Von Inka Mahr. Fotos Heinrich Völkel und Andrea Diefenbach.
Birgit Häuser hat sich ihren Traum verwirklicht: Mit viel Liebe zum Detail hat die gebürtige Gießenerin die 165-Quadratmeter-Wohnung in einer klassizistischen Villa in der Frankfurter Straße 12, die früher schon mal eine Pension beherbergte, hergerichtet. Hier lebt sie gemeinsam mit ihrem Kater auf zwei Zimmern. Zwei weitere Zimmer stehen seit August 2015 für zwei bis vier Gäste bereit.
Heimweh hat hier keine Chance
Antrieb für diese spezielle Wohnform war ihr eigenes Heimweh. „Früher, wenn ich allein in Hotels war, lag ich nachts manchmal weinend im Bett, weil ich nach Hause wollte. Deswegen möchte ich meinen Gästen die Möglichkeit bieten, sich zuhause zu fühlen, damit sie nicht dieses Heimweh bekommen.“ Ihr Ziel als Gastgeberin: „Ich möchte Geborgenheit geben. Das hat man nicht im Hotel.“
Im gemütlichen Frühstücksraum sitzt, abends um halb acht, Korinna Kries aus Kassel und lernt. Im Zuge ihrer 1½ jährigen beruflichen Auszeit ist sie für eine Yoga-Ausbildung nach Wiesbaden gekommen. Birgit Häusers Gäste sind nur selten Touristen, dafür häufig Geschäftsleute oder andere, die in Wiesbaden aus unterschiedlichsten Gründen einen kurzen oder auch längeren Zwischenstopp einlegen.
Berufliche Wurzeln hat Birgit Häuser in der gehobenen Gastronomie. Besondere Freude bereitet ihr es, ihre temporären Mitbewohner mit einem individuell gestalteten Frühstück zu verwöhnen. „Das ist ein Tick von mir. So wie ich mir ein Frühstück wünsche, so sollte das auch für meine Gäste aussehen.“ Also dürfen diese immer mit einer kleinen Überraschung rechnen. So bastelt sie für ihre individuellen Frühstücksteller morgens Käsehäppchen, raspelt ein wenig Tonkabohne darüber, arrangiert alles ansprechend und freut sich über die positiven Reaktionen ihrer Gäste beim Start in den Tag.
Konfuzius hilft beim Dienst als Zimmermädchen
Nach dem Frühstücksdienst wird Birgit Häuser zum Zimmermädchen. „Konfuzius hat mal gesagt, `Wenn du deine Arbeit liebst, musst du keinen Tag mehr arbeiten´. Und ich mach‘s wirklich gerne. Das ist für mich überhaupt keine Arbeit, sondern eine Berufung.“ Also wird das Bad nach jeder Benutzung mit Hingabe wieder trocken und sauber gemacht, das Nachtschränkchen abgestaubt, überall gründlich durchgewischt. „Ich finde das einfach schön. Ich liebe es, mit Gäste umzugehen“, schwärmt die Wahl-Wiesbadenerin. „Die Geschichten der Gäste faszinierten mich schon während meiner Zeit in der Gastronomie. Ich wusste, dass ich wieder mit Menschen, mit Gästen zusammen sein will. Und ich habe bis jetzt nur nette Gäste hier gehabt“, erzählt die Schneckenhäuser-Betreiberin und scheut sich nicht vor esoterisch anmutenden Erklärungen: „Die sind alle dafür bestimmt gewesen, dass sie hier wohnen sollten. Die waren nicht versehentlich da, die sind vom Universum geschickt worden. Das waren Seelenverbindungen.“
Das Badezimmer teilen sich Gastgeberin und Übernachtungsgäste. „Wir sind uns irgendwie noch nie in die Quere gekommen. Ich gucke, dass die Gäste Vorrang haben. Wenn ich weiß, dass sie morgens duschen, dann dusche ich eben abends. Ich habe nicht das Gefühl, mich zurücknehmen zu müssen.“ Ein Gefühl des Alleinseinwollens empfindet sie nicht. „Genau das wollte ich!“ Als zweifache Zwillingsmutter (von mittlerweile erwachsenen Kindern, die nicht im B&B wohnen) ist sie stetiges Herumwuseln – und perfektes Organisieren – allerdings auch gewohnt. Auch hat sie keinerlei Befürchtungen, dass wohlmöglich einmal ein Gast etwas mitgehen lassen könnte, davor warnen ihre Freunde schon mal. „Da habe ich keine Angst, überhaupt nicht. Es kommen ja nur gute Menschen hierher. Es kommt niemand schlechtes!“
Ein Hauch von WG-Gefühl – wenn man mag
Warum entscheiden sich Besucher für ein Bed & Breakfast anstelle eines Hotels? Die angehende Yoga-Lehrerin Korinna Kries beispielsweise hatte „einfach keine Lust, wie früher bei Businessreisen, in einem unpersönlichen Hotel abzusteigen.“ Der Online-Auftritt sprach die sympathische junge Frau direkt an und ein anfänglicher Zweifel, ob es denn auch das Richtige für sie sei, verflog schnell.
Gäste und Gastgeberin fühlen sich im „Schneckenhäuser“ offensichtlich pudelwohl. Es scheint beinahe wie in einer WG, eine von der harmonischen Sorte: Wenn man möchte, kann man Anschluss haben, muss man aber nicht.
Neben dem Bed ‘n‘ Breakfast, das Birgit Häuser zurzeit noch neben einem Fulltime-Job betreibt, fing sie in ihrer persönlichen Findungsphase an zu tanzen, tanzt nun Turniere. Und dann ist da noch die Ausbildung zur Heilpraktikerin. „Vor zwei Jahren, als ich 50 wurde, habe ich all diese Pläne gefasst.“ Wenn sie die Ausbildung in einigen Monaten abgeschlossen hat, will sie praktizieren. Ein freies Zimmer für Reiki-Behandlungen ist in der Wohnung noch vorhanden.