 Uhr: Rechtsrock in Deutschland - Das Netzwerk der Neo-Nazis 21.00 Uhr: ZDF-History: Die Blutspur - Rechter Terror in Deutschland 21.45 Uhr: Die Welt der Reichsbürger - Träumer, Aufsteiger, Extremisten 22.30 Uhr: Die Arier 24.00 Uhr: Auf der Spur des rechten Terrors - Die sieben Geheimnisse des NSU