Ein komplettes Um- und Neudenken in Sachen Walhalla-Zukunft fordert eine vom Kulturbeirat beauftragte Arbeitsgruppe. In Betracht zu ziehen sei ein Stopp des bereits mehrfach verschobenen europaweiten Interessenbekundungsverfahrens – und die Debatte über einen Neuaufschlag mit Wiesbadener Akteuren. Dieser müsse eine kulturelle Nutzung sicherstellen und die fortwährende Hängepartie beenden. Eine Stadtverordnete fordert derweil, den bisher Verantwortlichen die Aufgabe der Walhalla-Sanierung zu entziehen und das Projekt in aus ihrer Sicht kompetentere Hände zu übertragen.
Im fünften Jahr des Leerstands der denkmalgeschützten 4500-Quadratmeter-Immobilie sorgten jüngst zum einen Berichte über den seit der Schließung im Januar 2017 weiter massiv verschlechterten Gebäudezustand für Wirbel. „Unabhängig davon sorgt die Pandemie für völlig veränderte Prämissen einer möglichen Ausschreibung“, stellt die AG des Kulturbeirats fest: „Aus der Veranstaltungsbranche, die derzeit ums Überleben kämpft, sind auf absehbare Zeit keine realistischen und zielführenden Bewerbungen zu erwarten.“
Verärgerung über Versäumnisse
Die Arbeitsgruppe des Kulturbeirats „Zukunft Walhalla“ zieht daraus nach intensiver Beratung zwei Schlüsse – bei berechtigter Verärgerung über Versäumnisse, die auch eine erhoffte kulturelle Pop-Up-Zwischennutzung nach Auskunft der Eigentümer-Gesellschaft unmöglich machen.
Alles für Erhalt des Gebäudes tun
Erstens müsse „nun endlich ohne Verzögerung alles fachlich Notwendige für den Erhalt des Gebäudes getan werden“. Und zweitens: „Das vom Kulturbeirat ursprünglich geforderte und unterstützte Verfahren des Interessenbekundungsverfahrens hat in eine Sackgasse geführt“. Die AG will die Verzögerung zum Anlass nehmen, Denkräume für ein für Wiesbaden passgenaues Modell eines einzigartigen, unverwechselbaren und anziehenden Kulturortes zu eröffnen. „Dieses könnte in einem kreativen Prozess maßgeblich von Wiesbadener Akteuren, von klugen und kreativen Köpfen, entwickelt werden“, so die Kultur-Fachleute.
Mehr über Ideen und ideellen Wert als über Kosten diskutieren
In jedem Fall soll die Debatte neu ausgerichtet werden und weg vom Fokus auf den schlechten Gebäudezustand und den antizipierten Kosten hin zu einer Vision mit Fantasie und Leidenschaft für die gute Idee. Letztlich müsse auch der ideelle Wert für Wiesbaden eine stärkere Berücksichtigung erfahren, den ein vielfältiger, vitaler und lokal-orientierter Kulturort Walhalla in der Innenstadt entfalten kann.
Stadtverordnete: Sanierung an Hochbauamt übertragen – kompetenter als SEG
Die Linken-Stadtverordnete Brigitte Forßbohm fordert derweil ein Überdenken der Verantwortlichkeiten für das Projekt: „Das Hochbauamt sollte die Sanierung übernehmen“, meint die Stadtpolitikerin. Dieses habe viele Bau- und Sanierungsprojekte in Wiesbaden sinnvoll und zuverlässig durchgeführt: „Man sehe sich die Villa Clementine an, mit welchem Einfühlungsvermögen und mit welcher Behutsamkeit sie saniert worden ist,“ nennt sie ein gelungenes Beispiel und sagt: „Hier sehe ich mehr Kompetenz als bei der SEG, die sich über die Investoren- und Bietersuche aufreibt und dabei die Sicherung der Bausubstanz vernachlässigt hat.“
Walhalla und City-Passage zusammendenken
„Abriss ist für mich aus vielerlei Gründen keine Option“, sagt Forßbohm und: „Aber dass es so nicht weitergehen kann, ist klar.“ Sie fordert, zwei nahe beieinander liegende Wiesbadener Baustellen nicht isoliert zu betrachten: „Es kommt jetzt vor allem darauf an, Walhalla mit dem Projekt der City-Passage zusammen zu denken. Diese beiden Projekte, die in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, könnten den Anker einer umfassenden Innenstadterneuerung bilden.“ Dazu sollte es nach Auffassung Forßbohms eine Bürgerbeteiligung geben und der Ortsbeirat Mitte sollte einbezogen werden: „Entsprechende Anträge werde ich vorbereiten.“
Die Zukunft der Walhalla wird ein thematischer Schwerpunkt der nächsten Kulturbeiratssitzung am 27. April sein. Das Gremium wird dort einen gemeinsamen Vorschlag zum konkreten weiteren Vorgehen beraten.
(apo/dif, Fotos Kulturbeirat Wiesbaden, Dirk Fellinghauer)
Warum ist eine Pop-Up-Zwischennutzung nicht möglich ? Das Gebäude wird ja noch vom New Yorker genutzt. Was ist mit einer Zwichennutzung der Citypasage ? Ging ja bei der Bienale auch. Wie kann man solche Projekte Andreas Guntrum anvertrauen? Der unter Kultur Karneval und Musikantenstadl versteht.