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Editorial September-sensor: Als ich vor ein paar Jahren auf Barbados war …

Barbados_01_(c)_DirkFellinghauer

 

Als ich vor ein paar Jahren auf Barbados war,

liebe sensor-Leserinnen und –Leser, beeindruckte mich vieles und eines ganz besonders: als mir ein Taxifahrer erzählte, wie auf der Karibikinsel Arm und Reich bewusst nebeneinander wohnen, wie Villen neben einfachen Häusern gebaut werden. Man stelle sich das mal für Wiesbaden vor, für diese sozial auf den ersten Blick kaum wahrnehmbar, beim genauen Blick sehr krass geteilte Stadt, in der das Wohngebiet vieles, wenn nicht alles, über den gesellschaftlichen Status der Bewohner verrät. Und wo die konträren Welten seltenst miteinander in Berührung kommen. Wie würde es sich wohl auf das Klima des Zusammenlebens in dieser Stadt auswirken, wenn – sagen wir – im neuen Luxuswohnhochhaus am Kureck ein paar Etagen für Sozialwohnungen reserviert würden?

Wunschdenken, na klar. An diesem Standort sowieso und an vielen anderen ebenso. Umso mehr in einer Situation, wo es überhaupt nur ganz grundsätzlich darum geht, Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen zu bauen. Und wo für Gedanken, die die ganze Materie nur noch komplizierter machen würden, sicher wenig Platz in den Köpfen der Planer, der Politiker, der Investoren, – der möglichen Nachbarn? – ist.

Eine Rechnung, die nicht aufgeht

Worüber sich aber alle Verantwortlichen ganz dringend Gedanken machen sollten, ist die Frage, für wen in Wiesbaden was gebaut wird. Die Stadt Wiesbaden wächst und wird weiter wachsen, und schon jetzt ist Wohnraum Mangelware, bezahlbarer erst recht. „Wenn gebaut wird, dann oft im höherpreisigen Segment. Schon der saftigen Grundstückspreise wegen“, war kürzlich im Wiesbadener Kurier zu lesen. Und weiter, dass laut einer Bertelsmann-Studie in Wiesbaden nur 32 Prozent aller angebotenen Wohnungen bei Kauf und Miete für Familien mit niedrigen oder mittleren Einkommen erschwinglich seien, obwohl mindestens zwei Drittel der Wiesbadener zu dieser Einkommensgruppe gehören. Ich war in Mathe eine Niete, aber dass diese Gleichung nicht aufgeht, verstehe sogar ich.

Damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich habe gewiss nichts gegen das gute Leben und neide auch niemandem seinen Luxus. Bedenklich und ja, auch gefährlich, wird es erst, wenn über die eigene glückliche Situation das Bewusstsein für weniger Privilegierte flöten geht. Wie man privilegiert leben und sich dabei Gedanken machen kann, wie wir alle und auch jene, die weniger privilegiert sind, künftig besser leben können, zeigt eine besondere WG, die wir für „So wohnt Wiesbaden“ besucht haben.

Als ich vor ein paar Monaten in Rotterdam war, beeindruckte mich auch vieles und einer ganz besonders: Winy Maas. Wie der Architekt Wohnen und Bauen und Leben ganz neu denkt und was das mit Wiesbaden zu tun hat, lesen Sie im September-sensor.

In der sensor-Sommerpause hat sich nicht nur in der weiten Welt unendlich viel, leider vor allem Grausames, getan (Falk Fatal fasst es in dieser Ausgabe in seiner Kolumne zusammen), sondern auch, glücklicherweise viel Erfreuliches, in der Wiesbadener Welt. Auch davon lesen Sie in diesem sensor.

Dirk Fellinghauer – sensor-Hausmeister

PS

_ Auf bisher keines meiner bisher über vierzig sensor-Editorials habe ich – in Mails, Anrufen, Begegnungen, Facebook-Kommentaren – so viel Feedback, und zwar durchweg zustimmendes, bekommen wie auf mein letztes zum Thema „Nein, wir reden nicht mit der AfD“. Für den wohltuenden Zuspruch herzlichen Dank!

_ Sehen wir uns bei der Ausgabe No. 13 von „Der visionäre Frühschoppen“ am Sonntag, 25. September, um 12 Uhr im Walhalla?