Wahlkampfzeit ist Ideenzeit. Die antretenden Parteien überbieten sich, auch im Vorfeld dieser Kommunalwahl (14. März), mit Vorschlägen – und sogar mit Visionen. Eine Vision für eine völlig neue Gestaltung des Areals in der Langgasse, wo Karstadt sports aus dem Betonklotz ausgezogen ist, hat nun die FDP hervorgezaubert. Sie träumt von einem „Schützenhofplatz“, der Langgasse und Altstadt offen verbindet.
Die Freien Demokraten werben für einen Abriss des leerstehenden Gebäudes Langgasse 5-9 (ehemals und derzeit leerstehend „Karstadt sports“) und die Realisierung eines neuen Innenstadtplatzes auf dem Gelände. Einen entsprechenden Antrag haben die Freien Demokraten für die kommende Sitzung des Ausschusses für Planung, Bau und Verkehr (Dienstag, 2. März, 17.30 Uhr im Stadtverordnetensitzungssaal des Rathauses) eingereicht. Der Magistrat solle mit dem Eigentümer des Grundstücks hierüber in Verhandlungen eintreten.
Teilabriss sowieso vorgesehen
FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Diers erklärt hierzu: „Der innerstädtische Handel verändert sich grundlegend und rapide. Die Corona-Pandemie hat diesen Prozess nur beschleunigt. Ein (Teil-)abriss des Gebäudes ist nach den Aussagen des Magistrats aus dem Sommer sowieso vorgesehen. Mit unserem Vorschlag zeichnen wir eine Vision, wie an dieser Stelle das Nötige und das Nützliche verbunden werden könnte.“ Der kürzlich verstorbene Dezernent Hans-Martin Kessler hatte im August 2020 per Pressemitteilung über die Gespräche mit den derzeitigen Eigentümern sowie deren Offenheit für neue Planungen – und auch für eine, zum Beispiel kulturelle, Zwischennutzung – berichtet.
Die Aufenthaltsqualität in der Stadt würde, so Diers, mit der jetzt von seiner Partei vorlegten Idee verbessert und die 1b-Lagen der Altstadt und des Schiffchens durch die direkte Verbindung von Wagemannstraße und Langgasse direkt an die Haupteinkaufsstraße angebunden werden. „Die florierende Innenstadt der Zukunft verbindet Aufenthaltsqualität, Shopping, Kultur und Gastronomie miteinander“, ist Diers überzeugt.
Viel Grün und Außengastronomie
Nach Vorstellung der Freien Demokraten soll der – inzwischen graffitibeschmierte – bestehende Betonblock abgerissen werden, um auf dem Großteil der Fläche einen Platz zu realisieren, der mit viel Grün zum Verweilen einlädt und über weitläufige Außengastronomieflächen verfügt. Die Nähe zur Schützenhofquelle soll genutzt werden, um einen weiteren Brunnen zu realisieren. Zusätzliche Grün- und Wasserflächen sähen nicht nur gut aus: „Sie kühlen den Platz in Zeiten des Erderwärmung auch spürbar ab“. Der neue Schützenhofbrunnen rücke die Quellen als Wiesbadener Wahrzeichen in den Mittelpunkt. Auf dem anderen Teil des Grundstücks könnte eine hochwertige Bebauung entstehen, die zur Teil-Gegenfinanzierung genutzt werden könnte, so die Vorstellung der FDP.
„Stillstand bei Walhalla und City-Passage zeigt: Die Stadt kann es nicht“
Auch in der Innenstadt gelte für die Freien Demokraten: „Die Stadt ist nicht der bessere Unternehmer. Vorschläge, Immobilien in der Innenstadt wahllos durch die Stadt ankaufen zu lassen, halten wir ordnungspolitisch für falsch. Der jahrelange Stillstand bei Walhalla und City-Passage zeigt, dass die Stadt nicht in der Lage ist, derartige Immobilienprojekte zu managen. Immobilienankäufe können daher nur das letzte Mittel sein. Wir bevorzugen an dieser Stelle eine gemeinsame Realisierung durch die Stadt und den derzeitigen Grundstückseigentümer.“
Fußgängerzone und Einzelhandel „zukunftsfähig“ machen
Eine erfolgreiche Umsetzung des Platzes könnte für Diers Vorbild für weitere Projekte zur nachhaltigen Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Fußgängerzone werden: „Für uns liegt die Aufgabe der Stadt darin, den Händlern in der Innenstadt gerade nach Corona hervorragende Rahmenbedingungen für ihren wirtschaftlichen Erfolg zu bieten. Dazu gehört eine einfache Erreichbarkeit der Innenstadt, aber auch ein ansprechendes Umfeld und attraktive Gewerbe- und Wohnflächen. Mit diesem Vorschlag wollen die Freien Demokraten einen Beitrag dazu leisten, die Innenstadt zukunftsfit zu machen.“
Übrigens: Die Idee, den Karstadt sports-Betonklotz abzureißen und hier eine Öffnung zur Altstadt herzustellen, wurde erstmals öffentlich vom Wiesbadener Immobilienprofi Andreas Steinbauer ins Spiel gebracht – beim „Visionären Rueschoppen“, den sensor und Walhalla im EXIL im Rahmen des Wilhelmstraßenfestes als Extra-Ausgabe der Reihe „Der visionäre Frühschoppen“ veranstalteten. Das war im Juni 2018 . Wer Visionen hat, muss nicht wie einst von Helmut Schmidt empfohlen, zum Arzt gehen, sollte aber mitunter Geduld haben.
WAS IST EUER ERSTER EINDRUCK VON DIESEM ERSTEN AUFSCHLAG?
(dif/Visualisierung FDP Wiesbaden, Foto sensor)