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Schlöndorff aus erster Hand – Filmreifes Leben, weltweiter Ruhm: Wiesbaden würdigt Meister-Regisseur

Volker Schlöndorff im Oktober 2021 vor dem Caligari, gemeinsam mit Hans-Peter Reichmann, der die Ausstellung über den Wiesbadener Oscar-Preisträger kuratiert und das begleitende filmische Porträt gedreht hat. Foto: Dirk Fellinghauer

Von Dirk Fellinghauer. Fotos privat.

„Einen wunderbaren Menschen und Macher, der sich seit sechs Jahrzehnten mit größter Hingabe, mit Leidenschaft und Liebe dem Kino widmet“, zeichnete die Deutsche Filmakademie am vergangenen Freitag (12. Mai) in Berlin mit ihrem Lola-Ehrenpreis aus. Wenige Tage nach der Preisverleihungs-Gala, die auch im und „auf“ ZDF übertragen wurde und wird, wird der in Potsdam am Griebnitzsee lebende Regisseur Volker Schlöndorff in Wiesbaden erwartet. Seine Geburtsstadt widmet dem 84-jährigen Oscar- und Goldene-Palme-Preisträger eine besondere Ausstellung.

„Volker Schlöndorff – Von Wiesbaden in die Welt“, heißt diese Schau und würdigt im Bellevue-Saal auf der Wilhelmstraße, begleitet von einem Filmprogramm im wenige Fußminuten benachbart liegenden Caligari, einen, den es früh in die weite Welt hinaus zog und der Wiesbaden doch eng verbunden geblieben ist und bis heute regelmäßig hier auftaucht. Nie einfach so, immer mit gutem Grund und besonderen Anliegen.

Ein Kenner kuratiert die Schau

Diesmal also ist das Anliegen er selbst. Und damit dann doch wieder das, was ihm Lebensanliegen ist: der Film und das Kino.

„Volker Schlöndorffs Leben selbst ist filmreif, ausstellungswürdig ohnehin“ heißt es in der Ankündigung der Schau, die mit Hans-Peter Reichmann einer kuratiert, der – als unter anderem als langjähriger stellvertretender Direktor, Sammlungsleiter, Senior Curator des Deutschen Filmmuseums – nicht nur Film und Kino in- und auswendig kennt, sondern auch Volker Schlöndorff. Schon 1992 besuchte er ihn zuhause, damals in München, berichtet er beim Gespräch im Büro des Wiesbadener Kulturamtsleiters Jörg-Uwe Funk.

Nach der Quintessenz Schlöndorffs gefragt, zählt Reichmann auf: „sehr kommunikativ“, „sehr belesen“, „frankophil“, „intensive Filmbildung“, „politisch engagiert“, und er verweist auf die eindrückliche Liste von Namen, mit denen er bei seinen Filmen zusammengearbeitet habe: „Das ist das Who is Who!“.

Magisches Dreieck, das prägte

Ein zentrales Element der Ausstellung wird ein Film sein, den Reichmann – auf Basis der von ihm sehr empfohlenen Autobiographie „Licht, Schatten und Bewegung“ – über und mit Schlöndorff in Wiesbaden gedreht hat. Im Zentrum des insgesamt 25-Minüters, der im Bellevue-Saal kapitelweise auf sechs großen Screens laufen wird, steht das „magische Dreieck“ in Biebrich zwischen Rhein, Schloss und dem Elternhaus in der Rathausstraße 60, in dem sich auch die HNO-Arztpraxis des Vaters befand.

Kulturamtsleiter Jörg-Uwe Funk freut sich, dass in der Ausstellung Schlöndorff selbst zu Wort kommt und sein Leben und Wirken „nicht aus zweiter Hand“ beleuchtet wird. Aus städtischer Sicht verspricht er sich von der Schau, die Besonderheit herauszustellen, wo Herkunft und Jugend prägend für den Regisseur von Weltruhm waren. Hinweise darauf ließen sich auch in einigen Filmen finden, kündigt Kurator Reichmann an.

Schmökern in Schlöndorffs privatem Sessel

Der eigens gedrehte Film ist in der Ausstellung das eine, das andere sind beeindruckende Exponate, Fotografien, Plakate, Schriftstücke, die an den Wänden und in Boxen gezeigt werden. Ein besonderes Exponat: „Volker Schlöndorff stellt seinen privaten original Lesesessel zur Verfügung“, verrät der Kurator. Besucher:innen sind eingeladen, darauf Platz zu nehmen und zu schmökern – in einem Regal werden Bücher platziert, so die seinen Filmen zugrunde liegenden Romane wie „Die Blechtrommel“, „Homo Faber“, „Tod eines Handlungsreisenden“ oder „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“.

Sicher lässt sich auch in dem die Ausstellung begleitenden Katalog blättern. Auf diesen macht Reichmann neugierig mit der Aussicht auf „eine ganze Reihe von Dokumenten, die bisher noch nicht gezeigt wurden“.

Auch junges Publikum im Sinn

Ziel der Ausstellung ist es, auch ein junges Publikum anzusprechen, betont der Kurator. Helfen soll dabei die moderne Inszenierung der Ausstellung, die wie eine Installation gestaltet werde. Das filmische Begleitprogramm läuft wenige Fußminuten vom Ausstellungsort entfernt – in dem Kino, das Schlöndorff immer wieder als „ein Juwel unter den deutschen Lichtspielhäusern“ anpreist, dem Caligari. Gezeigt und besprochen werden dort nicht nur Werke von Schlöndorff selbst, sondern auch Filme, die ihm wichtig sind.

Die Kontrolle über den Film zur Ausstellung hat der Regisseur Schlöndorff, der darin laut Reichmann neben unzähligen Erinnerungen auch lebensphilosophische Zitate liefert, in der Rolle des Protagonisten abgegeben. „Er hat gesagt, macht mal“, schildert Reichmann, wie sehr Schlöndorff dem achtköpfigen vorwiegend jungen Team vertraut habe. Kleine Tipps hier und da, zum passenden Kamerawinkel zum Beispiel, gab der Meister dann aber doch.

Die Ausstellung „Volker Schlöndorff – Von Wiesbaden in die Welt“ ist – nach Eröffnung und Rathaus-Empfang für Schlöndorff mit geladenen Gästen – ab 19. Mai dienstags bis freitags von 11 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr im Kunstverein Bellevue-Saal bei freiem Eintritt zu sehen.  Im Caligari und im Murnau-Kino läuft ein begleitendes Filmprogramm – hier ist der Regisseur zu Gast bereits am 17. Mai um 20 Uhr („Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach“) sowie am 19. Mai um 17.30 Uhr („Die Faust im Nacken“) und am 15. Juni zu einem Werkstattgespräch und Vorführung von „Die Fälschung“.