Direkt zum Inhalt wechseln
|

Frauen wedeln mit ihren High Heels beim Dampfbad mit Jan Delay – Ball des Sports in neuer Location

jandelay_balldessports_wiesbaden

 

Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).

Einlassstopp bei der Mitternachtsshow wegen Überfüllung – das gab´s wohl noch nie beim Ball des Sports.  Bei der 45. Ausgabe der Benefizgroßveranstaltung am Samstagabend war es soweit. Der Grund war nicht mal der Stargast, Jan Delay, auch wenn dieser mit seiner formidablen Band eine famose Show hinlegte und das Publikum mühelos zum Ausrasten brachte. Der Grund war vor allem die neue Location. Weil der langjährige Austragungsort Rhein-Main-Hallen derzeit abgerissen wird, fand der Ball erstmals im und vor dem Kurhaus statt. Und da ging es nun mal um einiges enger und kuscheliger zu. Und in den Zais-Saal, wo der Hamburger seine Mitternachtsshow abbrannte, passten einfach nicht alle auf einmal rein. Ingesamt feierten rund 1600 Gäste, darunter einiges an Prominenz aus Politik, Wirtschaft und natürlich Sport, den Ball des Sports in bester Laune bis weit in den Sonntagmorgen hinein.

Los ging es schon am frühen Abend mit der Vorfahrt der Limousinen unter dem Dach, das Kurhaus und die temporäre Halle auf dem Bowling Green verband. Zaungäste und Autogrammjäger verfolgten das Geschehen recht enttäuscht, weil sie anders als bei den Rhein-Main-Hallen stark auf Distanz gehalten wurden und hautnahe Begegnungen mit den Prominenten nicht möglich waren. In der temporären Halle gab es hingegen viele „Ahs“ und „Ohs“ und Worte voll des Lobes, wie es den Machern gelungen ist, hier einen Ort für „Zelten 3.0“, wie es Moderator Johannes B. Kerner formulierte, zu schaffen. Im gewohnt feierlichen Ambiente bekamen die Gäste gewohnt feines Essen – Gambas auf Steinfrucht, Rinderschulter auf Trüffelrösti sowie Schokoladentörtchen mit Himbeer-Champagnersüppchen – und ein beeindruckendes athletisches Showprogramm unter dem Motto „Arena der Gipfelstürmer“ serviert.

Während einige Journalisten im vom eigentlichen Ballgeschehen zunächst abgetrennten Pressezentrum eifrig in ihre Laptops hackten, um topaktuell zu berichten, was so geschieht – sei es fürs Internet oder für die Ballzeitung, die in diesem Jahr vom Wiesbadener Kurier erstellt und druckfrisch noch in der Nacht verteilt wurde – nutzten andere Kollegen die „Wartezeit“, um sich schon mal ein paar Bierchen zu genehmigen. Bei wohl wenigen Anlässen verbindet sich für Journalisten das Angenehme, das fröhliche Mitfeiern, mit dem Notwendigen, der Berichterstattung, so vortrefflich wie beim Ball des Sports.

DSC_0074

Wir machten es uns bald in der Playboy-Lounge bequem und trafen dort Ex-OB Achim Exner, der den Termin noch kurz vor seinem Rückflug am Montag in seine karibische Wahlheimat mitnahm. „Ich war der einzige Oberbürgermeister, über den jemals im Playboy berichtet wurde“, erzählte er uns und schob lachend nach: „Und ich musste mich nicht dafür ausziehen“. Dass er sich in Gesellschaft schöner Frauen wohlfühlt, ist bekannt, auch wenn er sich bei uns beklagte: „Früher, wenn ich in Wiesbaden durch die Fußgängerzone gelaufen bin und ein nettes Mädchen gesehen habe, hatten wir sofort Augenkontakt. Heute starren alle nur auf ihre Smartphones“. Der begnadete Geschichtenerzähler berichtete uns auch, wie er es seinerzeit schaffte, den Ball des Sports nach Wiesbaden zu holen. „Der damalige Sporthilfe-Chef Josef Neckermann erlitt im Ratskeller einen Herzanfall, ich habe ihn dann mit meiner Kastenente ins Krankenhaus gefahren.“ Auch wenn sich herausstellte, dass Chef Neckermann gar nicht über die Vergabe der Veranstaltung zu entscheiden hatte, sondern der Schatzmeister der Sporthilfe, hatte Exner einen Stein im Brett und schaffte es, das glamouröse Ereignis nach Wiesbaden zu holen. „Ich hatte die stärkere Leber“, verriet er, was in der Verhandlungsnacht den letzten Ausschlag gab, dass der Ball von Mainz nach Wiesbaden umzog.

