Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).
Als Passant traut man seinen Augen kaum, dass das in Wiesbaden möglich ist und Wirklichkeit wird. Eine der hässlichsten und ärgerlichsten Wände der Stadt, der Treppenaufgang von der Schützenhofstraße zur Coulinstraße, verwandelt sich in ein wunderschönes, geniales, traumhaftes Bild. Ein Street Art-Künstler aus Bali hat das Kunstwerk mitten in der Fußgängerzone im Auftrag der Stadt geschaffen, nach mehrtägiger Arbeit wird er das Mural zum Wochenende vollenden.
WD (für Wild Drawing) nennt sich der aus Bali stammende, in Athen lebende Street Art-Künstler, von dem auf der ganzen Welt faszinierende Kunstwerke im öffentlichen Raum zu bewundern sind.
In Wiesbaden wurde er auf Vermittlung von Manuel Gerullis – als Begründer und Organisator des in Wiesbaden gestarteten und weltweit veranstalteten Festivals International Meeting of Styles die Instanz in Sachen Graffiti und Street Art – von der Stadt engagiert, die Wand in der Schützenhofstraße zu gestalten, erzählt WD uns in aller Kürze.
Ausführliche Fragen erbittet der Künstler schriftlich, nicht aus Arroganz, sondern aus Zeitnot. Bis Samstag muss er sein Freiluftwerk – es zeigt Sirona, die keltische Göttin der Heilung – vollenden. Als wir vorbeikommen, malt WD sogar weiter, während er isst – Farbrolle in der einen, Fischbrötchen in der anderen Hand. Er arbeitet in Eile, und doch in aller Ruhe, hochkonzentriert, er zaubert feine Details und hat das Ganze im Blick. Genau so sollten es künftig auch Betrachter:innen machen.
WDs Begleiterin Katerina Karipidou, seine Projektmanagerin, die ebenfalls aus Athen nach Wiesbaden gereist ist, führt uns zu einem bestimmten Punkt in der Schützenhofstraße, von dem aus man das Werk betrachten sollte, um es „richtig“ zu sehen und in seiner Gesamtheit zu erfassen – nämlich in den genialen fließenden Übergängen von einer Etage zur nächsten als Gesamtbild. Von anderen Punkten aus wirken die einzelnen Elemente verschoben. „Ich hoffe, dass die Stadt uns erlaubt, diesen Punkt auf dem Boden zu markieren“, sagt Katerina. Fast schon unwirklich schön wirkt das Werk, auch durch den aus dem Bild „herauswachsenden“ echten Baum.
WD ist auf Bali, Indonesien, geboren und aufgewachsen und absolvierte Ausbildungen sowohl in Fine Arts wie in Angewandter Kunst. Seit 2000 arbeitet er als Urban Art-Künstler und arbeitet seither vor allem auf der Straße im öffentlichen Raum, aber auch nach wie vor in seinem Atelier. Seine in Asien, Europa und Amerika entstandenen Street Art-Werke sind hier zu finden – auch jene Arbeit, die er bereits 2016 in Wiesbaden geschaffen hat: Journey, entstanden in Mainz-Kastel bei seiner Teilnahme am Meeting of Styles-Festival.
Und nun „Sirona“ mitten in der City. Dieses Gemälde ist großes Kino, Wiesbaden. Danke dafür und gerne mehr davon. Nur Mut!
Ausführliches Interview mit WD folgt.
WD Wild Drawing im WWW und auf Instagram.
Hintergrund (Pressemitteilung Stadt Wiesbaden):
Beauftragt wurde das Kunstwerk durch das Umweltdezernat, das ein ämterübergreifendes Vorhaben zur Attraktivierung der Innenstadt unter der Beteiligung des Umweltamtes, des Denkmalschutzes, der Stadtplanung und des Tiefbauamtes realisiert.
„In einem zweiten Schritt folgen die Begrünung und Sitzgelegenheiten“, erläutert Bürgermeisterin Christiane Hinninger. „Diese Maßnahme ist eingebettet in ein übergeordnetes Projekt, indem Begrünung zur Klimaanpassung und gleichzeitig zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität beiträgt. Daher erfolgt die Finanzierung aus dem Budget des Masterplans Innenstadt.“
Die Schützenhofstraße ist mit dem Sironabrunnen für Wiesbaden ein historisch höchst bedeutsamer Ort, sodass die Bemalung des unattraktiven Treppenaufgangs eine wahre Aufwertung bedeutet. In der dargestellten Frau ist Sirona, die keltische Göttin der Heilung, zu erkennen, nach der schon der Brunnen benannt wurde. Zu sehen ist eine Frau, die in einer Amphore schützend eine Naturlandschaft hält, aus der einzelne Elemente in die Realität ausbrechen. Vollständig zu erfassen ist das Bild des in Athen lebenden Künstlers „Wild Drawing“, aus einer bestimmten Perspektive.
So wunderbar, dass der sehr hässliche Teppenaufgang ein neuen Aussehen erhalten hat!
Hoffentlich bleibt das Kunstwerk unbeschädigt und wird gepflegt, wenn nötig!