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„Wiesbaden liest“ Bücher aus Kanada – Empfehlungen zum Buchmesse-Gastland / Raum für viele Geschichten

Kanada ist Gastland der diesjährigen Buchmesse. Wiesbadener Buchhandlungen haben aus diesem Anlass Leseempfehlungen zusammengestellt. Foto: Dirk Fellinghauer

Von Christina Baum und Annika Posth. Fotos Dirk Fellinghauer, Verlage, wiesbaden-liest.

Kanada ist Reise-Sehnsuchtsland, aktuelles Einwanderungsland und ein Territorium, das Menschen aus der „alten Welt“  kolonialisiert haben. Ein Land, geprägt von zwei europäischen Nationen: Frankreich und Großbritannien. Der erbitterte Kampf um die Herrschaft endete 1763 mit dem Pariser Frieden zugunsten des British Empire. Raum für viele Geschichten. 2021 ist Kanada Gastland der Frankfurter Buchmesse. Neun Wiesbadener Buchhandlungen unter dem Dach von „Wiesbaden liest“ stellen Neuentdeckungen und ganz persönliche Buchempfehlungen kanadischer Autor*innen vor.

In der Initiative „Wiesbaden liest“ haben sich neun inhabergeführte Buchhandlungen der Wiesbadener Innenstadt sowie der Vororte Bierstadt, Dotzheim und Schierstein kollegial und engagiert zusammengeschlossen, um die Sichtbarkeit von Büchern zu stärken: Diesmal mit dem Scherpunkt auf kanadische Autor*innen.

Und hier sind die fachkundigen Tipps, die Lust auf das Eintauchen in die Literatur Kanadas machen.

Der Klang der Fremde

Die Autorin Kim Thúy ist in Saigon geboren, in Ihrem Buch „Der Klang der Fremde“ beschreibt sie die Flucht ihrer Familie (sie mit 10 Jahren) über das Meer in den Westen. Nach Monaten in Flüchtlingslagern voller Ungewissheit, was die Zukunft bringen wird, gelangt die Familie schließlich nach Kanada, wo sie mit offenen Armen empfangen werden. Die Geschichte wird in Erinnerungsbildern erzählt und beschreibt, wie sie sich als Mädchen ihre neue Umgebung über Klänge, Farben und Gerüche erschließt.

Eine Straße in Montreal

Zeitlich früher angesiedelt ist das Buch des Altmeisters Mordecai Richler: „Erstmals in deutscher Übersetzung, die zehn autobiografische Erzählungen des kanadisch-jüdischen Autors (1931-2001) zu seiner Kindheit und Jugend in Montréal“.

Der Report der Magd

Der Report der Magd hat Margret Atwood weltberühmt gemacht – die Dystrophie über ein theokratisches, totalitäres System, in dem Frauen aller Rechte beraubt und somit nur mehr Dienerinnen der Männer sind. Am Ende bleibt offen, ob es der Hauptfigur gelingt in die Freiheit zu fliehen. 15 Jahre später hat Atwood die Geschichte weitererzählt.

Himmel und Hölle 

„In diesen neun kurzen Geschichten entfaltet Alice Munro ganze Welten. Klug beobachtet, sprachlich wunderschön- eine Freude, sie zu lesen“, empfohlen von Vera Anna, Buch-VorOrt-Bierstadt. Munro hat 2013 den Nobelpreis für Literatur erhalten.

Wir gehören dem Land 

Joe Saccos Comic-Reportage zeichnet in detailreichen schwarz-weiß Bildern ein informatives und berührendes Porträt der indigen Dene im hohen Norden Kanadas. Aus zahlreichen Interviews zusammengesetzt erhält der Leser einen Einblick in eine Vergangenheit mit hartem, aber naturverbunden Leben und den verheerenden Folgen der staatlich erzwungenen Internatserziehung, einer vielfach  von Alkoholismus und Gewalt geprägten Gegenwart, aber auch den hoffnungsvollen Plänen der jungen Generation für die Zukunft eine Balance zwischen den Gas- und Ölfirmen und einem traditionelles Wissen bewahrenden Weg zu finden. Ausgezeichnet mit dem Geschwister-Scholl-Preis.

