„UPDATE 15.12.: Mitteilung des Konzertveranstalters: Aufgrund unvorhergesehener kurzfristig aufgetretener organisatorischer Probleme muß das für den 18. Dezember 16 um 17.00 Uhr geplante Gastspiel „Eine weihnachtliche literarisch musikalische Lesung“ mit Klaus Maria Brandauer, Rezitation, und Sebastian Knauer, Klavier, im Christian Zais Saal des Kurhauses Wiesbaden abgesagt werden.Bereits erworbene Karten können an der Konzertkasse, an der sie gekauft wurden, zur Erstattung zurückgegeben werden.“
Interview: Dirk Fellinghauer. Foto: Christof Mattes.
Mit Klaus Maria Brandauer wird einer der unbestritten bedeutendsten Schauspieler deutscher Sprache am 4. Advent in Wiesbaden auftreten. Das 73-jährige Schauspiel-Genie kann mittlerweile auf über 50 Jahre Bühnen- und Film-Präsenz zurückschauen. Der mit nationalen und internationalen Preisen überhäufte Österreicher mit Wohnsitzen in Altaussee, Wien, Berlin und New York ist seit Jahrzehnten Ensemble-Mitglied des Wiener Burgtheaters. Dem ganz großen Publikum ist er natürlich durch seine Welterfolge als Filmschauspieler bekannt geworden („James Bond – Sag niemals nie“, „Jenseits von Afrika“, „Mephisto“, „Oberst Redl“ und viele mehr). Im intimen Christian-Zais-Saal des Kurhauses präsentiert Brandauer am Sonntag, 18. Dezember, um 17 Uhr gemeinsam mit dem 1971 geborenen Pianisten Sebastian Knauer „“Erst 1, dann 2, dann 3, dann 4, dann steht das Christkind vor der Tür“. Im Interview mit sensor-Chefredakteur Dirk Fellinghauer verspricht der Vater zweier Söhne sehr unterschiedlichen Alters (geboren 1963 und 2014) ein überraschendes Programm – und hat außerdem Ratschläge für den Umgang mit Rechtspopulisten und eine Antwort auf die Frage, ob er als Schauspieler gerne Donald Trump verkörpern würde, parat.
Herr Brandauer, Sie treten am 4. Advent mit dem selben Programm gleich zweimal auf – vormittags um 11 Uhr in der Alten Oper Frankfurt, nachmittags um 17 Uhr dann bei uns in Wiesbaden im Kurhaus. Woher nehmen Sie die Energie?
Das ist kein Problem. Es ist für Schauspieler ganz normal, an einem Tag auch zwei Vorstellungen zu spielen. Am Broadway wird die ganze Woche von Dienstag bis Sonntag durchgespielt und am Wochenende immer doppelt.
Wird Frankfurt dann sozusagen die Generalprobe für Ihren Auftritt in Wiesbaden?
Nein, ich bin ja mit dem Programm in mehreren Städten unterwegs. Und außerdem ist sowieso jede Aufführung einzigartig, weil sie ja für das Publikum die Premiere ist. So viel Ernsthaftigkeit muss von meiner Seite schon im Spiel sein, sonst könnte ich es bleiben lassen.
Der Titel „Erst 1, dann 2, dann 3, dann 4, dann steht das Christkind vor der Tür“ klingt so, als ob Sie Ihrem Publikum im Kurhaus einen sehr traditionellen Adventsnachmittag bescheren werden?
Das wird mit Sicherheit nicht traditionell, sondern ich hoffe, eher überraschend und deswegen auch unterhaltsam. Das erste Gebot für alle, die auf einer Bühne stehen lautet: Du sollst nicht langweilen! Aber vielleicht ist das ja auch schon traditionell.
Auf der Suche nach der Stillen Zeit
Ihr musikalischer Partner, der 1971 geborene Pianist Sebastian Knauer, kündigt Stücke von Bach, Mozart, Beethoven und Mendelssohn an – das wiederum klingt nicht gerade nach klassischen Weihnachtsliedern.
Nein, wir möchten eben kein Weihnachtsprogramm mit Mitsinggefahr machen, sondern einladen, ein wenig nachzuspüren, was Weihnachten für einen jeden selbst bedeuten könnte. Darum geht es uns, wir machen uns auf die Suche nach der Stillen Zeit, die findet man nicht an der Oberfläche.
Wie haben Sie und Sebastian Knauer das Programm erarbeitet, wie haben Sie die Stationen und die Route der „literarisch-musikalischen Reise“ ausgewählt?
Wir haben uns gegenseitig Vorschläge gemacht und sind dann schnell bei einer großen Schnittmenge gelandet, aus der dann das Programm entstanden ist. Kleine Änderungen gibt es dann immer noch direkt vor Ort. Wenn man nur zu zweit spielt, bringt das die nötige Konzentration.
Verstehen Sie sich bei diesem Programm auch als „Regisseur“, oder sind Sie und Sebastian Knauer in der Gestaltung gleichberechtigte Partner?
Selbstverständlich sind wir Partner auf Augenhöhe, nur aus dem Grund machen wir das zusammen. Wenn Sebastian Knauer spielt ist für mich nicht Pause und umgekehrt ebenso. Wir arbeiten sehr gern und sehr gut zusammen, das Verständnis für den anderen ist quasi blind.
