Es ist eine Schande: Das Walhalla, wie es Zehntausende Besucher kennen und schätzen, ist Geschichte. Einen Tag vor Druck der April-sensor-Ausgabe haben die Mieter des so wohltuend anderen Theaters im Herzen der Stadt, nach fünfzehn Jahren aufregenden, außergewöhnlichen, bereichernden und wichtigen Spielbetriebs, aufgegeben. Der Walhalla Theater e.V. hat nach ein paar aussichtslosen Anläufen, das bittere Ende abzuwehren, bei einem Ortstermin mit dem Vermieter WVV Holding GmbH – einer laut Eigenaussage „100-prozentigen Tochtergesellschaft der Landeshauptstadt Wiesbaden, in der (…) die Gewerbeimmobilien zum Nutzen der Stadt verwaltet werden“ – zugestimmt, das Feld, also das Haus, zu räumen.
Der Grund für das nun endgültige Aus ist bekannt: das Brandschutzgutachten Nr. 5600/2016, das am 27. Januar zur Schließung des Hauses und dem sofortigen Stopp des Spielbetriebs geführt hatte. Rigoros, ohne Differenzierung und Chance auf konstruktiven Dialog für die Mieter, ohne umfassende Information der interessierten Öffentlichkeit. „Aus meiner Sicht spricht nichts gegen eine Veröffentlichung“, hatte der OB (und WVV-Aufsichtsratsvorsitzende und Feuerwehrdezernent) einen Tag nach der Walhalla-Schließung gesagt. „Seitens der WVV bestehen keine Bedenken, dass Brandschutzgutachten zu veröffentlichen“, schrieb auf sensor-Anfrage WVV-Geschäftsführer Rainer Emmel – verbunden mit dem Zusatz: „Sie haben aber sicherlich Verständnis, dass wir dies nur mit Zustimmung der Erstellerin und Mieterin tun möchten.“ Der Walhalla e.V. stimmte der Veröffentlichung zu. Eine entsprechende Anfrage an Nadja Ludwig, die als Inhaberin des Sachverständigenbüros „st brandschutz“ das Gutachten im Auftrag der WVV erstellt hat, blieb unbeantwortet.
„Lebensgefahr“ im Walhalla – und im „New Yorker“?
Also bleiben weiterhin Fragen offen. Zum Gutachten selbst, zur Entstehung und zu den Inhalten. Aber auch Fragen wie jene, warum das Walhalla so Hals über Kopf wegen „erheblicher Gefahr für Leib und Leben“ geschlossen werden musste, der ebenfalls im Walhalla-Komplex, zu Teilen über den beanstandeten Räumlichkeiten befindliche „New Yorker“ seinen Betrieb aber ungestört und offensichtlich ungefährdet weiterführen kann. Die Sozialräume des Modegeschäfts, das den vorderen Teil seiner Verkaufsfläche als Eigentümer, den hinteren Teil als Mieter der WVV betreibt, befinden sich entlang der Hochstättenstraße sogar direkt in dem Gebäude, das nun – für den Kulturbetrieb – geschlossen wurde.
Dass der Wegfall einer weiteren bedeutenden Wiesbadens Kulturstätte einfach so hingenommen wird, ist ein weiteres Beispiel der Ignoranz und Gleichgültigkeit in einer Stadt, die Kulturpolitik unter ferner liefen einsortiert hat – in Zeiten, wo man schwer überhören kann, wie ständig und überall unmissverständlich betont wird, wie immens wichtig Kultur ist, auch und vor allem als Zukunftsfaktor und eben nicht als lästiger Bittsteller. „Die `harten´ Standortfaktoren wie Autobahnen, Flughäfen, Schienenwege und Gewerbeflächen sind mittlerweile in allen Großstadtregionen verfügbar. Daher gewinnen `weiche´ kulturelle und soziale Faktoren an Erklärungskraft für den ökonomischen Erfolg von Regionen und Städten“, schreibt etwa Walter Siebel. In „Die Kultur der Stadt“, seinem Buch mit Pflichtlektüre-Potenzial für alle Kommunalpolitiker, spricht er von einer „Kulturalisierung der Stadtpolitik“. Wie gut, dass wenigstens die Betroffenen selbst sich nicht zermürben und unterkriegen lassen, im Gegenteil: Sie geben in einem Punkt auf, aber sie hören nicht auf.