Der gefrorene Himmel 

Richard Wagamese, geboren 1955 in Ontario, gehört zu den bedeutendsten indigenen Stimmen der First Nations. Als Kind von seinen Eltern getrennt, wuchs er in Heimen und bei Pflegefamilien auf und fand seine Familie erst im Alter von 23 Jahren wieder. Über den autobiografischen Roman: Saul, 1953 geboren, wird – wie so viele Kinder indigener Herkunft – aus seiner Familie gerissen und in eine sogenannte Residential School gesteckt, wo ihm seine Kultur und Sprache ausgetrieben werden sollen. Erst sein Talent für das Eishockeyspielen öffnet ihm einen Weg in die Freiheit. Vor weiterer vielfältiger Diskriminierung schützt ihn das aber nicht.

Lehrjahre 

Die Comic-Bücher des Frankokanadiers Guy Delisle faszinieren mit ihrer ehrlichen und ironischen Bescheidenheit. „Lehrjahre“ lässt uns zurückblicken in Guys Jugendzeit in einer Quebecer Papierfabrik. Hier jobbt er regelmäßig zwischen Schule und Studium und auch sein Vater arbeitet so lange er denken kann in dieser Fabrik. Doch zeigt diese Geschichte wie scheinbar stupide und wiederkehrende Aufgaben nicht nur Guy, sondern jeden von uns vor große Herausforderungen stellen, deren Entscheidungen letztlich unser Leben prägen werden und sei es die Erinnerung an eine kleine Unachtsamkeit, bei der mal eben das Papier für eine Auflage der New York Times vernichtet wird.

Der Verdacht 

Blythe, möchte eine gute Mutter sein, doch es fällt ihr schwer die eigene Tochter Violet zu lieben. Von Anfang an spürt sie die Ablehnung ihrer Tochter und immer mehr fühlt sie sogar Feindseligkeit. Bis eine schreckliche, lebens-verändernde Tragödie passiert.

Kanada. Ein Länderporträt.

Auch wer nicht nach Kanada reisen möchte, wird dieses Buch lieben. Schon die Kapitelüberschriften machen Lust auf’s Lesen. Das Buch zeigt das bekannte und unbekannte Kanada in allen seinen Facetten. Geschichte, Politik, Gesellschaft, Kultur und Natur werden lebendig beschrieben. Der Autor Gerd Braune lebt seit mehr als 20 Jahren in Ottawa und ist ein sehr guter Beobachter.

Ranger

Ein Bilderbuch zum immer wieder schauen für Kinder und Erwachsene ab 5 Jahren. Die Geschichte der Rangerin Annie, die einen verletzten Fuchs findet, ist eine Ode an die Natur und die Freundschaft zwischen Mensch und Tier.

Diese Buchhandlungen sind bei „Wiesbaden liest“ dabei: Buchhandlung Vaternahm, An den Quellen; das Buch-Café Nero in der Nerostraße; Angermann, Buchhandlung und Landkartenhaus, Mauergasse; die Büchergilde am Bismarckring; Hans von Goetz, Buchhandlung und Antiquariat in der Rheinstraße; erLesen im Dichterviertel, Buch-VorOrt in Bierstadt; die Buchecke Schierstein; die Buchhandlung spielen & LESEN in Dotzheim.

Eindrücke von der diesjährigen Buchmesse in abgespeckter Form im sensor-Buchmesse-Fotoalbum. Die Buchmesse hat ein letztes Mal an diesem Sonntag, 24. Oktober, von 9 bis 17.30 Uhr geöffnet. Tickets gibt es ausschließlich online mit begrenztem Kontingent hier.

(apo/Fotos: Veranstalter)