Die Ankündigung klang fantastisch, der Jubel war schon groß, das Ergebnis ist … naja: „Verkehrsdezernent Andreas Kowol und die Wiesbaden Congress & Marketing GmbH führten ein erstes konstruktives Gespräch mit Contipark, den Betreibern des RMCC-Parkhauses an der Wilhelmstraße, über eine zeitweise kostenlosen Nutzung der dortigen Parkplätze während der Corona-Pandemie. Ziel des Gespräches war laut Stadtrat Kowol `die Schaffung temporärer kostenloser Parkplätze während der Corona-Pandemie, um die lokale Wirtschaft zu unterstützen´“, hieß es ursprünglich am 5. Juni. „Landeshauptstadt Wiesbaden und Parkhausbetreiber Contipark starten gemeinsame Aktion zur Wiederbelebung der Innenstadt: Parken im RheinMain CongressCenter wird ab heute erheblich günstiger“, heißt es nun, zehn Tage später.
Erheblich günstiger heißt konkret: „Unter anderem wird Contipark den regulären Tageshöchstsatz im RMCC von 10 Euro auf 4,50 Euro senken. Mit der P Card, der für Privatpersonen gebührenfreien Contipark -Kundenkarte, sinkt der Tageshöchstsatz sogar auf 3,00 Euro.“ Pro angefangene Stunde werden nun 1,50 Euro fällig statt bislang 2 Euro. Kernbestandteil des städtischen Vorschlags war, vor allem Innenstadtbesucherinnen und -besuchern von außerhalb Wiesbadens für eine beschränkte Zeit „eine voraussichtlich drei bis fünf Stunden umfassende kostenlose Nutzung der Tiefgarage zu ermöglichen“, wurde am 5. Juni verkündet. Kowol hatte betont, dass das Parkhaus für diese Maßnahme besonders geeignet sei, denn „die RMCC-Tiefgarage ist außerhalb von Veranstaltungen nie ausgelastet und aktuell steht sie fast immer nahezu leer“. Zudem sei die Erreichbarkeit der RMCC-Tiefgarage gerade für Besucherinnen und Besucher aus dem Süden ohne große zusätzliche Verkehrsbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner gegeben: „Ziel der Maßnahme ist es, den täglichen auswärtigen Besucherinnen und Besuchern der Wiesbadener Innenstadt im Sinne einer neuen Park-and-Walk-Strategie eine wenig bekannte Alternative zu den besonders stark frequentierten Parkhäusern im Kern der Innenstadt aufzuzeigen“.
Darüber, dass Contipark nun nur zu einer Tarifsenkung bereit ist und nicht zu einem Gratisangebot, das die Stadt auch hätte unterstützen können, äußerte sich Verkehrszdezernent Kowol dem Wiesbadener Kurier gegenüber „maximal enttäuscht“.
Nun darf man gespannt sein, ob die Senkung der Tarife die erhoffte Belegungs-Wirkung erzielen wird. Trotz der zwischenzeitlich immer weiter fortschreitenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen zeigt sich nach wie vor ein zurückhaltendes Konsumverhalten, Kunden kehren nur zögerlich in die Wiesbadener Innenstadt zurück. Um das wirtschaftliche Leben in Wiesbaden wieder in Schwung zu bringen, hat die Landeshauptstadt Wiesbaden einvernehmlich mit der Contipark -Unternehmensgruppe, Deutschlands größtem Parkraumanbieter, nun diesen – so nennen sie es – „wichtigen Konjunkturimpuls“ beschlossen.
Anreize schaffen, damit Menschen Innenstadt wieder frequentieren
„Die Contipark -Unternehmensgruppe freut sich sehr, die Stadt Wiesbaden bei ihren Bemühungen um die Wiederbelebung des wirtschaftlichen Lebens in der Innenstadt und die Menschen bei ihrem Bedürfnis zur individuellen Mobilität zu unterstützen“, sagt Michael Kesseler, Contipark-Geschäftsführer und Vorsitzender des Bundesverbandes Parken. Durch die gemeinsame Entscheidung, das Parken im RMCC kostengünstiger zu machen, wolle man „Anreize schaffen, damit die Menschen in Wiesbaden und den umliegenden Regionen die Innenstadt und deren Angebote wieder frequentieren.“ Kessler verweist auf die „ausgezeichnete Innenstadtlage, um von dort alle Bereiche des öffentlichen Lebens gut zu Fuß erreichen zu können“.
Bürgermeister Dr. Oliver Franz zitiert eine Einzelhandelsstudie. Derzufolge sind es gerade die Einpendler aus dem Umland, die mit dem Auto anfahren, die vergleichsweise viel Geld in der Innenstadt ausgeben: „Ohne diese Umsätze kann der Einzelhandel kaum überleben. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, ob es uns gefällt oder nicht.“ Zu teure Parkhäuser könnten „Besucher der City durchaus abschrecken“. Franz hofft: „Geringere Parkgebühren bringen mehr Publikumsverkehr in die Stadt und in die Fußgängerzone und das nicht nur in den Zeiten von Corona, sondern auch danach!“
Keine Rede ist nun mehr von diesen zuletzt geäußerten Überlegungen von Verkehrs- und Umweltdezernent Kowol: „Gegebenenfalls ließe sich dieses Angebot auch auf eine nächtliche Nutzung durch Anwohnerinnen und Anwohner erweitern“, hatte Stadtrat Kowol . Beispielsweise von Bewohnern in Straßen mit einem besonders stark limitierten Parkraumangebot im öffentlichen Raum wie der Bahnhofstraße, der Moritzstraße, der Rheinbahnstraße oder der Adelheidstraße. Auch hier wäre eine kostenfreie Nutzung der Tiefgarage zwischen 18 und 8 Uhr denkbar.“
Parkhaus-Ring um die Innenstadt angestrebt
Perspektivisch denkt Kowol an einen umfassenderen Parkhaus-Ring um die Innenstadt, um „Alternativen für wegfallende Parkplätze zu schaffen, den Parkdruck im Straßenbereich zu verringern und Parksuchverkehr zu vermeiden“. Es seien gerade die inneren Bereiche der Innenstadt, die momentan noch zu stark von vermeidbarem Parkplatzsuchverkehr betroffen seien: „So gibt es auch einige andere Parkhäuser rund um das historische Fünfeck, in denen noch reichlich Parkkapazitäten vorhanden sind, die aber aufgrund ihrer geringfügig größeren Distanz zur Innenstadt bei der Parkplatzsuche noch zu wenig Beachtung finden. Beispielsweise das Coulinparkhaus oder die Parkhäuser Luisenforum, Lili und City II.“
Hier gibt es einen Echtzeit-Überblick über die Belegung der Wiesbadener Parkhäuser.
(sun/dif, Foto Contipark)