Advent bei den Brandauers: Unspektakulär und möglichst stressfrei
Wie dürfen wir uns die Adventszeit im Hause Brandauer vorstellen – Adventskranz, Plätzchen, Weihnachtsdekoration … das volle Programm?
Das ist alles eher unspektakulär, so wie bei vielen anderen auch. Ich versuche mich vom allgemeinen Stress nicht anstecken zu lassen, das gelingt mir nach wie vor sehr gut.
Weihnachtszeit ist Spendenzeit. Auch für Sie?
Ich engagiere mich an verschiedenen Punkten und ich möchte alle ermuntern, das auch zu tun und zwar nicht nur zu Weihnachten. Aber für mich ist das eine private Angelegenheit, deswegen rede ich darüber nicht im Detail.
Sind Sie generell ein spendabler Mensch?
Ja, ich glaube schon. Aber Sie werden sicherlich auch jemanden finden, der das Gegenteil behauptet. Auch damit kann ich leben.
Was ist für Sie die wichtigste Weihnachtsbotschaft in der Welt, in der wir heute leben?
Weihnachten ist das Fest der Menschwerdung und der Auftrag an einen jeden von uns ist, damit bei sich selber anzufangen.
Rechtspopulisten: Große Sorge, aber Warnung vor Hysterie
Zu der Welt, in der wir heute leben, gehören auch unangenehme Botschaften, die auf große Resonanz stoßen – die der Rechtspopulisten. Wie groß ist Ihre Sorge mit Blick auf diese Entwicklungen?
Mein Sorge ist groß, aber ich möchte zugleich auch vor Hysterie warnen. Rechtspopulistische Einstellungen gab es immer, nur sind sie nicht in dem Maße nach außen getreten, wie wir das heute erleben. Immerhin eröffnet die Entwicklung der letzten Jahre nun die Chance einer öffentlichen Auseinandersetzung. Die muss man dann allerdings auch führen und zwar nicht nur am Stammtisch.
Ihr Heimatland Österreich ist in gewisser Weise „Vorreiter“ in Sachen Rechtspopulismus. Hier feierte die FPÖ schon Erfolge, als anderswo die politische Welt aus etablierter Sicht noch in Ordnung war. Sind Ihre Landsleute besonders empfänglich für einfache Botschaften?
Ich glaube, es ist eher so, dass Deutschland über lange Zeit die Ausnahme war, weil es hier keine etablierte Rechtsaußenbewegung gab, im Gegensatz zu Frankreich, Belgien, Österreich. Das ist jetzt anders und man muss lernen damit umzugehen. Aber bitte nicht von Österreich, das wäre das falsche Vorbild.
Wie erklären Sie sich, längst nicht nur in Österreich, die Sehnsucht so vieler Menschen nach – vermeintlich – starken Führern?
Die Welt ist komplizierter geworden, es fällt vielen schwer, einen Platz für sich selber zu finden, Zukunftsängste spielen auch eine Rolle. Da ist der Ruf nach einer starken Hand vielleicht ein schneller Ausweg, der führt allerdings in die Irre.
Lohnt es sich, mit Rechtspopulisten zu reden?
Ob es sich lohnt, weiß ich nicht, auf jeden Fall wird man nicht umhinkommen, es zu tun. Stigmatisierung ist auf jeden Fall der falsche Weg. Und die plurale Demokratie kann auch etwas aushalten, wir sollten nicht zu kleinmütig werden.
Prominente Politiker etablierter Parteien unterschiedlichster Couleur fordern nun plötzlich das Ende oder zumindest weniger Rücksicht auf die „political correctness“ – stimmen Sie zu?
Wenn political correctness zum Selbstzweck wird, dann muss man sie nach ihrem Wert befragen, so sehe ich das. In manchen Punkten sind wir sicher über das Ziel hinausgeschossen, auch wenn viele Entwicklungen, die durch diese Bewegung angestoßen wurden, richtig und notwendig waren.
Sie haben auch einen Wohnsitz in New York – der Stadt, aus der der nächste US-Präsident stammt und der Stadt, die zum Zentrum der Proteste gegen genau diesen Mann geworden ist. Wären Sie gerade jetzt gerne dort?
Ich bin sehr gern in New York und werde hoffentlich bald wieder dort sein. Ich bin kein US-Wähler und deswegen würde ich mir auch nicht anmaßen, gegen Donald Trump zu protestieren. Aber ich verfolge die amerikanische Politik mit großer Aufmerksamkeit.
Würde Sie es reizen, Donald Trump als Schauspieler zu verkörpern?
Eher nicht, denn ich müsste ihn ja als kompletten Menschen zeigen, mit allen guten und weniger guten Facetten. Das interessiert mich in diesem Fall – offen gesagt – überhaupt nicht.
Vielen Dank für das Interview.
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Klaus Maria Brandauer & Sebastian Knauer: „Erst 1, dann 2, dann 3, dann 4, dann steht das Christkind vor der Tür.“ Sonntag, den 18.12.2016, 11:00 Uhr, Alte Oper Frankfurt; 17:00 Uhr, Kurhaus Wiesbaden, Christian-Zais-Saal. Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen und bei www.hanseatische-konzertdirektion.de sowie unter der Hotline 0 18 06 – 57 00 16.
Wir verlosen 3×2 Freikarten für die Vorstellung im Kurhaus Wiesbaden: Mail mit Begründung, warum ihr den Adventsnachmittag mit Klaus Maria Brandauer und Sebastian Knauer live erleben wollt, an losi@sensor-wiesbaden.de