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Restaurant des Monats: Zum Kortheuer, Nerostraße 26

Von Jan Gorbauch. Fotos Frank Meißner.

Manuela El Aissaoui (geborene Kortheuer) ist ein echtes Wiesbadener Original. Die Wirtin des Kortheuer in der Nerostraße, von allen nur Elchen genannt, hat immer einen Spruch auf den Lippen. Meistens direkt aus der Küche, oft frech, manchmal laut, aber immer herzlich und vor allem genauso, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Sie ist im Haus in der Nerostraße 32 tief verwurzelt, dort geboren und aufgewachsen. 1987 hat ihr Vater Karl, der im letzten Jahr verstarb, den Gemüseladen im Erdgeschoss zu einer Kneipe umfunktioniert, „in der er bis spät in die Nacht die Puppen hat tanzen lassen“. 2006 kam Elchen dann aktiv dazu und hat den Kortheuer zu dem gemacht, was er heute ist. Und was ist das? „Das sag ich lieber nicht“, sagt Elchen erst laut lachend, aber nachdem ein Gast „Kneipe mit Herz“ dazwischenruft, ergänzt sie dann aber noch mit einem Augenzwinkern: „naja, weniger Trinken, mehr Essen“.

Überbleibsel Wiesbadener Wirtshauskultur

Dabei ist sie spürbar stolz auf eines der wenigen Überbleibsel Wiesbadener Wirtshaus- und Kneipenkultur aus den Achtzigern und Neunzigern. Während rundherum alle alleingesessenen Läden weichen mussten bzw. müssen, hat der Kortheuer Ausdauer. Das Ergebnis: eine ehrlichere und vor allem authentischere Gastwirtschaft wird man in Wiesbaden vermutlich kaum noch finden. Von der Decke hängende Weinrebendeko, Holzstühle und -tische, mit grünem Stoff bespannte Bänke, Sitzkisschen, Geweihe an der Wand, Bierkrüge im Schrank, schummriges Licht – nichts aufgesetzt oder künstlich, sondern über die letzten 30 Jahre gewachsen und gesammelt. Selten war das Wort urgemütlich treffender. Kein Wunder, dass der Kortheuer jüngst auch schon mal als Kulisse für die Serie „Der Staatsanwalt“ dienen durfte.

Elchen selbst steht in der Küche und kocht, klar, richtig leckere deutsche Hausmannskost. Die Karte ist klein und passt perfekt zum Königsbacher vom Fass (das in Deutschland inzwischen eine wahre Rarität ist). Es gibt Handkäs, Rubbelkartoffeln (eine Art Rösti), Strammen Max, Bratwurst und Schnitzel in mehreren Variationen. Besonders beliebt: Knusperschnitzel. Alles natürlich selbst gekocht, darauf legt Elchen als ausgebildete Köchin wert. Saisonale Gerichte wie Spargel im Frühling und Gans im Herbst und Winter dürfen natürlich nicht fehlen, sind aber so beliebt, dass zum Beispiel die Gans (von der es dann jeden Tag drei gibt), für dieses Jahr schon komplett „ausgebucht“ ist.

Alle rücken dicht zusammen

Abgesehen davon gibt es freitags immer Bratfisch (mit Kabeljau frisch von Frickel) und am Mittwoch Kotelett mit frischem Wirsing und das sehr beliebte Tatar (frisch vom Metzger Rembser). Dann rücken sie dicht zusammen im Kortheuer, „jung, alt, Stadtpolitiker, Staatsanwälte, neben sprichwörtlichen kleinen Leuten“, damit jeder einen Platz findet. „Wir sind wirklich eine bunt gemischte, große Familie“ sagt Elchen, „aber Nachwuchs ist immer sehr gern gesehen“.

Zum Kortheuer, Nerostraße 26, 65183 Wiesbaden, 0611/522904

Mo, Di und Do: 17 bis 23 Uhr, Mi und Fr: 12 bis 14 Uhr/17 bis 23 Uhr, Sa: 15.30 bis 22 Uhr

Rezept für Rubbelkartoffeln

2 große Kartoffeln (mehlig), 1 mittelgroße Zwiebel, Petersilie glatt, 100g Dörrfleisch, Salz, Pfeffer, Majoran, 1-2 Eier

Kartoffeln reiben, Zwiebeln und Dörrfleisch würfeln, Petersilie hacken, dann alles mischen. Die Masse in einer gut geölten Pfanne (Ø 28cm) knusprig ausbacken. Die Spiegeleier draufgeben, fertig. Saisonaler Tipp: Pfifferlinge oder Steinpilze in Butter, Dörrfleisch, Zwiebeln und Petersilie anschwitzen und dazu servieren.