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Gute Unterhaltung mit dem Krieg: Wiesbadenerin will beim „East West Talent Lab“ überzeugen

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Von Hendrik Jung. Fotos Snezana Arsenovic.

„goEast“ bringt wieder spannende Filme aus Mittel- und Osteuropa in die Stadt, darunter eine Weltpremiere zur Situation in der Ukraine. Neu ist  das „East-West Talent Lab“. Die Wiesbadenerin Ira Konyukhova will dort mit ihrem „Casting für eine Kriegsreportage“ überzeugen.

„Sogar Fernsehnachrichten werden mittlerweile als spannende Unterhaltung gemacht. Und am spannendsten sind Kriegsreportagen“, findet die in Wiesbaden lebende Ira Konyukhova. Aus dieser Erkenntnis heraus ist ihre Idee für das Filmprojekt „Casting für eine Kriegsreportage“ entstanden, das sich auf drei Ebenen abspielen soll. Zum einen auf der Kriegsebene, die jedoch ohne Bilder realisiert werden soll. „Starke, dramatische Bilder und Musik wirken immer. Das ist mir zu einfach. Da kann man weiter denken“, betont die Studentin der Kunsthochschule Mainz. Die zweite Ebene soll das Casting darstellen, innerhalb dessen die Kriegsgeschichte durch die Regie beeinflusst und korrigiert wird. Handlung soll vor allem auf der dritten Ebene stattfinden, in der es um das persönliche Leben eines Darstellers geht, der auf seinen Einsatz beim Casting wartet. Wenn es Ira Konyukhova gelingt, im Rahmen des Festivals mit dieser Projektidee eine Fachjury zu überzeugen, könnte sie beim neu geschaffenen „goEast Development Award“ 3.500 Euro für die Realisierung gewinnen. Um das zu schaffen, wird sie im Team mit einem Produzenten oder einer Produzentin aus Mitteleuropa in Experten-Workshops lernen, wie man ein solches Projekt am besten präsentiert, um das Gelernte später vor der Fachjury einzusetzen.

„Für die erste Ausgabe haben wir den Fokus auf Teilnehmer aus dem Rhein-Main-Gebiet und aus Mitteleuropa gelegt. Wir haben Fachleute aus Tschechien, der Slowakei und Polen, die die Förderstrukturen in diesen Ländern vorstellen werden“, erläutert Festivalleiterin Gaby Babic. Das zweite Standbein des „East-West Talent Labs“ ist ein Experimentalfilm- und Videokunstwettbewerb, dessen Sieger mit dem „Open Frame Award“ in Höhe von 5.000 Euro ausgezeichnet wird. „Das ist spannend für uns, denn wir wissen nicht, ob es sich um eine Arbeit handelt, die dann als Installation im Nassauischen Kunstverein gezeigt wird oder um einen Film, der im Caligari ausgestrahlt wird“, betont Gaby Babic.

Öffnung schafft Vielfalt

Durch die Öffnung des bisherigen Hochschulwettbewerbs für Künstler möchte sie eine größere Vielfalt in den Ausdrucksformen erreichen. Programmatisch passt dazu das diesjährige Symposiums-Thema, das sich mit der Polnischen Neuen Welle in den 60er- und 70er Jahren auseinander setzt. „Das war gewagter und offener als das, was man heute so sieht“, findet die Festivalleiterin. Brandaktuell ist hingegen ein Episoden-Dokumentarfilm aus der Ukraine, der außer Konkurrenz im Wettbewerbsprogramm des Festivals gezeigt wird. „Ukraine Voices“ vereint die Arbeiten von neun Regisseurinnen und Regisseuren, die unter anderem Einblicke in ein orthodoxes Kosaken-Camp, in das Leben eines urbanen Nomaden sowie von Aktivisten auf dem Maidan vermitteln. Die Weltpremiere am 10. April um 22 Uhr im Caligari ist aber nur einer von zahlreichen Höhepunkten unter den gut 135 Lang- und Kurzfilmen. „goEast ist mein Lieblingsfilmfestival. Die osteuropäischen Filmemacher haben ein ganz anderes Filmgefühl. Ich bin froh, dass ich in dieser Stadt lebe und dabei mitmachen kann“, sagt Ira Konyukhova, die bereits mit ihrer ersten Regiearbeit „1/60“ am Nachwuchswettbewerb teil genommen hat. „Außerdem kommen ganz tolle Regisseure, unter anderem aus Russland, mit denen man Kontakt aufnehmen und sich austauschen kann“, fügt die 29-jährige hinzu, die bis vor fünf Jahren selbst noch in Russland gelebt hat. Durch die Teilnahme am Talent-Lab wird sie diesmal außerdem viele Experten aus dem Bereich Produktion kennen lernen. „Die Idee zu `Casting für eine Kriegsreportage´ hatte ich schon im November, aber ich habe mir gesagt: Nein, noch ein Projekt ohne Finanzierung will ich nicht machen“, betont die Wahl-Wiesbadenerin, die ihren Lebensunterhalt nach Abschluss ihres Studiums als Videokünstlerin verdienen will.

www.filmfestival-goeast.de