Direkt zum Inhalt wechseln
|

Risse auf der Leinwand: United States of exground – das Filmfestival richtet seinen Fokus auf Amerika

Von Selma Unglaube und Dirk Fellinghauer. Fotos: Exground.

Ist das gegenwärtige Filmemachen der USA in einem Programm überhaupt abbildbar? Lassen sich die vielen Themen, Communities und sozialen Verhältnisse adäquat widerspiegeln? Mit Fragen beginnt das Exground-Team die Einführung in den diesjährigen Länderfokus des an diesem Freitag startenden Filmfestivals. Und antwortet auch gleich selbst.

„Natürlich ist die Auswahl dieses Fokus subjektiv, wie sollte es auch anders sein? Sicherlich ist so manches hinten runtergefallen, anderes konnte nicht gezeigt werden, und dennoch: Die 13 langen und zehn kurzen Filme sowie der Wettbewerbsbeitrag der youth days vermitteln eine Idee von der Vielfältigkeit des US-Films.“

Live und on demand

US-Filme, das war schon immer ein Schwerpunkt des Festivals. Natürlich gibt es auch in diesem Jahr weit mehr zu sehen als Sehenswertes aus dem Land der unbegrenzten Leinwand-Möglichkeiten. Nachdem die letztjährige Ausgabe des Festivals kurzfristig komplett online stattfinden musste, kann das mit zahlreichen Perlen des unabhängigen Weltkinos bestückte Filmprogramm endlich wieder vor Ort stattfinden.  Vom 12. bis 21. November bringt das von sensor präsentierte Festival über 150 Filme aus 47 Ländern in die gewohnten Wiesbadener Spielstätten. Dafür sichtete das Kuratorenteam über 1.600 Filme aus 93 Ländern. Wie im vergangenen Jahr wird es daneben auch ein On-Demand-Programm geben. Der YouTube-Kanal von exground filmfest wird ebenso wieder mit Inhalten bespielt werden.

Prekäres und Reichtum

Beim filmischen Blick auf die USA werden prekäre Verhältnisse ebenso gezeigt wie der Reichtum der Oberschicht, die Historie befragt und das Jetzt ausgelotet, von indigenem Leben poetisch wie experimentell erzählt sowie schwarze und queere Perspektiven ins Zentrum gerückt.

Unbequem und visionär

Nicht erst seit der Ära Trump sind die Risse in der US-Gesellschaft tief und kranken die „States“ an einem stark verwurzelten Rassismus, dessen Tragweite durch „Black Lives Matter“ noch einmal landesweit auf den Straßen sichtbar wurde – sowie am durch die „Me Too“-Bewegung thematisierten Sexismus. Trotz aller Probleme sind die USA noch immer ein Land der künstlerischen und sozialen Innovationen und des emanzipatorischen Handelns. Und des kreativen, unbequemen, visionären Kinos.

Caligari und andere Schau-Plätze

Mit einem der Pandemielage angemessenen Hygienekonzept werden die Caligari FilmBühne als Festivalkino, das Murnau-Filmtheater und als ganz besonderer Ort die Krypta der Marktkirche zu buchstäblichen Schau-Plätzen des seit 1990 stattfindenden Filmfestivals.

Empathischer Blick auf migrantische Identität

Mit den USA hat das exground filmfest dieses Jahr ein Land als Schwerpunkt gewählt, dem es sich schon seit Jahren mit der etablierten Sektion American Independents widmet. Den Start in die Beschäftigung mit dieser vielfältigen Region und gleichzeitig ins Festival macht die Komödie „Queen of Glory“, für den Nana Mensah nicht nur das Drehbuch schrieb und im Regiestuhl Platz nahm, sondern auch die Hauptrolle spielte. Der Film erzählt mit viel Witz die Geschichte der genialen Doktorandin Sarah Obeng, die zwischen der Entscheidung, bei ihrem Geliebten in Ohio zu sein, und dem unerwarteten Tod ihrer ghanaisch-stämmigen Mutter versucht, ihren Weg zu finden. Für diesen empathischen Blick auf eine migrantische Identität zwischen den verschiedenen Lebensrealitäten in den USA gewann die Regisseurin bereits den Best Director Award auf dem Tribeca Film Festival.

Kunst-Kooperation

Bereits seit Ende September zeigt der Nassauische Kunstverein in Kooperation mit exground die achtteilige Videokunstserie 2 LIZARDS der Künstlerinnen Orian Barki und Meriem Bennani. In der europäischen Premiere dieses Programms nähern sich die beiden Künstlerinnen durch computeranimierte Tiere Fragen der der Sozialität in einer von einer Pandemie dominierten Welt an. Das New Yorker MoMa wurde auf die Videoserie aufmerksam, nachdem die beiden Künstlerinnen in kurzer Zeit große Bekanntheit in den Sozialen Medien erfuhren.

Das komplette Programm und alle Infos auf www.exground.com