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So arbeitet Wiesbaden: Kreativ auf allen Ebenen – Hörmal Kollektiv, Bismarckring

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Von Selma Unglaube. Fotos Heinrich Völkel und Andrea Diefenbach.

„Drinnen ist totale Ruhe und draußen Alarm.“ So beschreibt Niklas Kleber schmunzelnd die Lage seiner Arbeitsstätte. Und tatsächlich: Das Büro liegt überraschend idyllisch im Hinterhof eines Altbaus am belebten Wiesbadener Bismarckring. Den Trubel auf der Straße nimmt man hier nicht wahr. Vor zwei Jahren haben der Musiker und Tontechniker Kleber und sein Jugendfreund, der Illustrator und Kommunikationsdesigner Peter Ederer, dasHörmal Kollektiv gegründet und nach langer Suche die Räumlichkeiten angemietet. „Wegen unserer unterschiedlichen Arbeitsfelder waren wir auf der Suche nach einer speziellen Immobilie“, erklärt Ederer die Entscheidung des Kreativduos. Schließlich galt es, die Bereiche Musik und Gestaltung in Einklang zu bringen.

Nach einiger Modifikation entstand auf über 100 Quadratmeter Fläche ein Büro auf zwei Ebenen, das allen Ansprüchen gerecht wird – mit klassischen Arbeitsplätzen im oberen Eingangsbereich und einem Tonstudio einige Stufen tiefer. In dieser Schmiede produzieren Kleber und Ederer unter anderem Musik und Animationsfilme für das Fernsehen und namhafte deutsche Unternehmen. Zum Kollektiv gehören außerdem die Grafikdesignerin Carolin Schramm sowie der Musiksoziologe und Musiker Tobias Hoffmann von „develoopment“, der für Firmen unterschiedliche Personalentwicklungsmaßnahmen mit Hilfe von Musik anbietet. Jeder im Kollektiv arbeitet grundsätzlich autark, jedoch entstehen durch die „gute Symbiose“, die Hoffmann beschreibt, auch immer häufiger willkommene Kooperationen.

Vorne Büro, hinten Wohnzimmer

Teilweise verbringt das kreative Kollektiv zehn bis zwölf Stunden am Tag zusammen. Klar, dass das loftartige Büro da auch etwas wohnlich eingerichtet ist. So betreten Besucher des „Hörmal-Kollektivs“ zunächst einen normalen Bürobereich, wobei der Perserteppich unterm Schreibtisch doch ungewöhnlich ist. An den Schreibtischen vorbei führt der Weg in den „Wohnbereich“ mit Sofaecke, Couchtisch, Fernseher und Tafel mit schwarzen Eames-Stühlen. An diesem großen Tisch finden seit einiger Zeit regelmäßig die sogenannten „Familen-Früh-Stücke“ statt, zu denen das Kollektiv einmal im Monat morgens um 8 Entscheider jeglichen Alters und unterschiedlichster Branchen zum befruchtenden Austausch einlädt. Die Treffen werden von allen Beteiligten mit Begeisterung angenommen, wie sich an den steigenden Teilnehmerzahlen ablesen lässt. Ein weiterer Eyecatcher im Raum: Das große, rote „N“ einer Leuchtreklame auf dem Boden zwischen Ledersofa und Regal, das Niklas Kleber einst auf dem Flohmarkt erstanden hat.

Kickern macht den Kopf frei

In das tiefergelegte Tonstudio geht es über ein paar Stufen, vorbei an der Kaffeeküche und dem Tischkicker, an dem das Kollektiv allerdings eher schwer vorbei gehen kann. „Das Kickern bietet einen schönen Ausgleich, gerade wenn man kreativ arbeitet und den Kopf frei bekommen möchte“, erklärt Ederer den häufigen Einsatz des Spielgeräts. Dieser wird vor allem von den Männern gerne genutzt. Carolin Schramm hingegen beteiligt sich nach eigener Aussage lieber mit Anfeuerungen an den täglichen Duellen. Für Zerstreuungszwecke stehen dem Kollektiv zwar auch Playstation und Nintendo zur Verfügung, gespielt wurde damit in den letzten zwei Jahren allerdings nie. „Der Kicker hat sich einfach besser angefühlt“, so Kleber.

In Klebers Reich angekommen, stellt man fest, dass es ebenfalls einen gewissen Wohncharakter aufweist. So liegt auch hier ein großer orientalischer Teppich aus, und das Le-Corbusier-Sofa wartet auf Gäste. Highlight: Die am antiken Kronleuchter angebrachte Discokugel. Wären da nicht die vielen Gerätschaften, Boxen, Instrumente und vieles mehr, könnte man glatt vergessen, dass es sich um ein Tonstudio handelt. Insbesondere, wenn man aus den zwei Fenstern des Raumes in die obere Ebene blickt und nur den Wohnbereich sieht. In welcher Ebene auch immer man sich befindet – beim Hörmal Kollektiv fühlen sich auch Besucher sofort wohl, und dazu trägt vor allem die sympathische Arbeitsgemeinschaft bei.

Auch in Wiesbaden wird Arbeitsraum immer mehr zum Lebensraum. Die Menschen richten sich dort, wo sie viel Lebenszeit verbringen, ein – auch wohnlich. In diesem Sinne erweitern wir unsere Rubrik „So wohnt Wiesbaden“ und zeigen künftig im losen Wechsel auch spannende Beispiele für „So arbeitet Wiesbaden“. Ideen, Tipps, Anregungen dazu oder für „So wohnt Wiesbaden“? Mail an wohnen@sensor-wiesbaden.de herzlich willkommen.