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Und wenn man das Walhalla „Fridays for Future“ überlässt? AK Stadtkultur schaltet sich in Debatte ein

Der 5. Jahrestag der plötzlichen Schließung und des kompletten Leerstands des Walhalla ist am 27. Januar 2022. Heute debattiert der Kulturbeirat mit OB Mende über die Zukunft des Ortes.
Im Vorfeld der heutigen Debatte meldet sich der AK Stadtkultur mit Überlegungen zu Wort, die in der Idee münden: Das Walhalla zum Debattenhaus und kulturellen Nachhaltigkeitszentrum machen. Fotos: Dirk Fellinghauer

Im Vorfeld der heutigen digitalen Kulturbeirat-Sitzung, bei der wie berichtet OB Gert-Uwe Mende seine Idee für die Walhalla-Zukunft präsentieren und mit dem Gremium diskutieren will, schaltet sich der AK Stadtkultur in die Debatte ein. Einen Tag vor der öffentlichen digitalen Sitzung hat der Zusammenschluss von rund dreißig freien Kulturträgern, -initiativen und -vereinen eine Stellungnahme zum Projekt „Walhalla“ veröffentlich – verbunden mit einer kühn radikal anmutenden Idee, die wiederum – als einer von verschiedenen Ansätzen – aus dem mit lokalen Akteuren besetzten Kulturbeirat-Ideenworkshop zur Walhalla-Zukunft hervorgegangen war.

„Der AK Stadtkultur greift mit seiner Stellungnahme die Aufforderung des Kulturbeirats auf, den öffentlichen Diskurs zur Zukunft des Walhalla in der Stadtgesellschaft zu führen.“ Wir veröffentlichen die Stellungnahme des Arbeitskreis Stadtkultur, die nochmal den Diskussions- und Geschehensweg seit der Schließung des Hauses vor fast genau fünf Jahren skizziert und aus den aktuellen Entwicklungen und Diskussionen Fragen und Gedankenansätze ableitet, im Wortlaut als Beitrag zur Debatte um die Walhalla-Zukunft:

„Seit 2017 ist die Zukunft des „Walhalla“ in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Auslöser war die vorangegangene Kündigung der Nutzung des Spiegelsaales als Spielstätte für die Kulturinitiative des Vereins „Walhalla e.V.“ um Sigrid Skoetz.

Die Präsentation von SEG und OB Gerich der Varietéfirma GOP als möglichen Betreiber der Immobilie verstärkte die Irritation. Denn sie kam ohne vorher ausgelotet zu haben, ob auch Wiesbadener ein tragfähiges Betreiberkonzept auf die Beine bringen könnten. Ein solches kam in der Folge, wurde „Walhalla Studios“ genannt (Michael Müller, Dirk Hoga, Dr. Martino La Torre, Jörg Lichtenberg, Christian Liffers, Sigrid Skoetz und Andreas Petzold), als eigenes Konzept vorlegt und zur Diskussion gestellt.

Zwischen 2019 und 2021 hat sich der Kulturbeirat Wiesbaden mehrfach des Themas „Walhalla“ angenommen. Zunächst hat er eine europaweite Ausschreibung unterstützt, dann aber wegen Corona darauf hingewirkt, dass diese nicht gestartet wurde.

Da die Stadt Wiesbaden die Aufgabe, ein Konzept für das Walhalla zu formulieren, nun an den Kulturbeirat delegierte, gründete der Kulturbeirat eine „AG Walhalla“. Diese AG organisierte gemeinsam mit der Geschäftsstelle des KB zwei Workshops: In einem ersten    Workshop mit Wiesbadener Akteuren und in einem zweiten mit Vertretern interessanter deutscher Kulturprojekte wurde nach neuen Lösungsansätzen für das Kulturprojekt Walhalla gesucht.

Stand jetzt, Anfang 2022: Der Kulturbeirat hat mit dem konzeptionell visionären, offenen „Walhalla-Manifest“ und dem Papier „Walhalla.Zusammen.Bauen“ Beschlüsse zum  künftigen Kreativprozess veröffentlicht.

