Susanne Müller / Wolfgang Vielsack
Foto Arne Landwehr
Susanne Müller und Wolfgang Vielsack wollen die „Burgfestspiele“ etablieren – als feste Größe mit Anziehungskraft über die Stadt hinaus
Eine Idee allein reicht nicht aus. Man muss den Weg auch gehen. Mit dieser Intention sind wir vor zehn Jahren angetreten und haben ein altes Arbeiterhaus in der Oberen Webergasse übernommen. Dass daraus irgendwann mal ein Theater werden würde, hat zu Beginn niemand gedacht. Aber wir waren wohl zur richtigen Zeit am richtigen Ort und fingen einfach an. Die Vision war einfach: Ein leer stehendes Haus braucht Leben. Und was gibt es Lebendigeres als Menschen und Kultur? Also luden wir an den 24 Abenden vor Weihnachten 24 Künstler ein, und es gab den ersten lebendigen Adventskalender Wiesbadens. Das nächste Theaterprojekt sollte dann im Sommer 2006 in einem Klärwerk stattfinden. Die Proben waren im vollen Gange, die Plakate waren schon fertig, als einer feststellte, dass die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland anstand und man parallel dazu kein Theater spielen kann!
Aus der Not ein neues Genre gemacht
Also musste die Premiere vorverlegt werden. Da man aber im April/Mai kein Freilichttheater machen kann, wurde der Spielort kurzerhand in das kuenstlerhaus43 verlegt. Das alte Arbeiterhaus bot allerdings nicht genügend Platz für so viele Zuschauer. So entstand die Idee einer Inszenierung, bei der es keine Trennung von Bühne und Zuschauerraum gibt und in der an zwei Spielorten gleichzeitig gespielt wird. Während die Capulets im der Bel‘ Etage speisten, tanzten die Montagues im Erdgeschoss und im Innenhof. Das Ganze machte riesig Spaß, und das Publikum war begeistert. Ein neues Spielgenre war entstanden, bei dem das Publikum „lebendiges Bühnenbild“ war. Diesem Prinzip sind wir in den letzten 10 Jahren treu geblieben. Heute ist das kuenstlerhaus43 ein etablierter Spielort und fester Bestandteil der Wiesbadener Kulturszene.
Die Vision für die Burgfestspiele Wiesbaden ist auf einem ähnlichen Weg entstanden. Nachdem wir zwei Jahre im ehemaligen Rotlichtviertel Sommertheater gespielt hatten, stand die Baulücke in der Kleinen Schwalbacher Straße nach dem Umzug des Wiesbadener Kuriers leider nicht mehr zur Verfügung. Die Burg Sonnenberg bot uns als neuer Spielort ideale Voraussetzungen. Auch hier war es unser Ziel, „die vierte Wand zu öffnen“ und die Zuschauer an der Inszenierung teilhaben zu lassen. Den „Diener zweier Herren“ in den Wiesbadener 50-ern/ 60-er Jahren spielen zu lassen, war nur eine logische Konsequenz. Aus Mangel an Zuschüssen wurde das Bühnenbild vom Intendanten und ehrenamtlichen Helfern selbst entworfen und gebaut. Die Baufirma Stenzel stellte Arbeiter zur Verfügung, um eine Tribüne aufzubauen, so dass ein ansehnliches Ambiente entstand.
Herausforderungen über das Bühnengeschehen hinaus
Doch um neben der künstlerischen Herausforderung ein Theaterprogramm zu planen, waren auch ganz andere Fähigkeiten gefragt. Ein komplettes Marketing und der Vertrieb mussten auf die Beine gestellt werden. Dazu kamen etwa 25 freiwillige Helfer für Einlass und Theke, und schon war eine schlagkräftige Truppe beisammen.
Dass sich dieser Weg lohnt, hat das letzte Jahr gezeigt. Viele hatten uns gewarnt und meinten, die Wiesbadener würden nicht nach Sonnenberg zum Freilichttheater kommen. Aber sie sind gekommen, so dass die Burg jedem Abend voll besucht war. Deshalb, und weil es uns sehr viel Freude macht, geht es in diesem Jahr weiter.
Unsere Vision für die nächsten Jahre ist, die Burgfestspiele Wiesbaden so bekannt zu machen wie die Burgfestspiele in Bad Vilbel. Auf diesem Weg sind wir gut unterwegs. Wir sind der Meinung, dass sowohl wir – das kuenstlerhaus43 mit unserem Theater – als auch die Burg Sonnenberg als Festspielort ein großes Potenzial für Besucher aus und von Wiesbaden haben. Von dieser romantischen Kulisse wissen die wenigsten in Wiesbaden, und im Rest des Rhein-Main-Gebiets schon gar nicht. Das wollen wir mit den Burgfestspielen ändern.
So haben wir in diesem Jahr unser Festspielprogramm auf drei Wochen erweitert, während der wir den „Räuber Hotzenplotz“ (natürlich angelehnt an den Räuber Leichtweiß), den „Sommernachtstraum“ (spielt Ende der 20-er Jahre) und den „Diener zweier Herren“ (angesiedelt in den 60-er/70-er Jahren) inszenieren.
Wäre das nicht unsere Vision mit unserem festen Glauben an unser Theater und diesen Ort, könnten wir diesen Weg nicht gehen, da – wie jeder weiß – in Wiesbaden ein Sparhaushalt ansteht.
All unsere Inspiration, all unsere Leidenschaft, denn Kunst und Theater ist unsere Berufung, fließen in die Projekte des kuenstlerhaus43 ein. Als Familienunternehmen ist unser Leben eng mit unserem Beruf verbunden. Und … wir sind überzeugt, dass wir es mit Hilfe aller, die an uns glauben, auch schaffen werden!
Haben auch Sie eine Vision für Wiesbaden? Schicken Sie uns Ihre Kurzbeschreibung an hallo@sensor-wiesbaden.de. In loser Folge geben wir auf einer Seite Wiesbadener Visionären Raum für ihre Gastbeiträge.
Burgfestspiele Wiesbaden
c/o kuenstlerhaus43
Susanne Müller / Wolfgang Vielsack
Obere Webergasse 43
61583 Wiesbaden
Infos: 0611-172 45 96 / office@kuenstlerhaus43.de
Kartenhotline:
VVK bei allen bekannten VVK-Stellen
online: www.burgfestspiele-wiesbaden.de
die Burgfestspiele Wiesbaden finden vom
19. Juli bis 9. August in der Burg Sonnenberg statt
Anfahrt über Linie 16 (Haltestelle Hofgartenplatz)
Eintrittskarten gelten als Kombi-Ticket im gesamten RMV