Von Anja Baumgart-Pietsch, Fotos Kai Pelka.
Renna Deluxe heißt natürlich weder Renna mit Vornamen noch Deluxe mit Nachnamen, sondern Christiane Hübner. Aber der Name hat schon etwas mit ihr zu tun: Studienkollegen hatten sich solche „Decknamen“ gegeben, als sie einen gemeinsamen Motorradclub hatten. Das ist lange her, aber der Name hat ihr gefallen und sie ist ihm treu geblieben, sagt die Designerin, die im „StartBlock“ in der Homburger Straße seit einiger Zeit ihr Domizil gefunden hat. Zwischen kleinen IT’lern und städtischen Dienststellen ist sie hier die einzige „echte“ Kreative. Die Möglichkeit, diesen städtischen Raum zu günstigen Bedingungen zu mieten, findet sie sehr praktisch.
Christiane Hübner liebt die Reduktion, so steht es auch gleich als Erstes auf ihrem Marktplatz bei Dawanda. Deswegen ist ihr Büro-Atelier-Arbeitsplatz auch sehr aufgeräumt. Einige besonders schöne Stücke stehen und liegen wie zufällig herum: Ein Lampenstativ im Vintage-Industrie-Look, kleine Kulturtäschchen in zarten Farben mit Monogramm, eine weihnachtliche Papiergirlande mit Buchstaben. Papier ist eines der bevorzugten Materialien von Christiane Hübner: „Klassisches Upcycling“ nennt sie das, was sie zum Beispiel aus alten Büchern, Landkarten oder Noten macht. Weihnachtsschmuck der ganz anderen Art, kleine Mäppchen aus Seiten eines alten Schulatlas, in denen sich beispielsweise Geld oder Tickets stilvoll verschenken lassen, Tiersilhouetten als Dekoration.
Die Sachen sind einfach und gerade dadurch bestechend schön. „Angefangen habe ich mit Stoff“, sagt „Renna“, der nach eigener Aussage die Kreativität in die Wiege gelegt wurde: Die Mutter war Künstlerin, der Vater Ingenieur, es gab ein Atelier, in dem auch sie und ihr Bruder oft als Kinder „was gemacht“ haben. „Kanzashi“ sind traditionelle japanische Haarschmuckblüten, die Christiane Hübner auf einer Reise nach Japan an den Frisuren der Geishas bewunderte. Sie hat sie hier nachgemacht – als Broschen. Denn bereits, als die studierte Architektin und Produktdesignerin noch mit ihrem Lebensgefährten eine Agentur betrieb, „war Renna Deluxe meine Spielwiese. Ich gehe ja nicht abends nach Hause und habe keine Ideen mehr“, beschreibt sie ihre überbordende Kreativität. Die Kanzashiblüten kamen gut an, sie schrieb auch Bücher über die Technik. Jetzt macht sie sie nicht mehr.
Auf Kanzashi folgt Shibori: Japan bleibt ein Thema
„Die Sachen kommen und gehen“, sagt Hübner. Japan ist aber immer noch ein Thema: Jetzt in Form von „Shibori“. Das ist eine spezielle Batiktechnik, mit der man – im Unterschied zum herkömmlichen Batiken – gezielt bestimmte Muster erzeugen kann. Auch darüber gibt es ein Buch von Christiane Hübner, das wunderschön ausgestattet ist. Man möchte am liebsten gleich loslegen (braucht aber viel Geduld dazu!). Ein weiteres wiederkehrendes Thema: „Ich liebe Buchstaben“, sagt Hübner, auch das kommt aus ihrer Familie: Der Opa war Buchhändler. Die Vogelsilhouetten sind manchmal mit alten Buchseiten in Frakturschrift bezogen, alte Bücher liegen haufenweise in den Atelier-Regalen. Papier und Buchstaben faszinieren die Designerin, die knickt, druckt, faltet, tüftelt und die schönsten Dinge daraus entstehen lässt: „Ob deutsch, japanisch, amerikanisch oder vintage Papiere, Reispapier, Graupappe, Kraft, Bütte, Baumwolle oder Zeitung, Landkarte, Seekarte – ich mag die Haptik und die unterschiedlichen Eigenschaften.“
Arbeitest du noch, oder meditierst du schon?
Das Arbeiten mit den Händen sei für sie Meditation und Entspannung, beschreibt Hübner. „Ich komme dabei so gut runter.“ Dafür stickt sie auch mal kleine Insektenmotive oder Wörter in Stickrahmen, bestempelt liebevoll in Handarbeit ihre Girlandenketten. „Ich könnte sie ja auch drucken lassen. Aber so sieht wirklich jeder gestempelte Buchstabe anders aus.“ Einen Showroom oder einen Laden hat „Renna deluxe“ nicht. Will sie auch nicht: „Mein Vertrieb läuft fast zu hundert Prozent über das Internet.“ Sie brauche ihre Zeit für Entwurf und Produktion, denn sie macht tatsächlich so gut wie alles selbst. Nur für Metallarbeiten habe sie Produktionspartner – in Wiesbaden, denn auch das ist ihr wichtig. Wer nicht bei Dawanda oder Etsy nach ihrer Kollektion schauen möchte, kann im StadtStück in der Goldgasse fündig werden. Oder sich vom KiezKaufhaus beliefern lassen: „Ein paar ausgewählte Sachen habe ich auch dort, ich finde die Idee so toll“, sagt Hübner. Ganz selten geht sie auch mal auf Messen oder Märkte – in nächster Zeit aber nicht in der Nähe: Bei unserem Besuch packt sie gerade für Brügge. „Ich muss mit meiner Zeit haushalten“ – damit weiter so schöne Dinge entstehen können.