Von Nadine Kuhnigk, Fotos Rainer Eidemüller.
Seit 30 Jahren bringt „Rock für Wiesbaden“ die Kurstadt mit Herzblut zum Rocken. Am 3. Dezember findet im Georg-Buch-Haus das große Jubiläumsfestival mit den Bands Pissin´ The Sink, Weiss-Emmrich, Männer Ohne Bart, Acoustic Agency und Schallbrücke statt. Zur Einstimmung auf die Sause stellen wir den Verein in einem Porträt vor.
„Etwa zwei Drittel der Musikgruppen, die bei uns auftreten, haben bei einem kommerziellen Veranstalter keine Chance eines Gastspielvertrages“, sagen die Macher von „Rock für Wiesbaden“. Die Unterstützung genau jener Musiker und die Förderung junger Talente ist die Mission des Vereins, der seit der Gründung rund 320 Konzerte organisiert hat. Es waren kleine, mittlere, große Konzerte, bestens besuchte und weniger gut besuchte, Hallenshows und Open-Air-Festivals – alle komplett ehrenamtlich und ohne gewerbliche Absichten auf die Beine gestellt. Freundschaft und Liebe zur Rockmusik verbindet sowohl die derzeit knapp fünfzig Mitglieder untereinander, als auch den Verein mit den Acts. Das Gemeinschaftsgefühl und das gute Verhältnis zu den auftretenden Musikern kann die Band Schallbrücke nur bestätigen. „Als Band fühlt man sich durch die netten Leute sehr gut betreut. Durch das großartige Engagement der Mitarbeiter herrscht immer eine großartige Stimmung“, berichten die Musiker.
Local Heroes bevorzugt
Eine großartige Stimmung untereinander, aber auch bei den Gigs, liegt den Veranstaltern besonders am Herzen. „Die von uns veranstalteten Konzerte werden von allem und jeden besucht, und jeder soll Spaß haben. Egal wer. Bei uns kommen viele verschiedene Menschen zusammen. Komplett gemischt“, erzählt Dieter Kuffner, der 1. Vorsitzende des Vereins. Er berichtet auch, dass es bei der Auswahl der Bands wichtig sei, dem Publikum eine bunte Mischung der verschiedenen Facetten des Rock zu bieten. „Bei uns kann jeder spielen. Regionale Bands werden allerdings bevorzugt behandelt, sofern wir noch in der Planung sind. An abgemachte Termine halten wir uns immer. Schon immer“, erklärt Kuffner.
„Schon immer“, das sind bereits dreißig Jahre. Der erste Meilenstein wurde 1985 mit der Gründungsversammlung des Vereins gelegt, der schließlich am 9. Januar 1986 eingetragen wurde. Aus Kuffners Sicht hat sich „Rock für Wiesbaden“, der seine Anfänge im heute nicht mehr existierenden Haus der Jugend hatte, über die Jahre und Jahrzehnte stark verändert und weiterentwickelt. Die Motivation, jungen Rockkünstlern zu helfen, sei immer noch die gleiche, aber das Verhältnis der Mitglieder untereinander, sowie die äußeren Umstände ganz andere. Gab es damals noch viele interne Probleme, sei der Verein heute vor allem durch ein starkes Gemeinschaftsgefühl geprägt. Jeder könne kritisieren, natürlich werde auch diskutiert, aber vor allem gebe es im Gegensatz zu früher am Ende Lösungen und keine Vorwürfe. Weiterhin zeigt der Verein heute viel mehr soziales Engagement und kann sogar mit Stolz von ehemaligen Erwerbslosen berichten, die mit ihrer Hilfe wieder in der Arbeitswelt Fuß gefasst haben. Zudem haben die Rock-Fans in der Wellritzstraße ein festes Zuhause inklusive Büro gefunden und können Konzerte im Gemeinschaftszentrum Georg-Buch-Haus veranstalten.
Wechselvolle Vereinsgeschichte
Vorderste Zielsetzung war damals wie heute, Proberäume und Auftrittsmöglichkeiten für unbekannte Musiker zu finden. Im Laufe der Jahre veranstaltete der Verein viele Events. Von kleineren Rock- und Weihnachtskonzerten bis hin zu großen Veranstaltungen wie dem Neroberg Open Air, welches später in der Burg Sonnenberg stattfand. Allerdings musste auch immer wieder mit verlorenen Büroräumen, fehlenden Auftrittsräumen, internen Konflikten und Mitgliederschwund („Das Rekordtief war mit nur noch sieben Mitgliedern erreicht“, ist in der Vereinschronik im Jahr 1992 zu lesen) gekämpft werden. 2006 stand der Verein gar vor dem Aus, als das zweitägige „Area Rock“-Festival in der Reduit WM-bedingt kaum Besucher brachte, dafür aber einen Schuldenberg von 14000 Euro hinterließ. Durch Zusammenhalt und Willenskraft überstand Rock für Wiesbaden e.V. aber alle Krisen. Als bis heute existierendes Problem nennen die Aktiven die sehr geringfügige finanzielle Unterstützung und die Tatsache, dass die Konzerte am momentanen Veranstaltungsort um Mitternacht beendet sein müssen
Für die Zukunft gibt es große Pläne. Ab Anfang des neuen Jahres es freitags Akustikkonzerte mit anschließender Party geben. Außerdem ist beispielsweise geplant, wieder Teil der Kulturtage in Wiesbaden zu sein und die Akustik-Tour im Westend zu organisieren: Verschiedene Bands spielen eine Woche lang in insgesamt vier bis fünf Lokalitäten. Alles in allem sei der Verein offen für sämtliche Veranstaltungen, solange sie „demokratisch sind und Spaß machen“. Das einzige Kriterium, das bei aller Unterschiedlichkeit erfüllt werden muss, gibt das Logo vor: „100% Rock“.