Durchgeschwitzt und voller Witz: Mitternachtsshow mit Jan Delay

Wer Jan Delay zum Ball des Sports geholt hat, ist nicht bekannt.  Dass der Hamburger Näselmusikant eine gute Wahl war, zeigte sich bei der Mitternachtsshow nach wenigen Minuten. Er verwandelte den Saal, in dem er auftrat, in Nullkommanix in ein Dampfbad, auch sein eigenes Hemd war schnell komplett durchgeschwitzt. Er forderte gegen Ende der etwa einstündigen Gute-Laune-Show alle im Publikum auf, mit etwas zu wedeln – manche Ladies wählten kurzerhand ihre High Heels, um seiner Aufforderung Folge zu leisten. Er machte sich mehrfach und spürbar genüsslich lustig, dass im anderen Saal die Big Band der Bundeswehr spielte. (Er kehrt in Kürze zurück nach Wiesbaden: zu Konzerten am 9. und 10. März im Schlachthof). Ebenfalls im anderen Saal, dem großen Thiersch-Saal, der an diesem Abend durch die Gestaltung mit jeder Menge Ständen und Treppen neben der Bühne plötzlich ganz klein wirkte, spielte Andy Rühl eine Udo-Jürgens-Hommage. Mit den Songs des verstorbenen Entertainers brachte er die Ballgäste nicht nur zum Schwelgen, sondern auch zum Tanzen.

Flatrate-Schampus und All-inclusive-Trüffel – leider nicht von Lafer

Speisen- und getränketechnisch wurden die Ballgäste, die in der Regel über 1000 Euro für den Abend hingeblättert haben und damit der Sporthilfe einen Benefiz-Reinerlös von 750000 Euro beschert haben, wie stets aufs Feinste verwöhnt mit Flatrate-Champagner, All-inclusive-Trüffel und allerlei weiterer Köstlichkeiten. Wobei: die kulinarische Welt von Johann Lafer, der dem Vernehmen nach wegen seiner Steuerprobleme ausgeladen wurde, wurde schon von vielen vermisst. Nicht nur, weil es bei ihm immer ganz besonders lecker war, sondern auch, weil es bei ihm immer ganz besonders gesellig zuging und seine Stände immer ein beliebter Treff-und-Wiederfind-Punkt war. Man darf davon ausgehen, dass eine Mehrheit unter den Ballgästen durchaus Verständnis für die eine oder andere Steuer-Ungenauigkeit haben dürfte und ihnen die Präsenz des Promikochs ganz und gar nicht übel aufgestoßen wäre.

Beliebt wie immer war die Bilfinger Cigar Lounge, für die gerade mal eine Wahnsinnsbar in den Wintergarten gezaubert wurde, und in der naturgemäß richtig dicke Luft herrschte. Mittendrin saß und qualmte auch Ministerpräsident Volker Bouffier, der als amtierender Bundesratspräsident auch ranghöchster Ballgast war. Von der Bundesregierung ließ sich diesmal anders als sonst niemand blicken, dafür waren einige Landesminister vertreten und mit der Bundestagsabgeordneten Kristina Schröder immerhin eine Bundesministerin a.D. Auch die prominenten Dauergäste Veronica Ferres und Roberto Blanco fehlten. Fröhlich mitgefeiert hat hingegen wieder OB Sven Gerich mit seinem Mann Helge, auch Wirtschaftsdezernent Detlev Bendel stürzte sich ins Ballgetümmel.

Ein Auto, das es noch nicht gibt, und jede Menge Edel-Nippes bei der Tombola

Eine absurde Szenerie bot wie stets die Tombola. Klar, so ein 87.000-Euro-Mercedes CLA 45 AMG Shooting Brake, den es eigentlich noch gar nicht gibt, als Hauptpreis abzuräumen, das hat schon was. Aber was die Ballgäste, von denen sich ein Großteil wohl so ziemlich alles leisten kann, davon haben, Kaffemaschinen, Unterwäsche oder Brotmesser vom Ball mit nach Hause zu schleppen, muss man wohl nicht verstehen.

Fest für alle in der temporären Halle?

Apropos nicht verstehen: Viele Wiesbadener verstehen auch nicht, warum so ein Ereignis, das sich die Stadt eine knappe halbe Million Euro kosten lässt und das für „das Volk“ einige Unannehmlichkeiten wie gesperrte Straßen und umgeleitete Busse mit sich bringt, überhaupt in unserer Stadt stattfinden muss. Sie werden sich damit abfinden müssen, denn zumindest für die nächsten Jahre bleibt das Ereignis der Stadt erhalten – vielleicht auch mal mit Annehmlichkeiten für „das Volk“. OB Sven Gerich sagte der Kurier-Ballzeitung: „Ich kann mir gut vorstellen, dass die für den Ball errichtete Halle im kommenden Jahr ein paar Tage länger stehen bleibt, um als Stätte eines städtischen Festes zu dienen.“

Shuttleservice ärgert Taxifahrer

Das Schild „Auf Wiedersehen beim Ball des Sports am 6. Februar 2016“ verabschiedete die Gäste zum natürlich inklusiven Shuttleservice in edlen Limousinen und Kleinbussen, über den sich wohl niemand so sehr ärgert wie die Wiesbadener Taxifahrer. Der Taxifahrer, der uns durch die Wiesbadener Nacht nach Hause fuhr, schimpfte: „Die machen uns das letzte Geschäft kaputt. Das hätte es bei den Mainzern nicht gegeben, aber den Wiesbadener Politikern ist alles egal.“

Gespannt sein darf man, ob die Gäste nach Fertigstellung der Rhein-Main-Hallen überhaupt wieder an den ursprünglichen Ort „zurückziehen“ wollen. Beim traditionellen „Enten-Frühstück“ im Nassauer Hof wurde am Sonntag Vormittag vielleicht auch über diese Frage diskutiert.

Hier geht es zum sensor-Fotoalbum „Der Ball des Sports in 100 Bildern“.