Neue Perspektiven für „Walhalla im Exil“
Neue Veranstaltungsorte werden aufgetan, unter dem Titel „Walhalla im Exil“ werden fleißig Konzerte geplant. Den Auftakt machte am 1. April im Theater im Pariser Hof der Walhalla-erfahrene Bernd Begemann, ein Sänger-Songwriter-Entertainer mit Kultfaktor und entsprechend treuer Fangemeinde. Absolutes Neuland ist die Nutzung des „Chopan“ in der Bleichstraße als Theaterbühne – die preisgekrönte Gruppe „Raum(0)“ inszeniert in dem Club am 7. und 8. April die Uraufführung von „Fressen“. Im Kulturpalast tritt am 22. April Mark Gillespie auf. Auch mit dem Staatstheater sind die Walhalla-Macher im Gespräch, weitere mögliche Spielorte haben sie, dies mit Unterstützung des Kulturamts, in petto. Die Walhalla-Qualität und der Walhalla-Spirit bleiben der der Stadt also aller Widrigkeiten zum Trotz auch jenseits des verlorenen Walhalla-Ambientes erhalten. So bitter die Schließung des Gebäudes ist: Das Walhalla ist und hat Zukunft. Es ist eine Chance.
Wie weiter, Walhalla?
Das Walhalla-Gebäude dürfte nun für ein paar Jahre geschlossen und ungenutzt bleiben. Derweil läuft die Diskussion um die künftige Nutzung des Gebäudekomplexes auf Hochtouren. Bekanntlich stehen für Zeit nach einer Sanierung zwei Konzepte im Raum – die vom Gebäudeeigentümer WVV in Person von SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum präsentierte und aktiv vorangetriebene „Varieté pur“-Idee mit der bundesweit tätigen GOP Entertainment Group als Investor und Betreiber, und die von diversen Akteuren aus Wiesbaden, Hamburg und Berlin mit vielfältigen Nutzungsideen entwickelte Vision der „Walhalla Studios“. Es finden zahlreiche Gespräche und Präsentationen statt.
Beide Bewerber präsentieren ihre Ideen
Die „Walhalla Studios“-Gruppe hat innerhalb kurzer Zeit eine sehr aufwändige Präsentation mit einem gebäudespezifischen Konzept und detaillierten vielfältigen Nutzungsvorstellungen erstellt und (nach dem Visionären Frühschoppen Spezial im Schlachthof) vor diversen interessierten und mitentscheidenden Runden präsentiert (sensor verschickt die Präsentation auf Anfrage an Interessierte – Mail mit Betreff „Walhalla Studios“ an hallo@sensor-wiesbaden.de). Die „GOP“-Vertreter legten bislang bei den Präsentationen in Wiesbaden eine eher allgemein gehaltene Broschüre vor, die vor allem das Unternehmen GOP selbst und seine Philosophie vorstellt und weniger, was GOP wie genau speziell im Walhalla Theater Wiesbaden realisieren will. Unter der Überschrift „Wir sind die Show – seit über 25 Jahren“ werden im Vorwort „Faszinierende Liveshows, exzellente Küche, traumhaftes Ambiente und herzlicher Service“ als „die vier Säulen des Unternehmens“ aufgeführt, das zudem den Familienaspekt („Wir sind Familie! Für unsere Mitarbeiter, Künstler und unsere Gäste“) in den Mittelpunkt stellt, sich als „marktführender Anbieter für artistische Bühnenshows“ empfiehlt und unter dem Motto „Wir sind Gastgeber“ auch einige Firmenfeiern als Referenz aufführt. Am Ende werden unter dem Motto „Wir sind Wiesbaden!“ noch „10 gute Gründe für eine Partnerschaft“ aufgeführt.
