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Rückkehr der Rosinenbomber – Bedeutende Wiesbadener Welt-Geschichte, großes Fest

Von Maximilian Wegener. Fotos Stadtarchiv, Maximilian Wegener.

Wenig erinnert an Wiesbadens zentrale Bedeutung für die Berliner „Luftbrücke“. Das 70. Jubiläum wird umso gigantischer gefeiert – an Pfingstmontag.

Die Berliner Luftbrücke von 1948 bis 1949 ist eine der berühmtesten humanitären Hilfsaktionen aller Zeiten und gilt zugleich als eine der größten Leistungen der militärischen Luftfahrtgeschichte. Was viele nicht wissen: Sie wurde von Wiesbaden aus maßgeblich gesteuert. Sie war ein logistisches Mammutprojekt, durchgeführt von den Luftstreitkräften der Alliierten, um die von den sowjetischen Besatzungstruppen belagerte Bevölkerung Westberlins mit Lebensmitteln und anderen Vorräten zu versorgen. Anders schien der Verlust der Alliierten Sektoren Berlins an die Sowjetunion nicht mehr zu verhindern.

Wiesbaden hatte nicht nur mit dem Militärflugplatz Erbenheim einen zentralen Ort zur Durchführung der Luftbrücke. Ab Juli 1948 war im einstigen Hotel „Hamburger Hof“ auf der Taunusstraße, nahe dem Kochbrunnenplatz, auch das Nervenzentrum der gemeinsamen britisch-amerikanischen Operation zu finden: das Headquarter der „Combined Airlift Task Force Berlin Airlift“ (CALTF). Von dort aus dirigierte General William H. Tunner, Logistik-Genie der US Air Force, die unter einem Dach vereinten amerikanische und britische Operation. Er koordinierte Hunderte Flugzeuge mit Besatzungen aus Großbritannien, den USA, Frankreich, Australien, Kanada, Neuseeland und Südafrika. Heute erinnert nur noch eine unscheinbare Gedenktafel in der Hausnummer 11, Ecke Geisbergstraße, an diese geschichtsträchtige Einrichtung.

Die Luftbrücke in Zahlen

Die Berliner Luftbrücke begann am 26. Juni 1948. Die sowjetische Blockade wurde am 11. Mai 1949 beendet. Weil es danach weiterhin zu Schwierigkeiten kam, wurde die Luftbrücke erst am 30. September 1949 offiziell eingestellt. Insgesamt flogen die britischen und amerikanischen Maschinen die belagerte Stadt mehr als 270.000 Mal an, zeitweise rund um die Uhr und im 3-Minuten-Stoßtakt, um die mehr als zwei Millionen Zivilisten und die Alliierten Streitkräfte vor Ort zu versorgen.  Rund 400.000 Tonnen Lebensmittel, Kohle, Treibstoff und andere lebenswichtige Güter wurden transportiert – darunter auch tonnenweise Schokolade und andere Süßigkeiten, was den Fliegern ihren Spitznamen „Candy Bomber“, zu Deutsch „Rosinenbomber“, einbrachte. Die Flüge, unter schwierigen Bedingungen und auch bei schlechter Sicht und Wetterlage, waren riskant: Flugzeugabstürze und andere Unglücke forderten im Verlauf der Operation insgesamt 101 Todesopfer unter Flugzeugbesatzungen und Zivilisten.

Die Berlin-Blockade

General William H. Tunner in der Taunusstraße

Nachdem die Sowjets am 24 Juni 1948 alle Land- und Wasserwege nach Westberlin gesperrt hatten, blieb zur Versorgung der Stadt nur noch der Zugang aus der Luft. Im November 1945 waren auf einer Viermächtekonferenz drei Luft-Korridore von Westdeutschland aus über die Sowjetische Besatzungszone nach Berlin ausgehandelt worden, die auch während der Blockade offen blieben. Der südlichste dieser Korridore führte in gerader Linie nach Frankfurt. In dieser Schneise lagen die beiden wichtigsten amerikanischen Flugplätze: Die Rhein-Main Air Base am heutigen Fraport und die Erbenheim Air Base in Wiesbaden, heute Lucius D. Clay Kaserne – benannt nach eben dem US-General, der als Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone die Luftbrücke initiiert hatte. Von diesen Flugplätzen ging die Hauptlast der Versorgungsflüge aus.

