„Der Klimawandel wird in den Städten entschieden.“ Mit dieser Erkenntnis will die Stadt Wiesbaden ihre Bürger:innen dazu motivieren, aktiv zum Schutz des Klimas beizutragen. Und führt dazu sogar eine eigene neue Währung ein: gefahrene Fahrradkilometer.
Im Rathaus ist das Thema nun sogar Doppel-Chefsache: OB Gert-Uwe Mende und Umweltdezernent Uwe Kowol gaben genau dort heute den Startschuss für die neu aufgelegte Kampagne „Frischer Wind für Wiesbaden – Unsere Stadt. Unser Klima. Unsere Verantwortung.“
Die Kampagne gibt konkrete Tipps für mehr Nachhaltigkeit und informiert über die finanzielle Unterstützung für mehr Klimaschutz beim Bauen, Sanieren und Wohnen.
Wechselkurs-Hausnummer: 10 km = 1 EUR
Eine besondere Motivation zum Klimaschutz das völlig neue Programm zur Förderung des Fahrradverkehrs: Mit der App „DB Rad+“ können Wiesbadener künftig ihre geradelten Kilometer gegen Belohnungen eintauschen, bei Partnern aus Gastronomie und Einzelhandel oder auch bei kulturellen Einrichtungen. „Einen Espresso, bitte“ – „Macht 15 km“ oder „Ein Stück Kuchen“ – „30 Kilometer, bitte“ können künftig Dialoge in Wiesbadener Cafés und Geschäften sein. Oder soll es ein Eintritt ins Museum sein? Gibt´s für 60 Kilometer. 1 Euro für 10 Kilometer soll die ungefähre Wechselkurs-Hausnummer sein. „Es ist Zeit zum Umlenken“ lautet die Kapitelüberschrift in der handlichen Broschüre zur Kampagne. Und so wird Radfahren – für erst mal zwei Testjahre – zur neuen Währung.
Unterstützung für Gastronomie und Einzelhandel
Unternehmen, Initiativen und Institutionen können sich auch nach dem Start der breit und langfristig angelegten Kampagne noch beteiligen und kleine oder große Belohnungen oder Aktionen zum Programm beisteuern – „nebenbei“ verschafft ihnen das in und nach den derzeit schwierigen Zeiten Sichtbarkeit und Frequenz. Auch die Stadt selbst belohnt das Radfahren, indem sie mit ihren Partnern beim Erreichen bestimmter Kilometer-Meilensteine Infrastruktur-Maßnahmen umsetzt. So wird zum Beispiel für die ersten 25.000 kollektiv geradelten Kilometer eine öffentliche Fahrrad-Reparatur-Station eingerichtet. Geplanter Standort ist der Hauptbahnhof. Eine mögliche weitere Meilenstein-Belohnung ist noch offen – „Vorschläge willkommen“. Noch offen ist auch, das ESWE-Verleihsystem „meinRad“ in die Kampagne zu integrieren. „Das wird noch geprüft“, sagte Dezernent Kowol auf Nachfrage.
Autofreier Sonntag
Zum Abschluss der Kampagne soll es im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche am 19. September sogar einen autofreien Sonntag in Wiesbaden geben. „So wie in Paris und London“, bemerkte Roland Petrak vom Umweltamt als Ansporn, diesen Traum in Wiesbaden wirklich wahrzumachen.
Der Schutz des Klimas ist die drängendste Aufgabe unserer Zeit und auch für die Stadt Wiesbaden ein zentrales Anliegen, betonten bei der Kampagnenvorstellung im Rathaus alle Beteiligten. Die Stadt unterstützt die Forderung des Pariser Klimaabkommens, die Erwärmung des Weltklimas auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. „Die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung hat aus diesem Grund im Jahr 2019 den Aufruf der Vereinten Nationen vernommen und den Klimanotstand ausgerufen“, erinnerte OB Gert-Uwe Mende: „Durch unser lokales Handeln und durch jeden kleinen Schritt im Alltag tragen wir etwas zur globalen Entwicklung bei. “
Klimaschutz-Netzwerk mit Jugend, Wirtschaft, Gesellschaft knüpfen
Man vernetze sich auch mit Jugendparlament, Fridays For Future und dem Stadtjugendring, mit den städtischen Gesellschaften, aber auch der IHK und Vertretern der Wirtschaft. Besonders gut gefallen habe ihm der für ihn neue Begriff – „unsere Stadt enkelfähig machen“ – gefallen.
Die Neuauflage der Kampagne „Frischer Wind für Wiesbaden – Unsere Stadt. Unser Klima. Unsere Verantwortung.“ wird wieder von der Agentur Scholz & Volkmer im Auftrag des Umweltamtes realisiert, mit Motiven der international bekannten Illustratorin Teresa Sdralevich. In den vergangenen Jahren riefen die auffälligen Plakate zur Verbesserung der Luftqualität auf. Jetzt, in neuem Look, deckt die Kampagne – Kostenpunkt 107.000 Euro, 92.000 Euro davon mit Landeszuschüssen finanziert – alle wichtigen Handlungsfelder des Klimaschutzes in Wiesbaden ab: Mobilität, Energie, Ernährung, Bauen und Wohnen, Konsum und Wirtschaft. Die Idee der Kampagne ist, den Klimaschutz nicht nur mit Tatkraft und schon gar nicht mit Zeigefinger, sondern auch mit Spaß anzugehen, erklärte Agenturchef Michael Volkmer. Die Maßnahmen seien kein Verzicht, sondern ein globaler wie persönlicher Gewinn: „Man tut sich selbst einen großen Gefallen“.
Umfassende Informationen über alle Maßnahmen und Handlungsfelder, auch über Förderprogramme (Wärmedämmung, Solaranlagen oder Dachbegrünung), sind auf der Internetseite wiesbaden.de/klima aufbereitet.
(Dirk Fellinghauer / Bilder Umweltamt/Scholz & Volkmer/Teresa Sdralevich)