Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).
Das Wetter hielt, die Stimmung war bestens. Geschätzt 420000 Menschen kamen zum großen Fastnachtssonntagszug der Dacho, bei dem sich rund 210 Zugnummern entlang der 4,5 Kilometer langen Zugstrecke schlängelten. Etwa 5500 Teilnehmer – auf und in Wagen, zu Fuß, auf Pferden, in Kutschen – sorgten für ein kunterbuntes Bild auf der Strecke, Hunderttausende überwiegend bunt und oft originell kostümierte Zuschauer jeden Alters für eine fröhliche Kulisse an der Strecke. Von den üblichen Schnapsleichen und vereinzelten Folgeerscheinungen des kollektiven Suffs abgesehen, blieb es nach Polizeiangaben friedlich. Nachdem die „Zugente“ durch war und die fleißigen ELW-Trupps, die für ihren Einsatz manchen Extraapplaus ernteten, die Strecke direkt wieder von den durch den Umzug produzierten Müllbergen befreit hatten, feierten die Massen maßlos weiter uff´ de Gass´, in den Kneipen der Altstadt und vereinzelt auch außerhalb des Zentrums.
„Es ist wirklich geglückt, Wiesbaden noch immer verrückt“, hieß das diesjährige offizielle Kampagnenmotto, das sich natürlich trefflich auf die aktuellen Geschehnisse der Wiesbadener Stadtpolitik übertragen lässt. Einige der Akteure waren beim Umzug live auf den Wagen dabei, andere als Pappmaché-Figuren auf Motivwagen, allen voran „Dreckschleuder“ Ralph Schüler. Weitere Motivwagen nahmen zum Beispiel den maroden Zustand des „Eswe-Bads“ oder jenseits der Stadtpolitik „Flinten-Uschis“ Gorch Fock-Debakel und den Brexit aufs Korn.
Von den Wagen herab und aus den Fußgruppen heraus warfen die Aktiven ohne Unterlass Massen an vielem, was Kindern und Umwelt gleichermaßen schadet – Zuckerhaltiges oft minderwertigster Qualität und Verpackungs- und Plastikmüll vom Feinsten. Diese unangenehme und eigentlich völlig überholte Begleiterscheinung der Fassenacht ist natürlich kein Wiesbaden-spezifisches Problem. Wie cool aber wäre es denn, würde von Wiesbaden aus mal eine „Weniger ist mehr“-Initiative ausgehen, diesbezüglich wenigstens mal ein wenig umzudenken.
Kitas und Schulen können hier übrigens dezent nachhelfen und bei den Kids Bewusstsein schaffen und schärfen. „Komm, Papa, wir sortieren die Sachen aus, die nicht dieses Zeichen haben, von denen wir neulich in der Schule erzählt bekommen haben“, meinte beim Zug ein kleiner Junge zu seinem Vater, als die Süßigkeiten nur so niederprasselten. Dieser musste seinem Sohnemann erklären, dass dann – gemeint waren Öko- und Fair Trade-Label – von dem Geworfenen leider nicht viel beziehungsweise gar nichts für ihn übrig bleiben würde. Dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeitsaspekte auch in der Fastnacht ein dreifach kräftiges „Genau!“, „Genau!“, „Genau“!.
Das große sensor-Fotoalbum vom Fastnachtssonntagszug 2019 findet ihr hier.
“Genau”! gilt für das ganze Jahr, nicht nur für die Fassenacht!