OB-Antworten auf konkrete Fragen – Entscheidung erst 2018
In der letzten Stadtverordnetenversammlung hat OB Sven Gerich fünf konkrete Fragen der Fraktion Linke & Piraten zum Thema Walhalla beantwortet. Er berichtete unter anderem, dass mit beiden Bewerbern einvernehmlich vereinbart worden sei, „dass vor weiteren Entscheidungen eine objekte Ermittlung der Baukosten, die sich aus den jeweiligen Konzepten ergeben, als Entscheidungsgrundlage erforderlich ist“. Derzeit würden die Voraussetzungen erarbeitet, um für beide Projekte die notwendige und vergleichbare „Planungstiefe“ zu erreichen. Erst anschließend sollten auf dieser Basis die Gespräche mit beiden Bewerbern fortgesetzt werden. Mit einer Entscheidung über die künftige Nutzung des Walhalla rechnet der OB erst im Jahr 2018. Er schlägt vor, dass die Frage von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wird, auch wenn die formale Zuständigkeit derzeit beim Aufsichtsrat der WVV liege, da die WVV Eigentümerin des Gebäudes ist. Zur Aufgabenverteilung klärte der OB, der WVV-Aufsichtsratsvorsitzender ist, auf, dass die WVV-Geschäftsführung die Stadtentwicklungsgesellschaft SEG als technischen Dienstleister mit der Projektleitung „Revititalisierung der Walhalla“ beauftragt habe.
Heute findet eine nichtöffentliche Vorstellung beider Konzepte am 3. April vor Ausschüssen der IHK statt.
Über die aktuellen Entwicklungen berichten wir ausführlich am 10. April auf www.sensor-wiesbaden.de.
(Dirk Fellinghauer/Fotos Dirk Fellinghauer/Offert Albers)
Respekt, meine Herren und Damen.
Wenn man schon nicht umsetzen kann, was einem so an spaßigen, ränkegeschmiedeten Plänen durch Kopf und Portmonei flaniert, so kann man zumindest verhindern, daß andere Glück und Freude empfinden. Daß Wohl der Bürger im erstickenden Würgegriff einfältiger, schmollender Bürokraten, die sich gegenseitig den Schleim spendieren der die Straße bedeutet, auf der sie sich wechseleitig besuchen, um sich ihrer Größe und Wichtigkeit zu versichern.
Ihr reitet mit gefüllten Eimern voll dreister Stumpfsinnigkeit auf euren neidgeborenen Paragraphen, bereit, alles und jeden, der sich euch in den Weg stellt, mit der eurerseits als notwendig erachteten Härte dessen zu übergießen, wozu ihr einst erzogen wurdet: Mit der Sinnlosigkeit eurer Existenz.
Ich empfinde tiefstes Mitleid, denn hinter der Tür, die ihr hinter euch schließt, wenn ihr nach Hause kommt, wartet nichts außer einem gähnendem, leeren Schwarz.
Ich kann mich traurigerweise Herrn Tolle nur anschließen. Kultur und Wiesbaden, das passt nicht mehr zusammen.
Zuerst wird der Schlachthof abgerissen und mit einem Aldi ersetzt, dann das Clöeb Frisch geschlossen und jetzt auch noch das Walhalla. Selbst das Spital musste einer „Kette“ weichen. Sogar Einkaufsgeschäfte, die ansatzweise Internationalität vermitteln, wie der Fossilshop neben Karstadt müssen einem Vodafoneshop weichen, der gleich am ersten Tag die Assozialen mit lauter Dauerschlagerbeschallung quer durch die Fußgängerzone anlockt. Nur noch eine Frage der Zeit bis das Lumen einem McDonalds weichen muss.
Die Stadt ist am Ende und man kann sich demEindruck nicht entziehen, dass Sven Gerich & seine Mitarbeiter hierfür direkt verantwortlich sind. Mal ganz abgesehen von dem Skandal, dass das prachtvollste Grundstück in der Kirchgasse blauäugig verschenkt wurde. Sven Gerich zahlt’s ja nicht, sondern der Wiesbadener Steuerzahler.
Herr Gerich ist an Sachverhalten, die nichts mit Fasching, Feiern oder Bauchpinselei durch seine Adepten zu tun haben, nicht wirklich interessiert. Dieser Herr salbadert sich durch unwichtige Themenbereiche und ist für mich ein bemerkenswertes Beispile dafür, daß nicht jeder Mensch mit seiner Aufgabe wächst. Allerdings scheint mit Horizonterweiterung durchgängig ein Fremdwort in der Köpfen der Wiesbadener Stadtpolitiker zu sein, und in diesem mottendurchflatterten Schummerlicht betrachtet tut sicher sogar Herr Gerich alles ihm menschenmögliche.