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Das große 2×5-Interview: Jens Harzer, Schauspieler, 51 Jahre, zwei Kinder

Interview: Dirk Fellinghauer Foto: Sepp Dreissinger.

BERUF

Sie kehren zu den Maifestspielen zurück in Ihre Geburtsstadt Wiesbaden, mit dem 1668 uraufgeführten Stück „Der Geizige“. Sie spielen in der Inszenierung des Thalia Theater Hamburg die Hauptrolle des reichen Harpagon. Was hat uns „Der Geizige“ im Jahr 2023 zu sagen?

Muss das Theater das beantworten? Ich weiß nicht. Es ist ein unzerstörbares Stück, es geht um einen archetypischen Charakter, es geht um den Zerfall einer Familie, es ist böse, es ist komisch, sehr komisch sogar, es ist verzweifelt,- das genügt doch, oder?

Das Hamburger Abendblatt lobt die Inszenierung unter Regie von Leander Haußmann als „neu, frisch, anders“. Was verstehen Sie unter solchen Attributen?

Wir haben versucht, ein paar Entscheidungen zu treffen, die anders sind, ohne das Stück zu zerstören. Das Ganze findet ja auf nackter Bühne statt, mit nichts sozusagen, ein paar Stühle, die Figuren, die Sprache Molieres, die einfachsten Lösungen für die Szenen,- das war es. Kein Plüsch, kein Puder, keine Bebilderung von etwas, keine Interpretation. Alle müssen sich auf leerer Bühne an diesem Harpagon abarbeiten, das erschien uns als ein richtiger Weg, als wir im ersten Lockdown anfingen, uns damit zu beschäftigen.

Warum – und wie – sind Sie Schauspieler geworden? Warum sind Sie es heute?

Ach, ich wollte es, irgendwie, unbedingt, das Spielen, und dann später kam die Literatur dazu. Ich bin schon hier auf meinem Gymnasium (am Mosbacher Berg) in Wiesbaden nur auf großartige Menschen getroffen, die mir das alles gezeigt haben, das war entscheidend, später ging es dann so weiter, und das hat sich bis heute kaum geändert. Also: Ich habe viel Glück gehabt.

Sie sind seit der Spielzeit 2009/2010 festes Ensemblemitglied am Hamburger Thalia Theater. Und doch fliegen Sie immer mal wieder aus – als Gast an andere Häuser, zu Festspielen, in Hörspiel-Studios, zu Film und Fernsehen, unter anderem „Babylon Berlin“. Wie wichtig sind Ihnen solche Ausflüge, und wie unterscheidet sich die Arbeit?

Es tut doch immer gut, sich neue Konstellationen zu schaffen, andere Erfahrungen zu machen, unter anderen Umständen zu arbeiten, in fremden Städten. Das bringt ja mein Beruf mit sich. Man muss sich überwinden, auch die Scham, das ist oft nicht so leicht, man fühlt sich fremd, man hat Sorge, ob man es schafft. Das muss man dann aushalten. Schön ist, wenn es klappt, natürlich.

Das Titelthema unserer Ausgabe ist „Good Work“. Ist dies auch in der Theaterwelt ein Thema oder könnte es werden? Haben Sie selbst Vorstellungen oder Vorschläge,

Gute Arbeit – als Utopie gemeint?  Ja? Ist das gemeint? Im besten Fall ist das Theater ja so ein Ort: ein Ort der Zusammenkunft sehr unterschiedlicher Menschen, mit unterschiedlichen Träumen und Wünschen und Tätigkeiten und Fähigkeiten. Vereint sind alle, um abends eine gute, inspirierte Aufführung zu zeigen. Das ist schwer genug, wie wir wissen. Und nicht alle denken dasselbe. Das gilt es respektieren, und gut zu organisieren natürlich.

MENSCH

Was verbindet Sie, abgesehen von wiederkehrenden Auftritten bei den Maifestspielen, heute noch mit Wiesbaden?

Meine Mutter lebt hier, mein Bruder. Mein Vater und seine Eltern sind hier begraben – das allein bringt mich immer wieder hierher. Nach Biebrich. Aber zu Wiesbaden hatte ich als Heimat schon immer ein eher schwieriges Verhältnis, ich bin zwar gerne hier, aber gleichzeitig will ich auch immer schnell wieder weg. Als junger Mensch war es mir hier immer zu eng, zu klein, und zugleich liebe ich viele Ecken in der Stadt und in den Wäldern, die mich erinnern an meine Kindheit und Jugend. Der Rabengrund ist so ein Ort, oder das Bergkirchenviertel, da lebte früher mein bester Freund.

Im September werden Sie wieder in Wiesbaden sein und im Literaturhaus Siegertexte des Wettbewerbs „Meine Walhalla-Geschichte“ lesen. Haben Sie selbst eine Walhalla-Geschichte?

Ich erinnere mich an erste Küsse dort. Und an rührende Langnese-Verkäuferinnen, an Tagen, wenn man dort nur zu dritt oder siebt im Kino saß, und die trotzdem unverdrossen ihre Runde machten.

Wer hat/te den größten Einfluss auf Sie im Leben?

Mein Bruder.

Was macht Sie glücklich?

Meine Kinder.

Wie wichtig ist Ihnen Geld? Wofür geben Sie zu viel Geld aus, für was fehlt Ihnen das Geld?

Hotels.

sensor präsentiert das „Der Geizige“-Gastspiel des Thalia Theater Hamburg mit Jens Harzer in der Titelrolle. Die Vorstellung am Donnerstag, 18. Mai, um 19.30 Uhr im Großen Haus ist schon seit langem restlos ausverkauft. Wir verlosen 3×2 Freikarten: Mail bis Mittwoch, 17. Mai, 10 Uhr an losi@sensor-wiesbaden.de –

(Insider-Tipp: THE WALLSTONES Rock n Roll… im Anschluss an die Vorstellung am 18. Mai „gegen 22.37 Uhr“ im Foyer des Großen Hauses im Staatstheater Wiesbaden – mit  Gesang: Hanno Friedrich, Gitarre: Paul Simon, Posaune. Bjarne Gedrath, Schlagzeug: Lukas Schrenk, … )