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Zukunft der Innenstadt: Wollen wir oder wollen wir nicht? Eine von 51 Citymanager-Bewerbungen im Wortlaut

51 Bewerbungen sind bei der Stadt für die Citymanager-Stelle eingegangen. Eine davon liegt sensor vor.

„Hallo!

Wenn ihr (wirklich) Veränderung wünscht, später werdet ihr sowieso darum flehen, dann kann ich gerne jetzt beraten. Wenn ihr eine Scheinhandlungsebene einziehen wollt um politisch unangreifbar zu sein, bitte nicht bei mir melden.

Nach dem Motto: Wir hatten doch diesen schlauen Dr. Citymanager, nach dem sucht ihr ja scheinbar. Es ist viel einfacher, aber der/die/beides braucht Eier. Kein weiterer Gasseglänzer. Denn es könnte sich etwas ändern. Auch bestehendes Recht muss und wird angefasst werden müssen.

Kleine Läden von Zwangsabgaben befreien

Aber hier schon einmal ein Vorgeschmack: Kleine Läden unter 80 Quadratmetern von sämtlichen Zwangsabgaben befreien. Innung, Kammern, Knappschaften, Verbände, Mieten kontrollieren. Waschanlagen beseitigen. Ketten begrenzen. Branchenmix festlegen. Qualitätskontrollen. Abschreibungsprojekte abschalten.

Krankhafte Überwachung des Einzelhandels stoppen. Neue Händler müssen einfach von ihren Läden gut leben können und nicht glücklosen Architekten auf der genehmigenden Seite ausgeliefert sein und Behördenwillkür ertragen müssen.

Die Stadt ist so tot, weil auch hier die Gesetze und Ängste der Marktwirtschaft greifen und wie üblich versagen. Grüne Wiese sofort einfrieren. Kleine, unternehmergeführte Geschäfte unter eine Art „Artenschutz“ stellen. Kleine Geschäfte in der Planungsphase begleiten, betreuen. Und nicht bekämpfen, schikanieren.

Nur andere Werkzeuge werden uns aus der Misere führen

Sie könnten verstehen: Mit den bisherigen Systemen sind wir in diese Misere hineingeraten. Nur andere Werkzeuge werden uns herausführen. Für alle gleich gute Bedingungen schaffen. Und sich nicht einer Konkurrenz gegenüber mitbewerben müssen, die die Gesetze für sich trickreich umgehen, aushebeln.

Geldwaschanlagen verzerren den Markt. Spekulanten in der City auf den richtigen Weg führen, über ein Mitbestimmungsrecht der Stadt. Denn wir brauchen Geld. Aber Geld ist kein persönliches Spielzeug. Häuser von der Stadt aufkaufen, keine komischen halbstädtischen Immobiliengesellschaften, anfällig für Korruption (Freundschaftswirtschaft).

Einfach machen – und schon verändert sich was

Warum suchen Sie mit unveränderten Paradigmen einen Kandidaten? Der wieder tolle Worte finden wird. Und nur Kosten verursacht. Ein paar Dinge einfach machen, und schon verändert sich etwas. Nicht bloß „andenken“ oder „mal darüber gesprochen“ zu haben. Wollen Sie gegen bestehende Wirtschaftsstrukturen angehen, oder wollen Sie so tun als ob?

In dieser Stadt gibt es so viele Kreative, Menschen mit tollen Ideen. Nur muss man sie ernst nehmen und pflegen, ja vielleicht sogar hofieren. Denn sonst wirken sie in anderen Städten.

Oder werden traurig. Und den bisherigen Umgang der Stadt mit Ideengebern kann man sehr gut am Beispiel Walhalla ablesen. Irgendeiner rechnet sich da was aus? Als ob es nicht nötig wäre, intelligente Freizeitgestaltung anzubieten?

Melden Sie sich nur, wenn Sie begriffen haben

Melden Sie sich nur bei mir, wenn Sie begriffen haben, dass eine Stadt kein Unternehmen ist! Wenn Sie begriffen haben, dass es um den Bürger geht. In einer Stadt mit vielen unzufriedenen Menschen ist auch die Stimmung nicht schön. Das Bestehen auf den alten Spielregeln wird den im Koma liegenden Patienten ganz einschläfern. Dann fahren alle nach Mainz oder Frankfurt. Was ohnehin jetzt schon viele tun.

Und bilden Sie sich nichts auf die Mauergasse ein. Dort sind Läden angesiedelt, deren Betreiber zu einem Teil entweder die Hausbesitzer sind. Ein Einkommen aus Rente haben oder sich sonstige Eigenausbeutungstechniken haben einfallen lassen. Die haben alle nur Freude am Einzelhandel. Und jammern nicht großartig. Idealisten. Aber darauf lässt sich kein Geschäftsmodell gründen. Und nicht alle sind Rentner.

Ich weiß, wovon ich spreche. Meine Ururgroßeltern hießen Linenkohl und betrieben in der Ellenbogengasse ein Kolonialwarengeschäft. Das es in veränderter Form noch gibt. Meine Urururgroßeltern betrieben einst das Walhalla Theater. Und Ich betreibe seit 15 Jahren die Bergkäse Station. Und ich vermiete einen Laden des täglichen Bedarfs, am Rande der Innenstadt, in der der Mieter seit 35 Jahren wirkt.

Schon bemerkt? Raffen und gieren macht nicht glücklich!

Ich trachte nicht danach, meine persönliche Situation im Einzelhandel zu verbessern. Ich war im übrigen Leben ein fleißiger Handwerker und mache diese Läden aus purer Freude, um guten Käse zur Verfügung zu stellen. Und ich bin kein Theoretiker. Und wenn es mir zu dumm wird, verschenke ich die Läden. Ich möchte den Einzelhandel erhalten. Und keine GEZ für 2 Läden zahlen, in denen es keine TV-Geräte gibt. Weil wir Käse verkaufen.

Wiesbaden könnte Modell werden, andere Städte könnten 2030 bewundernd auf uns schauen. Wollen wir, oder wollen wir nicht? Eines Tages werden wir müssen. Oder einfach nur zusehen. Es besteht ja gar kein Zwang. Dinge verschwinden auch manchmal einfach.

Helfen, Geben und Beachten und Machen macht die Seele zufrieden und glücklich. Nicht raffen und gieren. Schon bemerkt?

Mit ganz freundlichen Grüßen,

Till“

Insgesamt 51 Bewerbungen sind nach Angaben der Stadt auf die Ausschreibung der Citymanager-Stelle eingegangen. Nach einer ersten Sichtung sind dem Vernehmen nach derzeit 9 Bewerber*innen in der engeren Auswahl.

(sun/Foto Felix Lichtenfeld)

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