Erbenheim – Von der Pferderennbahn zum Militärflugplatz 

Der Flugplatz Erbenheim während der Luftbrücke

Der Flugplatz Erbenheim, heute als Clay-Kaserne Sitz des Europa-Hauptquartiers der US-Army, entstand auf dem Gelände einer Pferderennbahn, die um 1910 bei Erbenheim angelegt worden war. Schon vor dem 1. Weltkrieg fanden dort regelmäßig Flüge statt, 1929 erfolgte dann der endgültige und offizielle Umbau der Anlage zum Flugplatz Wiesbaden-Mainz. 1936 beanspruchte die Deutsche Luftwaffe den Platz und baute ihn zum militärischen Fliegerhorst aus. Nach Ende des 2. Weltkriegs wurde er vorläufig von der US-Army in Beschlag genommen und ab 1948 dann als „Wiesbaden Air Base““ zum Europa-Hauptquartier der im Vorjahr aus der US-Army ausgegründeten US Air Force.

Während der Operation Berliner Luftbrücke, deren amerikanischer Teil unter dem Codenamen „Vittles““, wörtlich „Proviant“, geführt wurde, gingen von dort täglich bis zu 80 Tonnen Versorgungsgüter auf die Reise zum Berliner Flughafen Tempelhof. Bis heute erinnern einige Straßen der Airbase an US-Soldaten, die im Einsatz während der Luftbrücke ums Leben kamen.

Jubiläumsfeier zum 70. Jahrestag an Pfingstmontag

Am Pfingstmontag, 10. Juni, findet auf dem Gelände der Lucius D. Clay Kaserne zur Feier des 70. Jahrestages der Berliner Luftbrücke ein Fest mit riesigen Ausmaßen statt. Die insgesamt zugelassenen 40000 Besucher  – Tickets gibt es bei der Tourist Info und unter www.wiesbaden.de/luftbruecke – können beim Tag der offenen Tür auf dem sonst von der Öffentlichkeit streng abgeschirmten Flugplatz mehr als 30 Rosinenbomber besichtigen. Auch eine Flugdemonstration auf dem Programm, bei der auch ein Fallschirm-Absprung und der Abwurf von Süßigkeiten wie zur Zeit der Luftbrücke („Candy Drop“) nachgestellt wird. Außerdem gibt es ein reiches Essens- und Getränkeangebot, einen Andenken-Verkauf und Livemusik, zum Beispiel die U.S. Air Force Band „The Ambassadors“ mit 40er-Jahre Big Band Jazz, oder eine Bob-Hope-Performance. Ob es der mittlerweile 98-jährige Gail Seymour „Hal“ Halvorsen, der als Luftbrücken-Pilot den Abwurf der Süßigkeiten für die Kinder „erfand“ und so das Bild der „Rosinenbomber“ erfand, es zum Jubiläumsfest schaffen wird, steht noch nicht fest. Sollte er nicht dabei sein können, wird ihn sein ältester Sohn vertreten, hieß es bei der Vorstellung des Programms.

Anreise am besten zu Fuß oder mit Bus, Fahrrad oder Shuttle

Die Zufahrtsstraßen zur Clay Kaserne von der  B 455 kommend werden für die Veranstaltung für den Individualverkehr gesperrt. Die Stadt empfiehlt die Anreise mit dem Bus, Fahrrad, Taxi oder von einem der offiziellen Parkplätze entweder zu Fuß oder mit den bereitgestellten Shuttle-Bussen. Eine Übersicht zur Anreise findet sich unter https://www.wiesbaden.de/leben-in-wiesbaden/freizeit/veranstaltungen/anreise-und-paarkmoeglichkeiten.php

www.wiesbaden.de/luftbruecke, https://foerderverein-luftbruecke-berlin-70.de