Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.
Dessous sind der Haut am nächsten – und können, wenn sie gut sitzen und aussehen, eine Menge für Wohlbefinden und Selbstbewusstsein tun. Das gilt für Frauen jeglicher Figur und Statur, besonders jedoch für jene, die es nicht so leicht haben, passende Wäsche „von der Stange“ zu kaufen. Hier kommt die Wiesbadener Designerin Claudia Specht ins Spiel, die sich seit einigen Jahren ganz auf das Thema Lingerie und Dessous spezialisiert hat. In ihrem „Tüll & Spitze – Maßatelier für Dessous und Bademoden“, das sie am Rande der Stadt Unter den Eichen eingerichtet hat, legt sie das Maßband an und schneidert ihren Kundinnen BHs, Slips, Hemdchen, Bodies und auch Badebekleidung direkt auf den Leib.
Von der Weiterbildung zur Passion
Der Erfolg gibt ihr recht: Fast wie bei einem Facharzt sind ihre Termine auf Monate im Voraus ausgebucht. „Ich hatte schon alles an Oberbekleidung genäht, ich wollte mich einfach noch ein bisschen weiterbilden“, erzählt Claudia Specht, „und habe an einer Fachschule in Ginsheim-Gustavsburg ein zweijähriges Aufbaustudium zum Spezialthema Wäsche absolviert. Das hat so einen Spaß gemacht, dass ich mich dann darauf spezialisiert habe.“ Es hat sich schnell herumgesprochen, dass die Dessous von Claudia Specht nicht nur wunderschön sind, sondern auch „wie angegossen“ passen: Da kneift, drückt und rutscht nichts, und das ist gerade beim BH ein wichtiges Kriterium. Claudia Specht kann auch Frauen nach einer Brustamputation etwas Passendes anfertigen. Und Frauen mit unterschiedlich großen Brüsten, was überraschend häufig vorkommt, bekommen ebenfalls das, was ganz genau zu ihrem Körper passt.
Herausfordernde Stoffe
Sehr schlanke wie auch korpulente Damen erhalten genau das Richtige für kleine und große Rundungen, und das Ganze in wunderschönen Stoffen, die Claudia Specht auf Messen einkauft: Nicht nur „Tüll und Spitze“ – selbstverständlich solche, die überhaupt nicht kratzt – sondern auch Seide und elastische Jerseystoffe. Das ist auch die Herausforderung beim Nähen der Dessous: Stoffe, die sich in alle Richtungen dehnen lassen, verlangen besondere Fertigkeiten bei den Nähten. „Ein BH besteht aus mehreren Dutzend Einzelteilen“, sagt Claudia Specht, die ihre Expertise auch in Workshops weitergibt. Da merken die Teilnehmerinnen dann, wie viel Geduld und Fingerfertigkeit es braucht, bis eines der zarten Stücke fertig ist.
Stoffmuster in allen Farben des Regenbogens hängen im gemütlichen Atelier, „aber die meistverkauften Varianten sind doch Weiß, Schwarz und Hautfarben“, sagt Claudia Specht. Wer aber lieber ein leuchtendes Blau, Pink oder etwas Gemustertes haben möchte, wird hier auch fündig. Die Beratungs- und Maßtermine dauern lange, „und ich höre da auch viele Geschichten aus dem Leben der Kundinnen“, sagt Claudia Specht, die sich gerne Zeit nimmt. Das ist dann echtes „Personal Shopping“. Natürlich muss man auch etwas tiefer in die Tasche greifen, um sich so einen maßgeschneiderten BH leisten zu können – „bei 380 Euro geht es etwa los“, verrät Claudia Specht, „aber es sind auch viele, viele Arbeitsstunden, die ich aufwende.“
Im besten Fall kaum spürbar
Ihre Kundinnen bestätigen ihr dann immer wieder, dass sonst nichts so gut sitzt und im Idealfall sogar kaum spürbar ist wie die maßgefertigten Stücke. Auch für Bräute schneidert die Designerin gerne etwas besonders Schönes, ist auch in Hochzeitsdienstleister-Netzwerken vertreten. Netzwerken ist überhaupt etwas, das ihrer Geschäftsidee sehr gutgetan hat. Im Frühjahr war sie beim „Pink Day“, einer Ausstellung mit den unterschiedlichsten Werken von Frauen, im Wiesbadener „Loftwerk“. Bei solchen Veranstaltungen lassen sich immer wieder wertvolle Kontakte knüpfen.
Wer ein Stück aus der Fertigung von Claudia Specht besitzt, hat immer ein Unikat – auch wenn es demnächst sogar eine kleine Kollektion geben wird, sagt die Designerin. „Aber auch diese wird nur in kleiner Auflage hergestellt.“ Sie teilt ihre Zeit zwischen Anprobetagen im Atelier und Nähtagen zu Hause auf. „Beides an einem Tag ist ungünstig. Ich will mich konzentrieren.“ Der Erfolg gibt ihr Recht, schon bald nach der Selbstständigkeit rannten ihr Kundinnen aus ganz Deutschland die Bude ein. „Es gibt halt nur sehr wenige, die sich auf Dessous spezialisiert haben“, weiß Claudia Specht. Man braucht dafür eben das besondere Händchen – nicht nur an der Nähmaschine, sondern auch psychologisch gesehen. Denn hier kommt man den Kundinnen tatsächlich und im übertragenen Sinne extrem nahe.
Tüll & Spitze, Unter den Eichen 5, 65195 Wiesbaden, Termine nach telefonischer Vereinbarung oder per E-Mail, 0173-6693706, info@tuell-und-spitze.de