Der AK Stadtkultur hat sich entsprechend der Aufforderung des Kulturbeirats, dass das Projekt Walhalla „mit der Wiesbadener Öffentlichkeit entwickelt und von ihr getragen werden soll“, in den letzten Monaten in zwei Debattenrunden mit dem Thema „Walhalla“ und den aktuellen Beschlüssen des Kulturbeirats beschäftigt und folgende Fragen und Positionen formuliert:

  1. Die Wiesbadener Kunstschaffenden wollen der Sanierung des Walhalla nicht im Wege stehen; sie können aber auch keinen aktiven Beitrag dazu leisten. Denn: Es gibt keinen Wiesbadener Kulturbetrieb – ob frei-gemeinnützig, öffentlich-rechtlich oder privat-rechtlich – der bisher sein Interesse am Management des Kulturortes „Walhalla“ bekundet hat oder aktuell bekundet. Auch ist kein Wiesbadener Zusammenschluss von Kulturorganisationen zum Betrieb des Walhalla in Sicht – und das auch losgelöst von allen Corona-Effekten. Auch das Konzept der „Walhalla-Studios“ wurde mittlerweile zurückgezogen.
  2. Damit fehlt die wesentliche Grundlage, um aus unserer Sicht ein Konzept für eine bauliche Sanierung vorzulegen.
  3. Den Wiesbadener Kulturschaffenden fehlen allerdings nach wie vor Atelier- und Arbeitsräume zur Produktion und Vernetzung und ein bezahlbarer innerstädtischer Saal für 200 Gäste (siehe dazu KEP). Könnte das Walhalla diesbezüglich Lösungen bieten?
  4. Die Fraktionen im Wiesbadener Rathaus haben gemeinsam festgelegt, dass für das Walhalla „nur eine kulturelle Nutzung in Frage kommt“. Dies kann und muss als eine weitläufige Zielvorstellung verstanden werden. Angesicht der Diversität des Kulturbegriffs sehen wir es deshalb als dringend notwendig an, den Begriff der „kulturellen Nutzung“ zunächst zu konkretisieren, um Klarheit und Konsens herzustellen.

„Die Klimakrise ist das Thema des Jahrhunderts – Walhalla als Debattenhaus und kulturelles Nachhaltigkeitszentrum?“

Dazu könnten folgende Fragen dienlich sein:

  • Für wen oder für welches Konzept wird das Walhalla saniert?
  • Was ist die Aufgabenstellung, die Wiesbadener Frage, der Wiesbadener Bedarf, die durch ein saniertes „Walhalla“ beantwortet werden?
  1. Diese Fragen umschließen nicht nur die Forderung des Kulturbeirats nach einem aus der Stadtgesellschaft heraus entwickelten kulturellen Identifikationsort, sondern auch die Mutter aller Kulturfragen: „Wie wollen wir leben?“. Und wie könnte die kulturelle Nutzung des „Walhalla“ in diesem Sinne aussehen?
  2. Die Klimakrise ist das Thema des Jahrhunderts. Ohne der Diskussion des Kulturbegriffs für die Wiesbadener Stadtgesellschaft vorgreifen zu wollen und zu können, sieht der AK Stadtkultur in diesem entscheidenden Thema einen zukunftsfähigen Ansatz. Auch für das „Walhalla“: Ein Haus, in dem die aktuellen Debatten von Architekt:innen, Stadtplaner:innen, Designer:innen Landwirt:innen, Förster:innen, Handwerker:innen, Künstler:innen und anderen Disziplinen geführt werden.

Ein Ort, an dem Kunst und Kulturprojekte aller Sparten zu Themen der Nachhaltigkeit im Umgang mit der Natur und mit unserer Art, das Leben miteinander nah und fern zu organisieren, neu gedacht, debattiert und gezeigt werden.

  1. Wer könnte ein solches kulturelles Nachhaltigkeitszentrum in Wiesbaden in Fahrt bringen, bei dem nicht das Bauwerk und sein Zustand, sondern ein tatsächlicher gesellschaftlich-kultureller Bedarf der Motor des „Kreativprozesses“ ist? Nur eine dynamische Kraft, die sich in einem:r Betreiber:in mit Vision manifestiert, kann das schaffen!

Für die im AK Stadtkultur zusammengeschlossenen Kulturträger repräsentiert derzeit kaum eine andere Organisation als die „fridays for future“-Bewegung mit ihren zahlreichen Gruppierungen (students for future, teachers for future, architects for future etc) besser den gesellschaftlichen Bedarf wie auch die notwendige zukunftsorientierte Energie. (Das wurde auch im 1. Workshop des Kulturbeirats bereits formuliert.“

Mit den engagierten Ideengeber:innen des  „Fonds Ästhetik und Nachhaltigkeit“ (FÄN) könnte deren Anliegen auch für unseren „außergewöhnlichen und exzellenten Kulturort“  (Walhalla.Zusammen.Bauen) adäquat ausgelotet werden.

WAS HALTET IHR VON DEN FRAGEN, ÜBERLEGUNGEN UND IDEEN DES AK STADTKULTUR?