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Das große 2×5-Interview: Christopher Park, Klassik-Pianist, 25 Jahre

2x5_ChristopherPark

Interview: Dirk Fellinghauer. Foto: Simon Hegenberg.

BERUF

Deine Berufsbezeichnung ist Pianist – wie lautet deine persönliche Berufsbeschreibung? 

Musiker! Pianist beschreibt nur das Instrument, durch das man sich und die Musik ausdrücken will. Die Kunst besteht nicht darin, das Instrument zu spielen – das ist das Handwerk, der mechanische Vorgang -,sondern darin, durch das Instrument eine Botschaft zu vermitteln. Man hat das Privileg, die genialsten Gedanken der genialsten Komponisten auszudrücken. 

Was gehört zum Beruf jenseits der Zeit an den Tasten? 

Zum Beruf gehört viel dazu. Man erzählt im Prinzip eine Geschichte, erzählt Gedanken und vermittelt Emotionen. Diese wurden irgendwann mal in irgendeiner Form vom Komponisten gedacht, oder gefühlt, wie auch immer. Um das auch nur ansatzweise authentisch wiedergeben zu können oder nachzuleben, muss man selbst gelebt haben. Die Komponisten haben damals ja ziemlich krasse Leben gehabt. Mit allen Höhen und Tiefen. Deswegen gehört es einfach dazu, viele Eindrücke zu sammeln und viel zu erleben und  jenseits der musikalischen Kunst andere Felder kennenzulernen.   

Wie wichtig ist das Üben? 

Natürlich übt man als Pianist. Aber das ist dann wieder das Handwerk. Das Wichtige ist das Forschen zwischen den Zeilen. Wir bekommen ein Buch, in dem Noten aufgeschrieben wurden. Aber so wie die Sprache auch, ist das nur eine Annäherungsweise an das, was wir eigentlich ausdrücken wollen und was wir denken. Wir können niemals eine so exakte Sprache haben, dass wir genau das eins zu eins so ausdrücken zu können, was wir denken und fühlen. Musik ist, finde ich, die genaueste Sprache, gerade in Bezug auf Eindrücke und Emotionen und das Vermitteln von Gefühlen viel eindeutiger als die gesprochene Sprache. Deshalb beschäftige ich mich viel damit, zu forschen, was der Gedanke hinter der Notation ist, Wir müssen das übersetzen. Einfach nur die Noten abspielen, das könnte auch ein Computer. 

Wie brutal ist der Klassikmarkt, und wie versuchst Du, dich in diesem Markt zu behaupten? 

Da denke ich nicht drüber nach. In den letzten Jahren kommen immer mehr Pianisten hervor, immer mehr Leute studieren Klavier. Gerade in Asien gibt es richtige, wenn man es böse ausdrücken will, Fabriken, wo Pianisten herangezüchtet werden und die Kunst mehr und mehr verloren geht und das Handwerk in den Vordergrund kommt, was sehr schade ist. Man hat dann zwar so einen Wow-Effekt und denkt, der kann ja super spielen, besonders schnell oder so. Aber das wirklich Wertvolle, der kulturelle Schatz, geht verloren. Es gibt wahnsinnig viel Konkurrenz. Der Grundzustand ist, dass es einfach viel zu viele Pianisten gibt. Man braucht auch viel Glück, um durchzukommen. Viele tolle Kollegen werden nicht bekannt, weil  sie einfach nicht zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Menschen treffen. 

Du hast im letzten Jahr den Lotto-Förderpreis beim Rheingau Musik Festival gewonnen – was hat Dir dieser, außer dem Preisgeld von 15.000 Euro, gebracht? 

Mit dem Preis ist eine starke Aufmerksamkeit verbunden. Ich habe dadurch viele neue Leute kennengelernt, was sehr wichtig ist. Das Preisgeld war allerdings auch nicht schlecht (lacht). In diesem Jahr werde ich wieder beim Rheingau Musik Festival auftreten, und zwar erstmals im Wiesbadener Kurhaus. Ich  spiele ein wahnsinnig schönes Stück von Mozart, eines seiner nur zwei Klavierkonzerte in Moll. Mozart steht meist  für das Fröhliche, Flockige und Verzierte mit viel Fassade. Dieses Stück  ist ein Gegensatz dazu. Das Faszinierende an diesem Konzert ist, dass es verschiedene Charaktere gibt wie in einer Oper und dass ich mit dem Klavier sozusagen den Part von Opernsängern übernehme. 

MENSCH 

Du wohnst in Wiesbaden  mitten in der Fußgängerzone – was nervt und was begeistert Dich daran? 

Was nervt, ist, dass ich keinen Parkplatz finde. Deshalb war ich gezwungen, einen Parkplatz anzumieten. Alles andere ist total cool. Ich muss einfach nur die Treppe runtergehen und bin überall. Man könnte denken, es wäre besonders laut. Das ist aber nicht so, gerade im hinteren Teil des Hauses bekommt man gar nichts mit, und dann geht man runter und ist mitten im Leben. Und ich kann vor allem üben bis zum Umfallen, weil ich der einzige private Mieter im Haus bin. 

Welches ist der Ort deiner Sehnsucht? 

Neuseeland. Da will ich auch dieses Jahr hin. Ich mache im Oktober eine Tournee in Südafrika und habe mir überlegt, dass ich einfach weiterfliege. Ich war noch nie dort. Und ansonsten ist New York mein absoluter Lieblingsort. Da muss ich immer wieder in. Das  ist wie ein eigenes Land mit einer ganz eigenen Atmosphäre. In diesem Sommer spiele ich dort beim Summit Music Festival.

 

Welches aktuelle  politische Thema interessiert dich am meisten? 

Interessieren? Ich rege mich auf über viele politische Themen! Ich finde die NSU-Prozesse gerade sehr interessant, weil ich früher auch Jura studiert habe. Das ist natürlich spannend, was da passiert, und erschreckend, wie sich so ein Prozess anbahnen und entwickeln kann.

Welches sind deine Laster? 

Ich bin Genussmensch in jeglicher Hinsicht. Das muss man, glaube ich, auch sein als Vermittler von Gefühlen. Ich habe größte Schwierigkeiten, mit etwas, was ich genüsslich finde, wieder aufzuhören. Wenn ich mit einer Schokoladentafel erst mal anfange …

Du verbringst viel Zeit im Flugzeug – wie? 

Mit Schlafen, ehrlich gesagt. Ich kann super in Flugzeugen schlafen, allerdings nur wenn es Turbulenzen gibt. Das ist für mich irgendwie beruhigend. Erst wenn es richtig auf und ab geht, kann ich einschlafen. Vielleicht wurde ich als Kind irgendwie sehr intensiv in den Schlaf gewogen, keine Ahnung. Aber ich liebe das, im Flugzeug zu schlafen.  

Christopher Park gastiert beim Rheingau Musik Festival am Mittwoch, 21. August, um 20 Uhr mit dem hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Paavo Järvi im Kurhaus. Es gibt noch Karten, auch mit Studentenermäßigung: http://www.rheingau-musik-festival.de/christopher-park-hr-sinfonieorchester-paavo-jaervi-im-kurhaus-wiesbaden,event.html. Das Konzert wird als Livestream auf www.arteweb.de, www.rheingau-musik-festival.de und www.hr-sinfonieorchester übertragen und zu einem späteren Zeitpunkt in hr2 kultur ausgestrahlt.

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